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Quantifizierung des dynamischen Verhaltens von Durchflussmessgeräten

11.10.2013

Bei der Nutzung von Messgeräten steht im Allgemeinen deren statische Übertragungscharakteristik im Vordergrund, welche bestimmungsgemäß im Idealfall durch einen linearen Zusammenhang zwischen zu messender Größe und Messanzeige definiert ist. In der Realität beinhaltet dieser Zusammenhang jedoch praktisch immer auch Nichtlinearitäten und muss deshalb individuell durch Kalibrierung bestimmt werden. Zur Messung zeitlich veränderlicher Größen ‒ dazu gehört u.a. auch der Durchfluss strömender Medien, der stets zufälligen zeitlichen Schwankungen unterliegt ‒ ist deshalb die Kenntnis des dynamischen Verhaltens der entsprechenden Messgeräte notwendig, das entweder durch Verzögerungszeitkonstanten oder durch den Frequenzgang des jeweiligen Messgerätes quantitativ beschrieben wird.

Die Kenntnis möglicher Auswirkungen derartiger dynamischer Effekte ist insbesondere auch bei Vergleichsmessungen zwischen Durchflussnormalmessanlagen höchster Genauigkeit erforderlich, da hier die Messqualität der verwendeten Transfernormale von ausschlaggebender Bedeutung ist [1],[2]. Im Rahmen der Vorbereitung des internationalen BIPM-Schlüsselvergleichs CCM.FF-K1.2012 für den Durchfluss von Wasser, bei dem die PTB als Pilotlabor fungieren wird, wurde deshalb eine Reihe von Messgeräten bezüglich ihrer Eignung als Transfernormal eingehend untersucht. Dazu gehörten u.a. auch ein Coriolis-Durchflussmesser und eine Messturbine, die insbesondere hinsichtlich ihres Verhaltens unter dynamischen Bedingungen, d.h. zeitlich schwankenden Durchflüssen, betrachtet wurden. Hierfür wurden mittels einer speziellen elektronischen Steuereinheit entsprechende Testsignale (Sinus-Signal und Sprungfunktion) zur Modulation des Volumenstroms in der Kalibrieranlage auf das im funktionellen Eingriff befindliche Regelventil aufgeschaltet, sodass diese dem Volumenstrom aufgeprägten Signale den betreffenden Durchflussmessgeräten als Eingangsgrößen zugeführt wurden (Bild 1).

Bild 1: Testeinrichtung zur Modulation des Volumenstroms im Hydrodynamischen Prüffeld der PTB
          - MUT #1 : Messturbine
          - MUT #2: Coriolis-Durchflussmessgerät (DFM).

Bild 2 stellt den entsprechenden Zeitantwort-Signalverlauf einer Durchfluss-Messturbine bei einer sprungförmigen Änderung des Volumendurchflusses (primäre Ordinatenachse) dar. Bild 3 zeigt den zeitgleich aufgezeichneten Signalverlauf des Coriolis-Durchflussmessgerätes.

Bild 2: Sprungantwort der Messturbine bei Kleinsignal-Aussteuerung
          - Arbeitspunkt: Ventilöffnung 10 %, Änderungsamplitude ±2,5 %
          - MUT #1: Messturbine, Frequenzausgang
          - Signal-Zeit-Verlauf der Ventilstellung.

Das Ausgangssignal der Messturbine lässt hierbei sowohl die schnelle Zeitantwort (geringe Zeitverzögerung) als auch die gute Filterung der im Messsignal (Volumenstrom) durch Strömungsturbulenzen bedingten Störanteile erkennen. Letzteres lässt sich durch die Wirkung des Trägheitsmoments des als Sensorelement fungierenden Turbinenlaufrades physikalisch erklären. Das bedeutet unter anderem auch, dass das Messsignal identisch ist mit dem eigentlichen Sensorsignal.

Bei dem Coriolis-Durchflussmessgerät dagegen wird aus dem Sensorsignal, das funktionsbedingt durch das Coriolis-Messprinzip als Phasenverschiebung am Sensorausgang vorliegt, durch entsprechende Elektronikbaugruppen das Frequenzsignal „synthetisch“ erzeugt, welches dann auch im Rahmen der Untersuchungen als Messsignal ausgewertet wurde.

Bild 3: Sprungantwort des Coriolis-Durchflussmessers (DFM) bei Kleinsignal-Aussteuerung
          - Arbeitspunkt: Ventilöffnung 10 %, Änderungsamplitude ±2,5 %
          - MUT #2: Coriolis-DFM, Frequenzausgang
          - Signal-Zeit-Verlauf der Ventilstellung

Im Gegensatz zur hier praktizierten Messung der Momentanfrequenz, basierend auf der Messung der zeitlichen Impulsabstände, können bei der üblicherweise in der Durchflussmessung angewandten Signalerfassung und -auswertung von Frequenzsignalen mittels Impulszählung – aufgrund der bei Zählung auftretenden Mittelung bzw. zeitlichen Integration des Messsignals – die in der vorliegenden Anwendung gemessenen dynamischen Effekte nicht erkannt werden. Sie können somit in ihren Auswirkungen auf die Messunsicherheit in Durchfluss-Normalmesseinrichtungen keine Berücksichtigung finden.

Insgesamt ergibt sich aus den Untersuchungen zum dynamischen Verhalten von Durchflussmessgeräten die Schlussfolgerung, dass diese Kenngröße sowohl bei Messung zeitlich veränderlicher Durchflüsse in technischen Anwendungen als auch bei der Kalibrierung der statischen Übertragungscharakteristik („Fehlerkurve“) bei entsprechend hohen Anforderungen an die Messunsicherheit von Bedeutung ist.

Literatur:

[1] R. Engel, H.-J. Baade: Impacts upon the measurement uncertainty of liquid-flow facilities originating from random-like variations of the flow parameters, Proceedings of the 8th ISFFM, Colorado Springs, CO, USA 2012
[2] R. Engel, H.-J. Baade: Quantifying impacts on the measurement uncertainty in flow calibration arising from dynamic flow effects, Proceedings of the 16th International Flow Measurement Conference FLOMEKO 2013, Paris, 2013

Ansprechpartner:

Rainer Engel, FB 1.5, AG 1.53, E-Mail: rainer.engel@ptb.de