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Heft 2: 60 Jahre „Blitzer“ in Deutschland Der aktuelle Stand

PTB-Mitteilungen 2/2019

Inhaltsverzeichnis/Abstract

Vorwort

Wer kennt sie nicht, die „Starenkästen“, die „Radarfallen“, die „Selfie-Sticks für Autofahrer“, also die Messgeräte zur automatischen Überwachung der Geschwindigkeit von Fahrzeugen? Angefangen hat es in (West-)Deutschland am 2. Dezember 1958 mit der Zulassung des ersten Verkehrsradargerätes, des VRG 2 der Firma Telefunken, durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB). In den sechzig Jahren seither hat es viele, auch grundlegende, technische Entwicklungen gegeben, sowohl bei Radargeräten als auch durch die Nutzung anderer Messprinzipien und die Einführung neuer Funktionalitäten wie der Mehrzielfähigkeit. Neben den vielfältigen Gerätetypen für punktuelle Verkehrsüberwachung ist mit der Abschnittskontrolle nun auch in Deutschland eine streckenbezogene Überwachung gerätegestützt möglich..

Das Verkehrsradargerät VRG 2: So fing es an

Frank Märtens, Robert Wynands

Zunächst klingt alles ganz positiv und freiheitlichmodern: Im Dezember 1952 hebt der Deutsche Bundestag die Geschwindigkeitsbegrenzungen im Straßenverkehr auf, die im Dritten Reich eingeführt worden waren. Jedoch zeigte sich schnell die Kehrseite, nämlich ein Anstieg der Straßenverkehrstoten in Westdeutschland um 47 % innerhalb nur eines Jahres auf 11.500 Tote im Jahr 1953 [1]. Wie erschreckend hoch diese Anzahl ist, verdeutlicht der Vergleich mit der heutigen Situation. Zwar sind 3180 Verkehrstote im Jahr 2017 [1] immer noch zu hoch, aber bezogen auf die Anzahl angemeldeter Kraftfahrzeuge von etwa 50 Millionen (im Vergleich zu 5 Millionen im Jahr 1952) bedeuten sie eine Reduktion um den Faktor 40.

Diese dramatische Situation veranlasste die Politik 1956, die Wiedereinführung von Geschwindigkeitsbegrenzungen vorzuschlagen und zur Überwachung technische Hilfsmittel zu fordern [2]. Denn bereits damals war klar, dass ohne effiziente Überwachung die Befolgung der Geschwindigkeitsbeschränkungen und damit die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer nicht zu gewährleisten war. Schließlich wurde nach kontroversen Diskussionen, die angesichts heutiger Erkenntnisse der Unfallursachenforschung geradezu absurd wirken, zum 1.9.1957 das allgemeine Tempolimit von 50 km/h in geschlossenen Ortschaften eingeführt [3].

Noch im Jahr 1956 wurde auf der Internationalen Polizeiausstellung in Essen mit dem VRG 1 ein erstes Verkehrsradargerät für (West-)Deutschland vorgestellt, welches jedoch noch nicht die technischen Anforderungen vollständig erfüllen konnte [4]. Dies gelang erst dem verbesserten Nachfolger, dem VRG 2 [5].

Am 2. Dezember 1958 begann schließlich in Deutschland eine neue Ära in der Verkehrsüberwachung: Das Verkehrsradargerät VRG 2 [5] wurde als erstes Gerät zur automatischen Geschwindigkeitsmessung für den Betrieb in Deutschland zugelassen [6].

120 Jahre Verkehrsüberwachung und Geschwindigkeitslimits

Kurt Möser

Die Überwachung des Straßenverkehrs und der Erlass von Vorschriften zur Begrenzung der Geschwindigkeit sind viel älter als das Auto. Schon im „biogenen“ Verkehr, mit Menschen und Pferden auf der Straße, musste an manchen Orten das Geschwindigkeitspotenzial von Kutschen und Reitpferden eingeschränkt werden. Denn Pferde waren nicht nur gefährliche Verkehrsteilnehmer – das „Durchgehen“ dieses Fluchttiers kam häufig vor, wobei die Folgeschäden oft beträchtlich waren –, sondern sie waren auch schnell: Um 1900 lag der Weltrekord für Traber bei 50 km/h. Galoppierende Pferde waren noch schneller, Einspänner fuhren immerhin 25–30 km/h. Fast alle Städte in Europa schrieben zeitweise oder örtliche Verbote aus, etwa gegen das Galoppieren. Durch die drei Schrittarten des Pferdes war dies recht leicht zu überwachen. Das „Veloziped“ schließlich brachte ein beträchtliches systemstörendes Geschwindigkeitspotenzial in das System ein, als Fahrräder nach 1890 sich ausbreiteten. Zuerst Hochräder, dann auch die „Sicherheits“-Niederräder waren oft schneller als Pferde, gefährdeten den oft noch recht gemächlichen Verkehr und standen schon im Zentrum von Konflikten um Geschwindigkeit und Überwachung, die sich später, nach der Ausbreitung der Automobile, verschärften.

Die Erfahrungen im Umgang mit der früher eingeführten Mobilitätsmaschine und deren Disziplinierung wurden nun für das Automobil aktiviert. So durften die neuen Mobilitätsmaschinen, betrieben mit „elementarer Kraft“, wie es in den badischen Verkehrsvorschriften hieß, nicht die Geschwindigkeit eines „mäßig trabenden Pferdes“ überschreiten. Der erste Maßstab der Begrenzung war also kein abstraktes, zahlenbestimmtes Geschwindigkeitsmaß, sondern ein an den biologischen „Motoren“ orientiertes. Dies war eine gemeinsame, wenn auch unpräzise Kategorie von Nutzern und Überwachern.

Neue PTB-Anforderungen für Geschwindigkeitsmessgeräte

Sigrid Schlange

Mit den neuen PTB-Anforderungen an Geschwindigkeitsmessgeräte erhalten Hersteller für die verschiedenen Geschwindigkeitsmessgerätearten standardisierte Dokumente, die technische Anforderungen verständlicher und übersichtlicher darstellen. In den folgenden Abschnitten werden die neuen PTB-Anforderungen vorgestellt und Entwicklungen sowie Faktoren erläutert, die einen Anlass dafür gegeben haben, neue PTB-Anforderungen zu erarbeiten.

 

 

Die Rolle der Eichbehörden im Umfeld der Verkehrsmessgeräte

Sebastian Frenzel

Bei der amtlichen Überwachung des öffentlichen Straßenverkehrs dürfen grundsätzlich nur geeichte Verkehrsmessgeräte verwendet werden.1

Zuständig für die Eichung und die metrologische Überwachung dieser Messgeräte und ihrer Messwerte sind die Landeseichbehörden.

Das deutsche gesetzliche Mess- und Eichwesen wird seit dem 1.1.2015 durch das Mess- und Eichgesetz (MessEG) und die Mess- und Eichverordnung (MessEV) geregelt. Mit dieser Neufassung der Rechtsgrundlage wurden nationale Regelungen an europäische Verordnungen angepasst. Außerdem wurde neuen technologischen Entwicklungen und Veränderungen im Marktgeschehen Rechnung getragen. Die Ausführung des MessEG und der MessEV wird durch die Länder vollzogen. Per Zuständigkeitsverordnung beauftragten die Landesregierungen die Eichbehörden mit der Durchführung.

Entwicklung des Softwareprüfprozesses bei Verkehrsmessgeräten

Marko Esche, Reinhard Meyer

1. Einleitende Bemerkungen

Die Softwareprüfung ist seit Jahrzehnten integraler Bestandteil der innerstaatlichen Bauartzulassung bzw. der Baumusterprüfung von Verkehrsmessgeräten. Anlässlich des sechzigjährigen Jubiläums der Erteilung der ersten Zulassung für ein Verkehrsmessgerät durch die PTB soll im Rahmen dieses Artikels die inzwischen über dreißigjährige Geschichte der Softwareprüfung von Verkehrsmessgeräten nachvollzogen werden. Dabei wird insbesondere auf die Weiterentwicklung der gesetzlichen bzw. technischen Anforderungen Bezug genommen und der sich beständig wandelnde Umfang der Softwareprüfung erläutert. So wurden in den späten 1980er-Jahren noch recht einfache Programme für Mikrocontroller geprüft, während seit den frühen 2000er-Jahren Prüfungen von Universal-Betriebssystemen1 und Applikationssoftware auf Universalcomputern im Vordergrund stehen. Auch auf die zunehmende Bedeutsamkeit von Hardwarebausteinen zur sicheren Ausführung kryptografischer Operationen soll in diesem Zusammenhang eingegangen werden. Der restliche Artikel gliedert sich wie folgt: In Abschnitt 2 wird im Rahmen eines historischen Überblicks die Entwicklung der softwaretechnischen Anforderungen an Verkehrsmessgeräte nachvollzogen. Abschnitt 3 umreißt die aktuell zu bewältigenden Herausforderungen bei der Softwareprüfung und skizziert daran angepasste Prüfmethoden. Schließlich wird in Abschnitt 4 ein Resümee gezogen und ein kurzer Ausblick auf mögliche zukünftige Entwicklungen gemacht.

Betrachtung der Messgenauigkeit der PTB-Referenzanlagen und Ausblick auf geplante Erweiterungen

Johannes Kupper

Einleitung

Die stationären PTB-Referenzanlagen, welche für die Messung von Fahrzeuggeschwindigkeiten im öffentlichen Straßenverkehr bestimmt sind, gehören zur Prüfinfrastruktur der PTB. Diese Anlagen werden im Rahmen von Baumusterprüfungen verwendet, um die Messgenauigkeit von Geschwindigkeitsüberwachungsgeräten in der Praxis zu prüfen. Aufgrund des stetigen Fortschritts auf dem Gebiet der Überwachungstechnik müssen die PTB-Referenzanlagen immer weiterentwickelt werden. Im vorliegenden Artikel wird diese Weiterentwicklung anhand des Messunsicherheitsbudgets der PTB-Referenzanlagen und der bevorstehenden Erweiterungen der Prüfinfrastruktur der PTB vorgestellt.

Abschnittskontrolle „Section Control“ erstmalig in Betrieb

Thomas Buchheit

Niedersachsen hat als erstes Bundesland kurz vor dem Jahreswechsel 2018/19 eine Anlage zur „Verkehrsüberwachung durch Abschnittskontrolle“, der sogenannten „Section Control“, in Betrieb genommen. Dabei werden erstmalig in Deutschland an der Bundesstraße 6 in der Region Hannover die gefahrenen Geschwindigkeiten nicht wie bisher punktuell, sondern über einen längeren Streckenabschnitt geprüft. Dieses Pilotprojekt wird vom niedersächsischen Minister für Inneres und Sport Boris Pistorius politisch stark unterstützt (Bild 1).

Offizielle Inbetriebnahme der Pilotanlage zur Abschnittskontrolle. Zweiter von links: Minister Boris Pistorius.
Offizielle Inbetriebnahme der Pilotanlage zur Abschnittskontrolle.
Zweiter von links: Minister Boris Pistorius.

Übersicht über das Gerät TraffiSection S450 zur Abschnittskontrolle

Uwe Urban

1. Grundprinzip

Die Geschwindigkeitsüberwachungsanlage TraffiSection S450 ist ein stationäres System zur Abschnittsgeschwindigkeitskontrolle. Sie ermittelt Fahrzeuge, deren anrechenbare Durchschnittsgeschwindigkeit innerhalb eines bestimmten Streckenabschnittes höher ist als die zulässige Höchstgeschwindigkeit, und dient der amtlichen Verkehrsüberwachung auf einem festen, maximal zwei Fahrstreifen in gleicher Fahrtrichtung umfassenden Streckenabschnitt SEICH. Hierzu werden Fahrzeuge mit einer über einem eingestellten Auslösegrenzwert liegenden Geschwindigkeit erfasst und dokumentiert.

TraffiSection S450 – PTB-Baumusterprüfungen im Rahmen des Konformitätsbewertungsverfahrens

Steffen Schulze

Section Control (Abschnittskontrolle) ist bereits seit Jahrzehnten ein weltweites Erfolgsmodell zur Rettung von Menschenleben. Da das Grundprinzip dieses Messverfahrens erfordert, dass bereits vor der Einfahrt in den überwachten Streckenabschnitt zunächst jedes Fahrzeug detektiert und in einem Foto festgehalten wird und erst nach der Ausfahrt aus dem überwachten Streckenabschnitt ermittelt wird, ob es sich tatsächlich um eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit handelt, war ein Einsatz dieses Messsystems, wie es beispielsweise in anderen europäischen Ländern, wie der Schweiz und den Niederlanden, verwendet wird, aufgrund der hohen datenschutzrechtlichen Bestimmungen in Deutschland nicht möglich.

Die Einführung in Deutschland erforderte demnach für den Hersteller zunächst eine grundlegende Überarbeitung der bereits in anderen Ländern vielfach bewährten Messtechnik. Unter anderem werden die Fahrzeuge hierzulande bei Ein- und Ausfahrt nur von hinten und mit geringer Auflösung abgebildet. Hinzu kommt, dass Deutschland eines der wenigen Länder ist, in denen bei Geschwindigkeitsverstößen die alleinige Fahrerhaftung gilt. Dies wiederum macht eine Frontfotoaufnahme als Beweismittel unabdingbar, sodass zusätzlich zu den Heckfotos auch eine hochauflösende Frontkamera verbaut sein muss, welche ein Fahrerfoto erstellt.

Bevor die neue Technik in Deutschland eingesetzt werden darf, muss die PTB ein Konformitätsbewertungsverfahren durchführen und dem Hersteller hierüber eine Baumusterprüfbescheinigung ausstellen.

Untersuchung des Einflusses der Abschnittskontrolle auf die Verkehrssicherheit der B6 bei Hannover

Johannes Kupper

1. Einführung

Für die erstmals in Deutschland eingesetzte Anlage zur Abschnittskontrolle wird im vorliegenden Artikel der Einfluss auf die Verkehrssicherheit dargestellt. Dabei wird insbesondere das Fahrverhalten der einzelnen Autofahrer in der unmittelbaren Umgebung zum Einfahrts- und zum Ausfahrtsportal der Abschnittskontrolle betrachtet, weil dies bisher kaum im Vordergrund von wissenschaftlichen Untersuchungen stand. Die gewonnenen Erkenntnisse zum Fahrverhalten fließen anschließend in die Bewertung der Verkehrssicherheit mit ein. Die Ergebnisse zeigen, dass die Abschnittskontrolle die mittleren Geschwindigkeiten im Verkehrsfluss lokal um –2 km/h bis –5 km/h senkt und somit den Befolgungsgrad um +10 bis +30 Prozentpunkte steigert. Die sich im Testbetrieb befindliche Abschnittskontrolle wirkt daher verkehrssichernd.

Die zulässigen Höchstgeschwindigkeiten auf deutschen Straßen wurden zu Beginn des 20. Jahrhunderts mithilfe von Schätzverfahren durch die Polizei überwacht [1]. Später kamen dann Weg-Zeit-Messverfahren und Nachfahrmethoden hinzu. Am 2. Dezember 1958 wurde schließlich das erste Geschwindigkeitsüberwachungsgerät in Deutschland zugelassen. Es handelte sich um ein Verkehrsradargerät vom Typ VRG 2 der Firma Telefunken (siehe den gesonderten Beitrag in diesem Heft). Dieses bestimmte die Fahrzeuggeschwindigkeiten mithilfe des Dopplereffektes bei Radarwellen.

Grundsatzuntersuchungen zur Praxistauglichkeit satellitenbasierter Nachfahrsysteme

Martin Rehm, Hans-Joachim Dietz, Knut Tamme

Im Ensemble des operativen Maßnahmenkatalogs zur polizeilichen Verkehrsüberwachung besitzen Videonachfahreinrichtungen eine herausragende Bedeutung, da sie die Betroffenen unmittelbar anhand einer Videoaufzeichnung mit der beanstandeten Geschwindigkeitsübertretung konfrontieren und somit ihre einzigartige verkehrserzieherische Wirkung entfalten können. Videonachfahrsysteme sind dem Mess- und Eichgesetz unterworfene mobile Geschwindigkeitsmesssysteme, die fest in Einsatzfahrzeuge der Polizei montiert werden. Ein typisches Messszenario zur Geschwindigkeitsermittlung, welches grundsätzlich auf einer Weg- und Zeitmessung beruht, besteht darin, dass sich das Einsatzfahrzeug wie das zu überwachende Fahrzeug im fließenden Verkehr bewegt. Nachdem das Polizeifahrzeug seine Geschwindigkeit an die des vorausfahrenden Fahrzeugs angepasst hat, startet der Messbeamte eine simultane Wegstrecken- und Zeitmessung. Die am Ende der Messung ermittelte Durchschnittsgeschwindigkeit des Einsatzfahrzeugs kann dem Betroffenen als Mindestgeschwindigkeit vorgehalten werden. Hierzu ist es erforderlich, dass sich der Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug am Ende des Messvorgangs nicht verringert hat. Die von der PTB geprüfte und für den Verwender als verbindlich festgelegte Gebrauchsanweisung des Videonachfahrsystems ist auf diesen Umstand abgestimmt, ebenso wie die Einsatzrichtlinien der Polizei der jeweiligen Bundesländer. Neben der Verkehrssituation werden in das laufende Videobild auch Messwerte (Wegstrecke, Zeit und Geschwindigkeit), Hilfsgrößen und ergänzende Daten (z. B. Datum und Uhrzeit) eingeblendet und mit aufgezeichnet.

Dynamische Fahrversuche unter Verwendung eines GNSS-Inertialsystems

Timo Beckmann, Frank Märtens

Die Nutzung globaler Satellitensysteme (GNSS – Global Navigation Satellite System) hat mittlerweile Einzug in eine Vielzahl unterschiedlicher Bereiche des täglichen Lebens gefunden. Hierbei hat insbesondere das Wissen um die genaue Position eines Verkehrsmittels oder eines Gutes in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen. Wurden diese Informationen in der Vergangenheit insbesondere für navigatorische und logistische Zwecke eingesetzt, so haben sich die Anwendungen mittlerweile immer stärker in Bereiche mit Sicherheitsrelevanz entwickelt. So wird im Automobilbereich der Sprung vom „Fahrzeug-Navi“ zum selbstfahrenden Auto nur mit Unterstützung durch ausgefeilte GNSS-Messtechnik möglich sein, da nur mit genauer und zuverlässiger Kenntnis von Ortsinformationen autonome Fahrmanöver möglich sind [1]. Aber auch im Schienenverkehr [2], der Seefahrt [3] bis hin zur Luftfahrt [4] werden GNSS-Technologien in sicherheitskritischen Anwendungen umfassend genutzt, und dies z. T. bereits seit vielen Jahren. So wird seit dem 9. Februar 2012 die weltweit erste GBAS-CAT-I-Anlage für den uneingeschränkten Flugbetrieb in Bremen genutzt.

Ist das PoliScan Speed für Stufenprofil-Fehlmessungen empfindlich?

Sebastian Smykowski, Klaus Bengler

Ergonomie und Geschwindigkeitsmessung

In der Bundesrepublik Deutschland werden nun seit 60 Jahren Geschwindigkeitskontrollen von Fahrzeugen im fließenden Verkehr durchgeführt. Wahrscheinlich wird genauso lange vor den deutschen Gerichten darüber gestritten, ob diese korrekt sind. Dies ist wahrscheinlich auch der Grund, weshalb sich nahezu alle Veröffentlichungen auf dem Gebiet der Geschwindigkeitsmessung von Fahrzeugen mit technischen Fragestellungen und möglichen Problematiken befassen. Die Interaktion zwischen Mensch und Maschine wird hier in der Regel außer Acht gelassen.

Deshalb beschäftigt sich der Autor Smykowski im Rahmen einer wissenschaftlichen Untersuchung damit, wie sich die Variation im Nutzerverhalten auf das Ergebnis einer amtlichen Geschwindigkeitsmessung im Rahmen der Verkehrsüberwachung mit mobilen Geschwindigkeitsüberwachungsgeräten auswirken könnte. Hier soll im Sinn der menschlichen Zuverlässigkeit die Mensch-Maschine-Interaktion betrachtet, mögliche Abweichungen vom „Soll“ und Auswirkungen auf das Ergebnis einer Messung untersucht werden. Die Dissertation hierzu wird durch den Autor Bengler am Lehrstuhl für Ergonomie, Fakultät für Maschinenwesen, der Technischen Universität München betreut.

Vom Nutzen der Schätzung, oder was bringt uns eine nachträgliche Plausibilisierung?

Robert Wynands

Kommt ein Mann in die Apotheke und legt sein Rezept vor. Sagt der Apotheker: „Oh, das muss ich Ihnen aus den Wirkstoffen zusammenmischen. Kommen Sie ruhig mit, um zuzusehen.“ Sie gehen in den Laborbereich der Apotheke, wo der Apotheker mit seiner Analysenwaage die Zutaten aufs Milligramm genau abwiegt. Dann sagt er: „So, bevor ich die Wirkstoffe vermische, plausibilisiere ich lieber noch die Messungen, damit Sie ganz beruhigt sein können, dass die Wirkstoffmenge stimmt.“ Dann holt er eine Spielzeug-Balkenwaage hervor und korrigiert die Wirkstoffmenge anhand der Messergebnisse dieser Plastikwaage. Schließlich mischt er die Zutaten zusammen und übergibt das Produkt dem Kunden. Die Reaktion des Kunden ist nicht überliefert.

Was hat diese Geschichte mit der Überschrift des Beitrags zu tun? Nun, sie verdeutlicht die Problematik, wenn ein geeichter Messwert anhand eines anderen Zahlenwertes überprüft werden soll, dessen Unsicherheit größer ist. Diese Situation liegt vor, wenn eine nachträgliche Schätzung (meist „Plausibilisierung“ genannt) eines geeichten Geschwindigkeitsmesswertes anhand von Hilfsdaten vorgenommen wird. Es ist offensichtlich, dass man einen verlässlichen Messwert mit einem gröberen und ungenaueren nicht messtechnisch sinnvoll überprüfen oder gar korrigieren kann. Dies wird hier erst am Beispiel einer großen Klasse von Geschwindigkeitsüberwachungsgeräten illustriert und dann auf einen allgemeinen mathematischen Zusammenhang zurückgeführt. Schließlich werden allgemeine Betrachtungen zum tatsächlichen Erkenntniswert nachträglicher Schätzungen vorgestellt. Sie zeigen, dass man für eine Überprüfung der Einzelmessung entweder neben jedes geeichte Geschwindigkeitsmessgerät ein gleich gutes zweites stellen muss, das auf einem anderen Messprinzip beruht, oder aber den vom Mess- und Eichrecht dafür vorgesehen Weg wählen muss, nämlich die Befundprüfung.

Plausibilisierung – Eine Betrachtung aus juristischer Sicht

Dirk Teßmer

Im Zusammenhang mit amtlichen Verkehrsmessungen wird immer wieder die fehlende Überprüfbarkeit von Verkehrsmessgeräten gerügt und mit unterschiedlichen Begründungen „das Recht auf Plausibilisierung“ des Messwertes eingefordert.

Dieser Satz enthält gleich zwei unwahre Tatsachen, die mit einer überraschenden Selbstverständlichkeit als allgemeine Wahrheit verkauft werden.

Amtliche Verkehrsmessgeräte sind selbstverständlich überprüfbar. Das Mess- und Eichgesetz hat dazu zahlreiche Regelungen, die von der amtlichen Zulassung (Konformitätsbewertung) durch die PTB über die Eichung bis hin zur Befundprüfung durch die Eichämter die Messrichtigkeit innerhalb der gesetzlichen Fehlergrenzen garantieren und sicherstellen. Dass diese Überprüfung nicht jeder vornehmen kann, ist selbstverständlich und bedürfte an sich keiner näheren Erläuterung. Wie die rechtlichen Strukturen sind, wer was und auf welche Weise zu überprüfen hat, hat die obergerichtliche Rechtsprechung in unzähligen Entscheidungen dargelegt [1].

Das Polizeitechnische Institut an der Deutschen Hochschule der Polizei

Kerstin Lüdke, Johann-Markus Hans

Das Polizeitechnische Institut (PTI) ist die zentrale Informationsstelle für Polizeitechnik der Polizeien aus Bund und Ländern (Informationsbörse). Angesiedelt ist es, seit deren Gründung im Jahr 2006, an der Deutschen Hochschule der Polizei (DHPol), einer universitären Spezialhochschule, die von den Innenministerien und Innensenatoren des Bundes und der Länder getragen wird.

Das PTI bearbeitet schwerpunktmäßig Fragen der Verkehrsüberwachungs- und Unfallaufnahmetechnologie, des polizeilichen Waffen- und Schutzausstattungswesens, polizeirelevanter Fahrzeugtechnik einschließlich sondergeschützter Fahrzeuge sowie den Themenbereich Sicherungstechnik. Das PTI ist darüber hinaus zuständig für die Erstellung und Fortschreibung technischer Richtlinien.

Das PTI wurde vor ziemlich genau 45 Jahren, im April 1974, vom Arbeitskreis II „Innere Sicherheit“ der Innenministerkonferenz (AK II) als Forschungs- und Entwicklungsstelle Polizeitechnik (FEStPT) an der damaligen Polizei-Führungsakademie gegründet. 1997 wurde dann der Name der Forschungs- und Entwicklungsstelle Polizeitechnik in Polizeitechnisches Institut geändert. Das PTI blieb nach Gründung der DHPol, der Nachfolgeeinrichtung der Polizei-Führungsakademie, im Jahr 2006 bestehen.

Der Bundesverband Verkehrssicherheitstechnik stellt sich vor

Benno Schrief

Am 18. Februar 2019 fand in den Räumlichkeiten der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft in Berlin unter Schirmherrschaft von Staatssekretär a. D. Friedhelm Ost der Gründungsempfang des Bundesverbandes Verkehrssicherheitstechnik (BVST) statt. Dieser Ort wurde nicht zuletzt deswegen gewählt, um deutlich zu machen, dass der neu gegründete Bundesverband einen Anspruch auf bundesweite Bedeutung erhebt und zudem hinsichtlich der technischen Unterstützung der Verkehrssicherheit auch bei Parlamentariern Gehör finden möchte. Der BVST-Vorstandsvorsitzende Benno Schrief beschrieb im Rahmen dieser Veranstaltung die Ziele des Bundesverbandes wie folgt: „Es sollen die Repräsentanten und Entscheider aus Gesellschaft, Politik, Kommunen, Polizei sowie Prüf- und Zertifizierungstellen mit den Herstellern von Verkehrssicherheitstechnik zusammengeführt werden, um u. a. in Fachgesprächen und durch Fachausschüsse Anwendungsfelder der Verkehrssicherheitstechnik weiterzuentwickeln; dazu gehört auch die themenbezogene Kommunikation mit den Medien.“

Das Deutsche Polizeimuseum in Salzkotten

Felix Hoffmann

Im Jahre 1997 wurde das Deutsche Polizeimuseum im ehemaligen, denkmalgeschützten Bahnhof von Salzkotten eröffnet. Träger und Eigentümer ist der gleichnamige gemeinnützige, eingetragene Verein, der sich ohne staatliche Unterstützung selbst finanziert u. a. durch Mitgliedsbeiträge, Eintrittsentgelte und Spenden. Die ausschließlich ehrenamtliche Mitarbeit macht so die Unterhaltung und Finanzierung des Museums, Archivs, der Bibliothek und des Fundus in zwei zusätzlich angemieteten Gebäuden möglich.

Motto des Vereins und Museums ist es, die Geschichte der deutschen Polizei der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Auf zwei Etagen (ca. 300 m²) werden dem Besucher eine Vielzahl an Exponaten aus vergangenen Epochen (19.–21. Jahrhundert) gezeigt. Dies sind Uniformen, Effekten, Kopfbedeckungen, Fotos, Urkunden, Literatur und eine Vielzahl an Technik aus zwei Jahrhunderten.