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Europäische Metrologie

PTB-Mitteilungen 4/2009

Europäische Metrologie – Einführung

Ernst O. Göbel

Die Metrologie – die wissenschaftliche und technologische Grundlage des Messwesens – befindet sich derzeit weltweit in einer sehr dynamischen Phase mit stetig steigenden Anforderungen. In der „klassischen“ (physikalisch dominierten) Metrologie sind die Erweiterung der Messbereiche und die Verringerung der Messunsicherheit stetige Forderungen. Beispielhaft sei hier die Nanometrologie genannt, die nicht nur höchste Anforderungen an die dimensionelle und topographische Messtechnik stellt, sondern gerade im Hinblick auf die funktionalen Eigenschaften auch neue interdisziplinäre Ansätze erfordert.

Des Weiteren finden metrologische Konzepte (Rückführbarkeit, Unsicherheitsbetrachtungen etc.) zunehmend Eingang in Gebiete, die der Metrologie bisher eher fremd waren, wie etwa die anorganische und organische Chemie, die Biotechnologie und Bereiche der sogenannten Lebenswissenschaften einschließlich der Medizin.

Und schließlich steht die Metrologie auch in der Pflicht, zur Lösung der großen Herausforderungen unserer Zeit (Gesundheit, Energie, Umwelt, Sicherheit und Mobilität) einen expliziten Beitrag zu leisten.

EURAMET – "European Association of National Metrology Institutes"

Michael Kühne und Wolfgang Schmid

Mit dem Ziel, Foren für eine Koordinierung der Arbeiten der nationalen Metrologieinstitute (NMI) zu schaffen, begann vor etwa zwei bis drei Jahrzehnten die Gründung von regionalen Metrologie-Organisationen (RMO). Auch wenn die Zusammenarbeit innerhalb dieser RMOs keine rechtlich verbindlichen Verpflichtungen an die Mitglieder stellte, erwies sie sich doch als ausgesprochen erfolgreich: Die Fachkollegen aus verschiedenen NMIs der Region wurden zusammengebracht, um sich wissenschaftlich auszutauschen, um sich bei der Rückführung ihrer nationalen Normale auf das SI gegenseitig zu unterstützen, um Vergleichsmessungen durchzuführen und um in Forschungsprojekten zusammenzuarbeiten.

Das europäische Metrologieforschungsprogramm EMRP

Jörn Stenger

Das Europäische Metrologieforschungsprogramm EMRP ist die bisher größte und aufwendigste gemeinsame Maßnahme der europäischen nationalen Metrologieinstitute (NMI). Sie besteht aus dem:

  • EMRP nach iMERA-plus; einem dreijährig angelegten, zu einem Drittel von der EU kofinanzierten Programm mit Projektstart 2008 und einem Gesamtbudget von 63 Mio. €, und dem
  • EMRP nach Artikel 169 des EG-Vertrages; einem siebenjährig angelegten, zur Hälfte von der EU kofinanzierten Programm mit Projektstart 2010 und einem Gesamtbudget von 400 Mio. €.

Das Programm schließt ca. 25 % der Metrologieforschung der europäischen NMIs direkt in koordinierte Projekte mehrerer Partner aus mehreren Ländern ein. Während iMERA-plus bereits mitten in der Projektdurchführung ist, bereiten Vertreter aus folgenden 22 Ländern aktuell die ersten Projekte für das ERMP nach Artikel 169 vor: Belgien, Dänemark, Deutschland, Estland, Großbritannien, Finnland, Frankreich, Italien, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Schweiz, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, Türkei, Ungarn.

Das Targetprogramm "Elektrizität und Magnetismus" in iMERA-plus

Uwe Siegner

Die metrologisch abgesicherte Messung elektrischer und magnetischer Größen bildet die Grundlage für die Wertschöpfung in der Mikround Nanoelektronik, die Sicherung der elektrischen Energieversorgung und für den Schutz der Bevölkerung vor gesundheitsschädlichen elektromagnetischen Strahlenbelastungen. Im Targetprogramm Elektrizität und Magnetismus wird in fünf „Joint Research Projects“ (JRPs) elektrische Messtechnik entwickelt, um den genannten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen in Europa zu begegnen. An dem dreijährigen Programm mit einem Umfang von ca. 13 Mio. € beteiligen sich nationale Metrologieinstitute aus 16 europäischen Ländern. Die PTB ist an allen fünf JRPs beteiligt, koordiniert zwei der Projekte und zeichnet für etwa 30 % der Arbeiten des Targetprogramms verantwortlich.

iMERA-plus und das Targetprogramm "Dimensionelle Metrologie"

Harald Bosse

Zu Beginn des Jahres 2006 wurden die Roadmaps für das TP Dimensionelle Metrologie innerhalb des EURAMET TC Length ausgearbeitet. Hieraus entstanden vier Roadmaps, in denen die künftigen Schwerpunkte der Arbeiten der europäischen Metrologieinstitute im Bereich der dimensionellen Metrologie beschrieben wurden: „Dimensional metrology for micro- and nanotechnologies“, „Dimensional metrology for advanced manufacturing technologies“, „Long range dimensional metrology“ und „Dimensional metrology as enabling technology for longterm fundamental research“. Diese Roadmaps bilden auch die Grundlage und Orientierung für den Teil des EMRP, der die dimensionelle Metrologie betrifft. Zu diesem TP wurde im Sommer 2007 zur Einreichung von Joint Research Projects (JRP) aufgerufen. Es wurden daraufhin JRP-Konsortien im TC Length gebildet, die schließlich acht konkurrierende Vorschläge für gemeinsame Forschungsprojekte ausgearbeitet und eingereicht haben. Durch die externen Gutachter wurden Ende Oktober 2007 vier JRP-Vorschläge für die Förderung im Rahmen des iMERA-plus-Programms vorgeschlagen. Diese vier geförderten JRP-Projekte, die seit Frühjahr 2008 erfolgreich bearbeitet werden, sollen hier kurz vorgestellt werden.

Das Targetprogramm "Metrologie für die Gesundheit" in iMERA-plus

Hans Koch

„Gesundheit“ führt die Liste der Schwerpunktthemen des 7. Rahmenprogramms der EU an und gilt entsprechend als eines der wichtigsten Zukunftsfelder europäischer Forschungs- und Entwicklungspolitik, sowohl in Hinblick auf die Gesellschaft als auch auf die europäische Industrie. Entsprechend war es ein konsequenter Schritt, die Metrologie für die Gesundheit als eine der großen Herausforderungen zukünftiger Schwerpunktsetzungen für die europäischen Metrologieinstitute (NMI) zu identifizieren. Dieses nicht etwa, weil das Thema gerade in Mode ist, sondern weil offensichtlich geworden ist, dass die Lebenswissenschaften, die Medizin und die Medizintechnikindustrie dringend eine metrologische Fundierung benötigen, die über traditionelle Konzepte hinausreicht.

Das Targetprogramm "SI und Naturkonstanten" im iMERA-plus-Rahmen

Wolfgang Buck

Als es vor etwas mehr als 200 Jahren im Geiste des Gleichheitsideals der Französischen Revolution um die Einführung gleicher Maße unter dem Motto „für alle Völker, für alle Zeiten“ ging, griff man auf „Maßstäbe“ zurück, die man damals für die stabilsten hielt: auf den Erdumfang bzw. einen Quadranten davon für die Länge und auf ein daraus abgeleitetes Volumen des am weitesten verbreiteten „Elements“, des Wassers, für die Masse. Um diese Maßstäbe dauerhaft zu machen, wurden sie in Platin gegossen. Man glaubte, durch diese die bisherige alltägliche Lebenswelt überschreitende Basis ein universelles und ewig geltendes Einheitensystem geschaffen zu haben.

Weiterentwicklung der nationalen und regionalen metrologischen Infrastruktur in Europa

Arnold Leitner, Wolfgang Schmid und Leslie Pendrill

Die Metrologie, die Wissenschaft vom Messen und ihre Anwendung, spielt eine Schlüsselrolle in der Industrie, im internationalen Handel und im täglichen Leben. Sie erstreckt sich über sehr weit gefächerte Anwendungsgebiete und umfasst Bereiche wie Forschung und Entwicklung, Industrie, Handel, Gesundheitswesen, Arbeitsund Umweltschutz, Sicherheits- und Verkehrswesen.

Mit Hilfe von Messungen werden Waren und Dienstleistungen zahlenmäßig beschrieben. Genaue und zuverlässige Messungen sind entscheidend für die Sicherung der Produktqualität und zur Unterstützung in Umwelt-, Gesundheits- und Sicherheitsfragen. Ein präzises Maßund Gewichtssystem ist eine wichtige Vorbedingung für weltweite Wirtschaftsbeziehungen und fairen Handel, zur Qualitätskontrolle, zur Sicherung der Lebensqualität sowie zum Schutz der Konsumenten.