Logo of the Physikalisch-Technische Bundesanstalt

1-MN-Kraft-Normalmesseinrichtung als Mehrkomponentenmesseinrichung für Kraft und Drehmoment

05.11.2015

Die Anzahl von Messsystemen steigt, welche mehr als eine Komponente der vektoriellen physikalischen Größen Kraft oder Drehmoment erfassen können. Es gibt daher einen hohen Bedarf für Rückführungen im Bereich der  Mehrkomponenten Kraft- und Drehmomentmesstechnik. Mit einer Zusatzeinrichtung für Drehmomenterzeugung ist es möglich, zusätzlich zur dargestellten Kraft im Messbereich von 20 kN bis 1 MN ein präzises Drehmoment im Bereich von 20 N·m bis 2 kN·m zu generieren. Die Messeinrichtung ist  Teil der 1-MN-Kraft-Normalmesseinrichtung
(1-MN-K-NME). Somit können Messsysteme untersucht und charakterisiert werden, welche kombinierte Belastungen von Axialkräften Fz und Drehmomenten Mz erfordern, z. B. Reibwertmessköpfe aus der Schraubenindustrie oder Radlastsensoren.

Für die Zusatzvorrichtung wurde ein spezifisches Messunsicherheitsbudget ausgearbeitet. Es umfasst ein Modell, welches physikalische und geometrische Einflussfaktoren berücksichtigt. Dieses beinhaltet unter anderem Umwelteinflüsse, Geometriemerkmale oder die Belastungsstapel. Es sind Untersuchungen zu den unterschiedlichen Einflussfaktoren auf die Signalstabilität durchgeführt wurden, wie z. B. Reibungseinflüsse durch die Luftlager oder den Pendelschwingungen des Massestapels der 1-MN-K-NME. Für den Anwendungsfall finden außerdem die Ausrichtung der Belastungsmassen, Ebenheitsfehler von Adaptionsteilen und Winkelabweichungen Berücksichtigung. Das Modell umfasst daher eine Betrachtung des Systems nach den vektoriellen Komponenten und somit auch eine Abschätzung der wirkenden Störgrößen. Als Störgrößen werden die Querkraft Fy, eine zusätzliche Axialkraft Fz und die Biegemomente Mx und My angesehen. Aus den zusätzlichen Vergleichsmessungen mit vier Drehmomenttransferaufnehmern mit der
20-kN·m-DmNME der AG 1.22 ergibt sich derzeit eine erweiterte Messunsicherheit (k = 2) im Bereich von 3·10-4 [1].

Für die Charakterisierung von industriellen Sensoren ist bereits eine Messunsicherheit < 1·10-3 ein enormer Fortschritt. Daher fand in der PTB Anfang des Jahres ein Workshop mit Mitgliedern des Deutschen Schraubenverbandes (DSV) statt, in dem die Weichen für eine Forschungskooperation gelegt wurden. Im Rahmen dieser Kooperationsarbeit werden Ende des Jahres Vergleichsmessungen an unterschiedlichen Reibwertmessköpfen durchgeführt. Das Ziel ist, das Übersprechverhalten zu charakterisieren und analytische Methoden für einen Auswertung zu erarbeiten. Die Notwendigkeit für solche Forschungsarbeit zeigt sich in der Abb. 1. Abgebildet ist die Signaländerung in Abhängigkeit von unterschiedlichen Belastungskombinationen für Fz und Mz. Zu erkennen ist, dass die Signaländerung direkt gekoppelt ist mit beiden Größen und hier zu einer max. Abweichung von 3,7 % führt. Bei einer Kalibrierung auf Einzelgrößen würde dieser Einfluss vollständig vernachlässigt werden. Die logische Konsequenz muss daher sein, ein Kalibrierverfahren für kombinierte Belastungen zu eruieren. Die neue Messeinrichtung liefert hierfür die messtechnischen Möglichkeiten zur Entwicklung und Validierung neuer Kalibrierverfahren.

Bild 1: Links: Mitglieder des Deutschen Schraubenverbandes bei der Besichtigung der Zusatzeinrichtung im Gauß-Bau. Rechts:  Charakterisierung des Übersprechverhaltens für einen 2-Komponenten-Sensor unter kombinierten Belastungssituationen

Literatur:

[1] S. Baumgarten, D. Röske, R. Kumme, “COMPLETION AND MEASUREMENT UNCERTAINTY BUDGET OF THE MULTI-COMPONENT MEASURING DEVISE FOR FORCE UP TO 1 MN AND TORQUE UP TO 2 KN·M”, Proc. Of the XXI IMEKO World Congress, August 30 – September 4, 2015, Prag, Tschechien

 

Ansprechpartner:

Sebastian Baumgarten, FB 1. 2, AG 1. 22, E-Mail: Opens window for sending emailsebastian.baumgarten(at)ptb.de