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maßstäbe Heft 3: Zum Licht

Impressum

Herausgeber: Physikalisch-Technische Bundesanstalt
Braunschweig und Berlin

Redaktion: Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, PTB
Postfach 3345, 38023 Braunschweig
Telefon: (05 31) 592-30 06
E-Mail: presse(at)ptb.de

Redakteure: Jens Simon (jes, verantwortlich), Erika Schow (es)

freie Autoren: Almut Bruschke-Reimer (abr), Birgit Ehlbeck, Julia Förster, Frank Frick, Nicole Geffert, Frank Grotelüschen, Ute Kehse (uk), Jan Oliver Löfken (jol), Dörte Saße (ds)

Layout: Jörn-Uwe Barz

Grafik: Björn Helge Wysfeld

Bilder ohne Quellenangabe: PTB

Druck
Fischer Druck, Peine

Alle Rechte vorbehalten.
Bei Nachdruck bitte Quellen- und Autorenangabe sowie Information an die Redaktion.
Braunschweig, Februar 2003

Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

oh, lassen Sie mal sehen - Sie haben da was im Auge: Teilchen, ganz viele Teilchen. Ihre Netzhaut wird soeben bombardiert - das ist gewiss, denn Sie verfolgen mit Ihren Augen ja die hier aufgeschriebene Buchstabenfolge und das könnten Sie nicht, wenn Ihre Netzhaut unbehelligt wäre. So aber durchdringen gerade aberwitzig viele Lichtteilchen, die vielleicht aus einer Glühlampe stammen und vom Papier reflektiert werden, ihren Augapfel und versetzen, am hintersten Ende der Netzhaut, Ihre Zäpfchen und Stäbchen in helle Erregung. Diese Erregung pflanzt sich bis in Ihr Gehirn fort, wandelt sich zu einem Sinneseindruck und wird schließlich zu einem Gedanken. Dieser Gedanke könnte sein: "Was soll mir das hier sagen?" oder "Verdammt dunkel hier!" oder "Vorwortschreiber, komm' zur Sache!".

In dieser maßstäbe-Ausgabe wollen wir das Phänomen Licht gewissermaßen durch unser journalistisches Prisma schicken und uns ein paar der ausfallenden Strahlen und der entstehenden Reflexe anschauen. Natürlich ist es unmöglich, alles über das Licht zu sagen, was sich sagen ließe, aber wir wollen doch versuchen, einen Bogen zu spannen, der die Größe des Phänomens zumindest andeutet.

Da es nie verkehrt sein kann, sich einem Gegenstand über die Frage zu nähern, wie denn die Welt ohne diesen Gegenstand aussähe, beginnen wir also beim Licht mit dessen Gegenteil: der Dunkelheit. Wir haben diejenige genommen, die sich bereits nach einigen hundert Metern unter der Meeresoberfläche findet. In der Tiefe ist dabei einiges los - etwa Fische, die sich selbst Licht machen (eine Fähigkeit, die wir zweibeinigen Säugetiere gelegentlich auch gern hätten). Auf dem Meeresboden finden wir dann aber zugleich "technisches Licht" - wenn auch in armdicke Kabel eingesperrtes. Indem wir auch diese Welt des Infraroten zu unserem Thema machen, ignorieren wir die akademische Maßregelung, nach der nur derjenige Teil des elektromagnetischen Spektrums Licht genannt werden dürfe, der für das menschliche Auge sichtbar ist (und etwa zwischen 380 und 770 Nanometern Wellenlänge liegt). Wir schauen uns auch ein wenig links und rechts des sichtbaren Spektrums um. Um eine andere Sicht zu bekommen, setzen wir unsere physikalische Brille an einigen Stellen sogar gänzlich ab: So fragen wir zum Wesen der Farben in der Welt der Kunst nach.

Aber neben all diesen kleinen Vorstößen auf "verbotenes Terrain" (auch die Physik kennt "verbotene Übergänge") geht es selbstverständlich auch in diesen maßstäben sehr physikalisch zu. Licht ist schließlich eines der größten Phänomene in der Ideengeschichte der Physik und eines der wichtigsten technischen Handwerkszeuge schlechthin. Ohne Licht sieht man nicht nur nichts. Ohne Licht würde in unserer Welt auch nichts funktionieren.

Im Namen der gesamten Redaktion wünsche ich Ihnen eine erhellende und unterhaltende Lektüre. Und denken Sie daran: Auch die Dunkelheit breitet sich mit Lichtgeschwindigkeit aus.

Ihr Jens Simon

Was ist Licht?

Autor: Jens Simon

Je größer ein Rätsel, umso zahlreicher die Lösungsvorschläge. So verstanden ist Licht ein wahrlich großes Rätsel. Wie viele prinzipiell mögliche Antworten die Frage "Was ist Licht?" auch zulässt - die Physik hat sie im Laufe ihrer Geschichte alle gegeben. Zunächst die Frage der Richtung: Das Licht könnte vom Objekt kommend in das Auge des Betrachters fallen. Oder es könnte, genau anders herum, vom Auge ausgesendet sein. Beides wurde gedacht. Dann die Frage, wie es den Weg zurücklegt: Es könnte wie ein Pfeil geradeaus fliegen oder sich als ein Schwarm kleinster Teilchen, als Lichtkügelchen, ausbreiten. Oder es könnte wie eine angeschlagene Saite sein - ein Schwingen des Mediums zwischen Auge und Objekt. Jedes dieser Modelle hatte seine Zeit.

Und ist das Rätsel Licht heute gelöst? Mitnichten! Die Physik deutet es heute in der Art eines Sowohl-als-auch und hat damit - ganz klassische Moderne - ein Paradoxon geschaffen. Paradoxa lassen sich zwar nicht zu Ende denken, aber mit großer Wahrscheinlichkeit kommt dieses Nicht-Denkbare der Wirklichkeit am nächsten. Da dies so ist, lohnt es, die Geschichte des Lichts kurz zu überschlagen, eine Geschichte der unterschiedlichsten Modellvorstellungen und Technologien...

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Leben in der Finsternis

Foto: OAR/National Undersea Research Program (NURP); NOAA
Foto: OAR/National Undersea Research Program (NURP); NOAA

Autorin: Nicole Geffert

11 000 Meter unter dem Meeresspiegel lauert der Abgrund. Kein Sonnenstrahl dringt bis in diese finsteren Tiefen vor, der Druck ist bis zu 1100 mal größer als an Land. An diesen Nahtstellen der Erdkruste spucken "Schwarze Raucher" (Black Smokers) ihren über 300 Grad Celsius heißen Sud aus. Er entsteht, wenn Meerwasser durch Erdspalten versickert und in die Nähe einer rund 1200 Grad Celsius heißen Magmablase gelangt. Dort erwärmt es sich und belädt sich mit Schwefelwasserstoff, der für die meisten Organismen giftig ist, außerdem mit Metallen und Wasserstoff. Die Brühe steigt auf...

 

 

 

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Pulsadern der Weltgesellschaft

Foto: Deutsche Telekom AG
Foto: Deutsche Telekom AG

Autor: Frank Frick

Über den Knotenpunkt in Norden haben die deutschen Internet-Surfer auch Anschluss an das weltweit längste Kabel "SEA-ME-WE-3". Es verbindet auf seinem insgesamt 38 000 Kilometer langen Weg 34 Staaten und verläuft durch das Mittelmeer, das Rote Meer und den Indischen Ozean. Vor Singapur gabelt es sich: Eine Route führt nach Australien, die andere nach Japan und Korea. Bis eine Information aus Deutschland in diesen asiatischen Staaten angekommen ist, vergeht weniger als eine achtel Sekunde. Ein Signal, das per Funk über Satellit zum Empfänger geschickt wird, ist mehr als siebenmal länger unterwegs. Diese Zeitverzögerung kann bei einem Telefongespräch sehr störend sein. Der noch größere Nachteil der Satelliten ist aber ihre niedrigere Übertragungskapazität. Daher können die künstlichen Himmelskörper das Kommunikationsbedürfnis zwischen den Ballungszentren der Industrienationen weit schlechter befriedigen als ihre irdische Konkurrenz. Das sieht auch Fachmann Lösch so. "Allerdings sind Glasfasernetze für abgelegene Regionen der Erde zu teuer - da wiederum hat die Satellitentechnik Vorteile", sagt er...

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Wärme sehen

Foto: InfraTec
Foto: InfraTec

Autoren: Ehlbeck/ Simon

Kann man Wärme eigentlich nur fühlen oder auch sehen? Sehen wäre praktisch, dann würde man sich an heißem Kaffee nicht den Mund verbrennen. Tatsache ist, der Kaffee ist nur noch nicht heiß genug, sonst könnte man selbstverständlich sehen, dass er heiß ist. So ab cirka 600 Grad Celsius. Solche Temperaturen verträgt der Kaffee zwar nicht, ganz klar, der wäre längst verdampft. Aber andere Dinge - man denke an die überhitzte Herdplatte - fangen dann an zu glühen und werden tatsächlich sichtbar heiß.

Schwarz und also unsichtbar ist eine Tasse heißen Kaffees in einem nachtdunklen Raum. Ein strahlendes Objekt dagegen ist sie für eine Wärmebild- oder Thermographiekamera. Denn die spezielle Optik und der Detektor dieser Kamera sind auch dort scharfsichtig, wo das menschliche Auge blind ist. Wir sehen zwar alles zwischen rot und blau und nennen das dann Licht. Aber jenseits des Roten, jenseits des Blauen? Da ist die "Lichtwelt" nicht zu Ende. Das Infrarote, die Domäne der Temperatur- oder Wärmestrahlung, schließt mit Wellenlängen größer als 800 Nanometer an das (für uns) sichtbare Spektrum an. Eine Wärmebildkamera liefert ein Bild, das nach Temperaturzonen aufgeteilt ist. Rehe im Wald sind wärmer als der Wald und werden in einer thermographischen Aufnahme in Rottönen wiedergegeben. Auch die einzelnen Bäume, Sträucher, Bäche, Laub auf dem Boden und ein Ameisenhügel sind unterschiedlich warm und lassen sich von ihrer Umgebung abgrenzen, wenn die Kamera sensibel genug eingestellt ist...

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Kennen Sie schon die Zeit?

Autorin: Julia Förster

 Zeit: Für uns Atome hier ein verdammt wichtiger Job. Sagen wir mal so: Unser Leben besteht aus einem trägen Grundzustand. Da ist nicht viel mit uns los. Um in einen angeregteren Zustand zu kommen, muss uns jemand einen ordentlichen Tritt geben. Und wir sind da sehr eigen. Der Tritt muss genau richtig sein, sonst passiert gar nichts. Einen solchen Tritt verpassen uns Photonen, das sind die Lichtteilchen, die hier als Mikrowellen auf uns geschossen werden. Nur wenn die Mikrowelle genau auf unsere Anregungsfrequenz eingestellt ist, können die Photonen ihre Energie an uns weitergeben. Dann sind wir Atome eine Weile aufgeregt, bis wir wieder zurückfallen in die Trägheit. Das Gerät, in dem wir eingesperrt sind, misst, wie viele von uns jeweils angeregt werden. Wenn es besonders viele erwischt hat, signalisiert es der Mikrowelle, dass sie ihre Photonen haargenau mit der richtigen Frequenz losschickt. Mit der Frequenz, bei der 9 192 631 770 Schwingungen eine Sekunde sind...

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Lineale aus Licht

Autorin: Ute Kehse

Wie ein Erdbeben könnte ein vorbeifahrender Lastwagen auf die Atome des glatt polierten, dunklen Granitblocks im Keller des Abbe-Baus der PTB wirken. Und die Körperwärme eines Menschen reicht aus, um den Fels und die aufliegenden Geräte um ein paar milliardstel Meter auszudehnen. Selbst der federleichte Aluminium-Schlitten, der luftgepolstert über den Granitblock gleitet, drückt den Fels um Bruchteile einer Haaresbreite nach unten. Ein Horror für Jens Flügge: Der PTB-Wissenschaftler will das genaueste Lineal der Welt bauen. Der "Nanometer-Komparator", an dem er zusammen mit Kollegen seit zwei Jahren arbeitet, soll demnächst den Abstand zwischen Strichen auf Längenmaßstäben bis auf fünf milliardstel Meter (5 Nanometer = 5 nm) genau messen, die Strukturen auf Masken für Computerchips sogar (in bestimmten Fällen) auf ein paar zehntel Nanometer. Damit das klappt, muss Ruhe herrschen in der Nanowelt...

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Verräterisches Leuchten

So wird der Tumor sichtbar: Im Licht eines aufgeweiteten Laserstrahls leuchtet der Fluoreszenzfarbstoff, der sich an die Krebszellen der Maus angelagert hat, auf (Skala: Fluoreszenzintensität als Zahl der über eine bestimmte Belichtungszeit registrierten Photoelektronen). 
(Nature Biotechn. 19, S. 327; 2001)
So wird der Tumor sichtbar: Im Licht eines aufgeweiteten Laserstrahls leuchtet der Fluoreszenzfarbstoff, der sich an die Krebszellen der Maus angelagert hat, auf (Skala: Fluoreszenzintensität als Zahl der über eine bestimmte Belichtungszeit registrierten Photoelektronen).
(Nature Biotechn. 19, S. 327; 2001)

Autorin: Erika Schow

Ein großes Talent, dieser Undercover-Agent: Unerkannt ist er quer durch das Land gereist und hat Kontakt mit den Mitgliedern der "Vereinigung des Bösen" aufgenommen. Und jetzt funkt er. In aller Seelenruhe. Verschlüsselt. Und was am anderen Ende der Welt die Entschlüsselungexperten in die Zentrale bringen, sind allerfeinste Tatsachen: zum Beispiel, wo das Hauptquartier liegt und wie groß es ist.

"Da liegt der Tumor", sagt Rainer Macdonald und zeigt auf ein Foto auf einem Poster. Eine Maus mit einem leuchtenden Fleck auf der rechten Körperseite. Was hier leuchtet, ist nicht der Tumor selbst, sondern der "Agent" - ein Kontrastmittel, das die Forscher der Maus gespritzt haben. Es hat die Krebszellen im Körper der Maus aufgespürt und sich an sie geheftet. Um Kontakt mit ihrem Agenten aufzunehmen, bestrahlen die Wissenschaftler die Maus mit Laserlicht einer ganz bestimmten Wellenlänge (in diesem Fall 740 nm), das mehrere Zentimeter tief in das Gewebe eindringt. Der Agent antwortet - will sagen: das Kontrastmittel leuchtet auf - und verrät den Sitz des Tumors. "Eine faszinierende Sache, nicht wahr?" sagt Macdonald. "Stellen Sie sich vor, ein Arzt muss nur einen solchen Stoff spritzen, und wir können dann mit Hilfe von Laserlicht und einer Spezialkamera Tumore im Körper aufspüren."..

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Es blaut so blau

Tscherenkow-Strahlung aus dem Reaktorbecken des Forschungszentrums Geesthacht.
Foto: GKSS, Geesthacht
Tscherenkow-Strahlung aus dem Reaktorbecken des Forschungszentrums Geesthacht.
Foto: GKSS, Geesthacht

Autor: Jens Simon

Wer bisher dachte, das blaue Licht sei lediglich im Grimmschen Märchen zu Hause und man müsste in einen tiefen Brunnen steigen, um es herauszuholen, der irrt. Ganz unmärchenhaft, aber nicht weniger magisch schön, leuchtet es aus den Wasserbecken der Kernreaktoren, wie hier im Forschungsreaktor Geesthacht. Ursache dieses blauen Leuchtens sind sehr schnelle Elektronen, die bei der Spaltung der Uran-Atome aus den Kernbrennstäben entweichen und in das umgebende Wasser eindringen. Diese Elektronen sind schneller, als es Licht in Wasser sein kann. Und analog zu einem Düsenjet, der beim Überschreiten der Schallgeschwindigkeit einen Knall provoziert, "knallt" es bei den Elektronen optisch, sobald sie die Lichtmauer durchbrechen. Dieser Tscherenkow-Effekt (erstmals 1934 beobachtet) tritt immer dann auf, wenn geladene Teilchen, also etwa Elektronen, mit Überlichtgeschwindigkeit durch ein (dielektrisches) Medium schießen, das sie polarisieren können. Mit "Lichtgeschwindigkeit" ist dabei die maximale Geschwindigkeit für Licht in diesem Medium gemeint. Und je höher die Brechzahl des Mediums, umso stärker wird das Licht gebremst. (Schneller als das Licht zu sein gelingt einem Teilchen daher wesentlich leichter in einem Medium hoher Brechzahl.) Im Reaktorbecken geben die "verboten schnellen" Elektronen nun etwas von ihrer Energie an die Wassermoleküle ab und diese wiederum - sobald der Raser vorbei ist - beginnen zu leuchten, vorzugsweise (da der Brechungsindex von Wasser gerade hier besonders hoch ist) mit UV-Strahlung und mit blauem Licht...

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"Mehr Rot als nur ein Tropfen"

Autoren: Erika Schow/Jens Simon

Erika Schow und Jens Simon sprachen mit Gijs van Tuyl, Kunsthistoriker und Direktor des Kunstmuseums Wolfsburg, einem international bedeutenden Museum für moderne Kunst.

Redaktion: Herr van Tuyl, welche Farbe hat Kunst für Sie? Und welche Farbe hat Physik?

van Tuyl: So generell - rein assoziativ? Vielleicht ist Physik weißes Licht. Klarheit. Und Künstler wählen natürlich aus - bestimmtes Licht. Kunst ist vielleicht blau. Das geht bei mir auf eine Jugendliebe zurück: Mein erster großer Eindruck von Kunst waren diese "Collages Découpés", diese Scherenschnitte von Matisse, die ich im Stedelijk Museum in Amsterdam gesehen habe. Nicht nur blau, aber die blauen haben mich am meisten beeindruckt. Blau hat etwas mit Purheit zu tun, mit Ferne und auch mit Nähe.

Matisse hat einmal gesagt, ein Quadratmeter Blau sei blauer als ein Quadratzentimeter desselben Blaus.

Da hat er absolut Recht. Im 20. Jahrhundert hat man festgestellt, dass Farbe und Form eng zusammenhängen. Das kann man auch mit Rot machen, wie bei Barnett Newman: Wenn man eine Riesenfläche Rot hat, dann ist es mehr Rot als nur ein Tropfen. Die Farbe ändert sich durch die Größe. Wenn man einen Stuhl anstreichen möchte und hat nur ein kleines Farbmuster, dann bekommt man einen ganzen anderen Stuhl, als man sich vorher vorgestellt hat...

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Licht-Bilder

Licht-Bilder

Autor: Jens Simon

1827 ist es soweit: Für das erste Foto der Welt (oder zumindest das älteste noch erhaltene Foto) lässt der Franzose Joseph Nicéphore Niépce acht Stunden lang Licht durch die kleine Öffnung seiner Camera obscura auf eine Zinnplatte, mit Bitumen als lichtempfindlicher Schicht, fallen. Louis Jacques Mandé Daguerre gelingt es kurze Zeit darauf, die Lichtempfindlichkeit enorm zu steigern: Das einfallende Licht schwärzt seine mit Jod bedampften Silberplatten bereits nach wenigen Minuten. Sind Niépces Heliographien oder die Daguerreotypien noch jeweils Unikate auf Metallplatten, so werden die Licht-Bilder mit William Henry Fox Talbot reproduzierbar. Talbot erfindet das Negativ-Positiv-Verfahren, bei dem von einem Negativ (noch aus Papier) beliebig viele positive Kontaktkopien hergestellt werden können. Seine Aufnahmen, die er "Photogenic Drawings" nennt, veröffentlicht er 1844 in dem Buch "The Pencil of Nature" - es ist das erste Buch überhaupt, das Fotografien enthält. Der Buchtitel hingegen drückt noch die Nähe zur Malerei aus.

Die Fotografie blieb bis zum Ende des 19. Jahrhunderts eine Kunst für wenige...

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Licht aus, Spot on

Fotos: Hans-Ulrich Danzebring
Fotos: Hans-Ulrich Danzebring

Autorin: Erika Schow

"Sehr verehrtes Publikum, hier kommt ein weiterer Höhepunkt des Programms. Er stammt aus einer sehr berühmten Familie. Und er kann etwas, was seine Brüder nicht können. Erleben Sie den Star, der seinen Spot selbst mitbringt. Hier kommt SNOM."

Ungewöhnlicher Name? Nein, nicht in dieser Familie. Seine Brüder heißen STM und AFM und sind weltweite Top-Stars. Fangen wir mit dem Ältes-ten an, mit STM. Das Kürzel steht für "Scanning Tunneling Microscope" oder Rastertunnelmikroskop. Eine geniale Entwicklung von Gerd Binnig und Heinrich Rohrer, für die die beiden 1986 den Physik-Nobelpreis bekamen: ein Mikroskop, das die Oberflächen abrastert, also Punkt für Punkt abfährt. Nur wenige Nanometer (millionstel Millimeter) über einem elektrisch leitenden Material bewegt sich eine ultradünne Spitze hin und her. Sie fängt Elektronen ein, die den Zwischenraum "durchtunneln", wenn an die Probe eine elektrische Spannung angelegt wurde. Das gemessene Signal ändert seine Stärke mit der Entfernung zwischen Nadel und Oberfläche. Auf dem Computerbildschirm entsteht danach ein Bild der Oberfläche - sogar von einzelnen Atomen.

Der Bruder, AFM ("Atomic Force Microscope" oder Rasterkraftmikroskop) braucht nicht einmal eine elektrisch leitende Probenoberfläche. Auch er rastert die Oberfläche mit einer extrem feinen Spitze ab, die aber an einer sehr weichen Blattfeder hängt. Auf die Rückseite der Feder ist ein Laserstahl gerichtet, der jede Bewegung der Feder mitbekommt. Winkeländerungen dieses Laserstrahls zeigen an, ob sich die Spitze nach oben oder unten bewegt. Mit dem Rasterkraftmikroskop kann man sogar lebende Zellen oder Proteine abbilden.
SNOM, der jüngste Spross in der Familie der Rastersondenmikroskope, kann das ebenfalls ...

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Licht-Muster

Foto: Carl Zeiss AG
Foto: Carl Zeiss AG

Autor: Jan Oliver Löfken

"EUV" heißt die Hoffnung der Chiphersteller. Das Kürzel steht für extrem ultraviolettes Licht mit Wellenlängen zwischen 11 und 13 Nanometern. Es soll die Transistordichte pro Chip mit einem Schlag vervielfachen. "EUV ist die einzige offenkundige Option für die Herstellung von hochdichten Halbleiter-Elementen", stellt Peter J. Silverman vom Chip-Konzern Intel fest. "Und hier am BESSY haben wir eine zuverlässige Strahlungsquelle, mit der wir optimal bei 13 Nanometern messen können", sagt Gerhard Ulm, EUV-Experte der PTB in Berlin. Beste Voraussetzungen, um die zahlreichen Hürden der EUV-Technologie in Zusammenarbeit mit der Industrie zu überwinden.

Denn bei 13 Nanometern lässt sich das Licht nicht mehr mit durchsichtigen Linsen auf die Chipmaske und den Siliziumrohling lenken. Die extreme UV-Strahlung wird von allen bekannten Linsenmaterialien einfach verschluckt. Statt dessen braucht man nun Spiegel, die bis auf den Bruchteil eines Nanometers exakt geschliffen und mit Silizium und Molybdän beschichtet sind. Ein ganzes System aus solchen asphärischen Reflexionsflächen kann das EUV-Licht wie gewünscht fokussieren. Ulm und seine Kollegen prüfen zusammen mit der Firma Zeiss im EUV-Lichtstrahl am BESSY die Reflexionseigenschaften solcher Spiegel...

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Eine Paarbeziehung anderer Art

Foto: Marc Steinmetz, Visum
Foto: Marc Steinmetz, Visum

Autor: Frank Grotelüschen

Wien, 9. Bezirk, Boltzmanngasse 5, das Universitätsinstitut für Experimentalphysik. Ein altehrwürdiges, Geschichte atmendes Gemäuer, im Treppenhaus die Inschrift: "Gebaut unter der Regierung seiner kaiserlichen und königlichen apostolischen Majestät des Kaisers Franz-Josef der Erste in den Jahren 1910-1912". Vor dem geistigen Auge zaubern gestrenge Professoren mit Doktorhüten wundersame Phänomene aus monströsen Versuchsapparaturen hervor. Doch der Schritt durch die Glastür im zweiten Stock bläst alle nostalgischen Anwandlungen hinfort. Frisch renovierte Büros, Labors mit Computern, metallischen Versuchsapparaturen und verwirrenden Arrangements aus Lasern, Linsen und Spiegeln. Sekretariat Arbeitsgruppe Professor Anton Zeilinger, steht an der Bürotür. Zeilinger, Jahrgang 45, ist der wohl prominenteste zeitgenössische Erforscher der Quantenwelt. Was Werner Heisenberg und Albert Einstein einst erdachten, setzt er in Experimente um. 1997 hat er - frei nach Enterprise-Manier - Lichtquanten gebeamt: Er teleportierte die Eigenschaften eines Lichtteilchens quer über den Labortisch - und zwar instantan, ohne jede Zeitverzögerung...

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Es war einmal... Es wird einmal

Foto: Osram
Foto: Osram

Autorin: Dörte Sasse

Ach nö. Ich soll Dir wirklich von damals erzählen? Von Lampen? Leuchten?? Kannst du dir doch auch samt Videos im Wandlexikon vorspielen lassen. Nicht? Aha, auf die alte Art, wie damals, als runzlige, strickende Omas ihren Enkeln im Ohrensessel erzählten. Pass nur auf, dass du nicht auch zum Romantiker wirst ... Ein Referat mit Technik-Info, so so. Ein Erfahrungsbericht? Ohne Bild- und Ton-Schnipsel? Alsdann: Es war einmal ... Damals, um die Jahrtausendwende ...

Stell dir einfach mal vor, Wände und Decken im Haus wären nicht mehr interaktiv. Keine Leuchtflächen, keine Displays, keine Farbwechsel - einfach nur blanke Fläche. Vielleicht bunt tapeziert oder angemalt, mit ein paar Bildern dran. Erinnerst du dich noch, so vor drei Jahren, als der Strom ausfiel? Also, keinen tropischen Palmenstrand live an die Wand zaubern lassen, wenn dir kalt ist, oder Frühlingsland-schaft mit Vogelmusik gegen Traurigkeit. Auch keine Telefonate mit Leuten, die du im 3-D-Holographen fast anfassen kannst. Noch nicht einmal das Beleuchtungssystem, das dir Tageslicht einstellt oder romantische Stimmung. Oder Punktlicht über dem Lesesessel, oder was du gerade haben willst. Stell dir vor: einfach blanke Fläche. Und neben der Tür ein Lichtschalter...

 

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Sonnige Aussichten

Foto: ISE Freiburg
Foto: ISE Freiburg

Autorin: Almut Bruschke-Reimer

Was in der Natur seit Jahrmillionen klappt, ahmen die ISE-Forscher nun mit Hilfe der Technik nach - ein Paradebeispiel der Bionik, noch dazu mit kostengünstigen Materialien und einfachen Herstellungsschritten: Die Aufgabe des Chlorophylls übernimmt in den Solarzellen eine extrem dünne Lage eines farbigen Edelmetallkomplexes. Die aktiven Schichten machen zusammen nur 20 Mikrometer aus - das entspricht einem Drittel der Dicke des menschlichen Haars. Um mit der Nano-Solarzelle eine möglichst hohe Energieausbeute zu erzielen, muss das Schlüsselelement, der eingesetzte Farbstoff, wie in der Natur, ein breites Spektrum des Sonnenlichts nutzen und der stattfindende Elektronentransfer möglichst rasch vor sich gehen. Die Forscher bauen ihre "künstlichen Blätter" daher aus Glasplättchen, die zuerst mit einer transparenten und leitenden TCO(Transparent Conducting Oxide)-Schicht versehen worden sind; sie dienen als Elektrode. Da umso mehr Licht eingefangen wird, je größer die verfügbare Oberfläche ist, bedrucken Hinsch und sein Team die Glasplättchen anschließend mit Titandioxid (TiO2), einem kostengünstigen Allerweltsmaterial, das sich auch als Pigment in Sonnenschutzmitteln und Farben findet. Sie schaffen so eine nano-poröse Oberflächenstruktur, die tausendmal größer ist als eine glatte Fläche, was die Aufnahme von Lichtteilchen, den Photonen, verbessert. Diese Oberfläche überziehen sie dann mit Farbstoffmolekülen. Chlorophyll eignet sich dafür jedoch nicht, denn es ist nicht stabil genug und zerfällt nach einiger Zeit...

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Unscheinbarer Zwerg der Klasse G2 Römisch Fünf

Die Sonne verschwendet sich an das Universum – in riesigen Ausbrüchen von Sonnenmaterial. Diese Protuberanzen erreichen Höhen von einigen hunderttausend Kilometern und schießen teilweise mit Geschwindigkeiten von 200 Kilometern pro Sekunde ins All. Die Aufnahme wurde mit dem „Extreme ultraviolet Imaging Telescope“ (EIT) der Raumsonde SOHO am 15. Mai 2001 aufgenommen – sie zeigt, eingefärbt in Rottönen, die Emissionen der Sonne im tiefen Ultraviolett bei einer Spektrallinie von 304 Å (Emissionslinie des zweifach ionisierten Heliums). Die heißesten Stellen der Sonnenoberfläche, der Chromosphäre, erscheinen weiß, die kühleren rot.
Foto: SOHO/NASA/ESA
Die Sonne verschwendet sich an das Universum – in riesigen Ausbrüchen von Sonnenmaterial. Diese Protuberanzen erreichen Höhen von einigen hunderttausend Kilometern und schießen teilweise mit Geschwindigkeiten von 200 Kilometern pro Sekunde ins All. Die Aufnahme wurde mit dem „Extreme ultraviolet Imaging Telescope“ (EIT) der Raumsonde SOHO am 15. Mai 2001 aufgenommen – sie zeigt, eingefärbt in Rottönen, die Emissionen der Sonne im tiefen Ultraviolett bei einer Spektrallinie von 304 Å (Emissionslinie des zweifach ionisierten Heliums). Die heißesten Stellen der Sonnenoberfläche, der Chromosphäre, erscheinen weiß, die kühleren rot.
Foto: SOHO/NASA/ESA

Autor: Jens Simon

Sie ist völlig gewöhnlich, aber ohne sie wären wir nicht. Unsere Sonne strahlt schon fünf Milliarden Jahre und wird es noch einmal so lange tun. Jetzt, in der Mitte ihres Daseins, herrschen tief in ihrem Innern unvorstellbare Temperaturen von 15,5 Millionen Grad Celsius und ballen sich die Wasserstoffkerne zu einer Dichte von 155 Gramm pro Kubikzentimeter zusammen. Die Atomkerne in dieser Zone sind energiegeladene Pakete und nichts als hüllenlose, nackte Kernbausteine - die "zarten" Elektronenbindungen sind alle zerrissen. Temperaturgetrieben donnern Kerne auf Kerne und verschmelzen in thermonuklearen Reaktionen. Die Kollisionen von vier Protonen, also Wasserstoffkernen, erzeugen letztlich jeweils einen Heliumkern und - als entscheidenden Zusatz - überschüssige Energie. Dieses "Wasserstoffbrennen" dominiert im momentanen Lebensabschnitt der Sonne alle anderen Prozesse, es produziert 99 % der solaren Energie. Doch irgendwann geht dieser Brennstoff aus, die Wasserstoffkerne werden zur Neige gehen. Nun sind größere Kerne an der Reihe, es beginnt das Heliumbrennen, in dem Helium zu Kohlenstoff fusioniert. Für die Sonne beginnt der Lebensabschnitt eines Roten Riesen: Langsam kühlt sie sich ab - ihre Oberflächentemperatur sinkt von jetzt 6000 Kelvin auf Werte zwischen 2000 Kelvin und 4000 Kelvin; und ebenso langsam bläht sie sich auf, frisst irgendwann den ersten Planeten, Merkur, den zweiten, die Venus, und dann wahrscheinlich auch noch die Erde...

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Das Letzte

Foto: Copyright W. T. Sullivan III & Hansen, Planetarium/Science Photo Library
Foto: Copyright W. T. Sullivan III & Hansen, Planetarium/Science Photo Library

Autorin: Erika Schow

Wie gut, dass wir die dunklen Zeiten hinter uns haben. Zeiten, als wir in muffigen Höhlen leben mussten, in ständiger Angst vor Säbelzahntigern und den Keulenhieben der Nachbarn. Oder das Mittelalter: Schwefelstinkende Alchimistenkammern, von farbigen, wabernden Rauchschwaden durchzogen. Wie gut, dass es seit der Aufklärung ständig aufwärts gegangen ist mit der Erleuchtung der Menschheit. Einer unserer größten Träume hat sich erfüllt: Wir haben die Dunkelheit ausgelöscht. Licht, oh Licht! Du vertreibst unsere Angst, minderst unsere Schwermut, verscheuchst den nächtlichen Einbrecher (wenn auch nicht Nachbars Katze, die zum wahren Fan des Bewegungsmelders geworden ist). Licht, du lässt uns noch auf dem dunkelsten Parkplatz unser Auto wiederfinden (vorausgesetzt, die Diodentaschenlampe ist in der Handtasche zu finden). Unser nächstes Auto wird Scheinwerfer haben, die um die Kurve leuchten. Und gerade ist es Ärzten gelungen, auch den hintersten Winkel des menschlichen Körpers, den Dünndarm, zu erhellen: Der Patient schluckt eine kleine Kapsel, die ständig ihren Aufenthaltsort nach außen funkt - und das Innere des Körper öffnet sich wie ein Buch. Nichts mehr liegt im Dunklen, alles ist licht und klar. Die Welt ist in Ordnung...

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