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Ausgezeichnetes Zahnimplantatsystem

PTB-Wissenschaftler erhält Technologietransferpreis der Industrie- und Handelskammer Braunschweig

24.11.2005

Bei der Frage nach dem besten Zahnersatz lautet die Antwort immer häufiger "Zahnimplantat". Doch Implantat ist nicht gleich Implantat. Über einhundert verschiedene Systeme sind derzeit auf dem Markt zu haben. Eines ist jedoch fast allen gemeinsam: Sie benutzen Verschraubungsmechanismen. Eine vollkommen neue Implantattechnik wird dieses Jahr von der Industrie- und Handelskammer Braunschweig mit dem Technologietransferpreis ausgezeichnet. Professor Manfred Peters von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt hat das System gemeinsam mit Mitarbeitern des Universitätsklinikums Aachen und der Firma Heraeus bereits bis zur Marktreife entwickelt. Der Clou der neuen Technik: Sie kommt, im Gegensatz zu allen anderen Produkten, ohne jede Verschraubung aus.

Logo des neuen Zahnimplantatsystems, das von Heraeus 2006 in Deutschland auf den Markt gebracht wird.

Unter dem Produktnamen "IQ:Nect" wird Heraeus das Implantatsystem im Jahr 2006 in Deutschland einführen, nachdem mehrere Millionen Euro in die Entwicklungs- und Testphase investiert worden sind. In einer Langzeitstudie wurden bis jetzt insgesamt 150 Patienten mit knapp 500 Implantaten versorgt - mit überzeugenden Ergebnissen. "Das Implantatsystem", so Heraeus in einem Schreiben an die IHK, "ist ein hervorragendes Beispiel für Technologietransfer und eng verzahnte Projektarbeit, in der Expertenwissen aus Wissenschaft, Klinik und der Praxis optimal kombiniert wurden." Und auch die Marktanalyse ist für Heraeus klar - eine Revolution des weltweiten Implantatmarktes wird angepeilt.

Und die Situation vor der angekündigten Revolution? Seit mehreren Jahrzehnten werden zunehmend Zahnimplantate als Zahnersatz eingesetzt. Die bisherigen Systeme bestehen überwiegend aus einer Vielzahl von Komponenten - vom Abdruckpfosten über Schrauben und Aufbauteile bis hin zum Implantat selbst. Wesentliches Kennzeichen ist dabei meistens ein Verschraubungsmechanismus und die Vielzahl an möglichen Einzelteilen für alle denkbaren geometrischen Schiefstellungen und Anpassungen im Kieferbereich.

Der fertige Zahnersatz besteht daher schlussendlich meistens aus mehrfach miteinander verschraubten bzw. verspannten Einzelteilen. Durch diese Verschraubungstechnik können schnell erhöhte Spannungszustände auftreten und so das Implantatsystem schädigen. Und auch vom Arzt selbst ist äußerste Filigranarbeit gefragt: Er muss aus einer Vielzahl von kleinsten Einzelteilen die optimalen aussuchen und diese dann auch optimal verschrauben - leicht falsche Anzugsmomente beim Einsetzen badet der Patient aus.

Das jetzt prämierte Zahnimplantatsystem umgeht diese Schwierigkeiten, indem es keinerlei innere Verschraubungen benötigt, sondern auf einen Clipmechanismus und eine neuartige Verbindungstechnologie über chemisch ausgehärtete Sprengringe setzt. Innere Spannungen treten bei diesem Zahnersatz nicht mehr auf. Und: Die Handhabung des Systems ist - präzise gefertigte Systemteile vorausgesetzt - deutlich einfacher, so dass Fehlermöglichkeiten für Zahnarzt und Zahntechniker auf ein Minimum reduziert werden.

Auf die Zahntechnik stieß Manfred Peters, von Haus aus Physiker und Festköpermechaniker in der PTB, bereits Anfang der 1990er Jahre - im Zusammenhang mit einigen Doktorarbeiten, in denen das Spannungsverhalten von Zahnimplantaten unter mechanischer Belastung untersucht werden sollte. Was damals als "Beratung" von Doktoranden begann, wurde für Peters zu einer "Knobel-Aufgabe", die ihn jahrelang nicht losließ und schließlich auf die grundlegende Idee brachte: Wer die üblichen Implantatprobleme vermeiden will, muss sich vom Verschraubungsprinzip lösen. Warum nicht stecken und klemmen statt schrauben? Um weiterhin die notwendigen, hohen Festigkeiten zu erzielen, entwickelte er eine neuartige Verbindungstechnologie über chemisch ausgehärtete Sprengringe.

Mit dieser Idee war der entscheidende Durchbruch geschafft und der Weg frei, der schließlich zur Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Aachen, zur Kooperation mit der Firma Heraeus und jetzt zum Technologietransferpreis führte.

Technologietransfer an der PTB
Als weltweit einziges Institut mit einer Abteilung für Metrologie in der Medizin hält die PTB eine Reihe internationaler Patente. Eine auf automatisierter Diagnose beruhende EKG-Verlaufskontrolle für die Telemedizin erlaubt die Patientenüberwachung im häuslichen Umfeld. Im Bereich des Schlaganfallmonitoring, der Schlaganfall ist die dritthäufigste Todesursache in Deutschland, kann PTB-Lasertechnik die wesentlich aufwendigere Kernspintomografie sinnvoll ergänzen. Neue Impulsfolgen in der Kernspintomographie erhöhen den Bildkontrast. Patentinformationen sind auch direkt vom PTB-Beauftragten für den Technologietransfer erhältlich.

Weitere Informationen zum Technologietransfer:
Dr. Bernhard Smandek
Technologietransferbeauftragter
Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB)
E-mail: bernhard.smandek(at)ptb.de
Internet: http://www.ptb.de/de/technologietransfer/technologietransfer.html