Logo of the Physikalisch-Technische Bundesanstalt
Symbolbild "News"

Optische Anisotropie in Calciumfluorid verstanden

12.02.2004

Ein Effekt aus der Grundlagenforschung wird industrierelevant

Um immer kleinere Mikrochips lithographisch herzustellen, benötigt man Licht von immer kleinerer Wellenlänge. Demnächst ist man bei 157 Nanometern angelangt. Für solches UV-Licht sind nur noch wenige Linsen-Materialien geeignet – zum Beispiel Calciumfluorid. Doch auch Calciumfluorid-Einkristalle verhalten sich gegenüber UV-Licht anders als bei sichtbarem Licht: Sie sind nicht mehr völlig isotrop. Die genaue mikroskopische Ursache für dieses Verhalten ist im Radiometrie-Labor der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) bei BESSY II in Berlin erstmals experimentell nachgewiesen worden.

Calciumfluorid ist ein kubischer Kristall und deshalb laut Lehrbuch optisch isotrop. Das heißt, dass das Material für alle Richtungen die gleichen optischen Eigenschaften aufweist. Doch schon knapp jenseits des optisch sichtbaren Spektrums, bei Einstrahlung von UV-Licht, gilt dies nicht mehr unbedingt. Eine Erklärung für diese Anisotropien wurde von dem Nobel-preisträger V. L. Ginzburg bereits in den fünfziger Jahren gegeben, aber erst jetzt im Rahmen einer Forschungskooperation mit Schott Lithotec, dem weltweit führenden Hersteller von Calciumfluorid, im Radiometrielabor der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt am Berliner Elektronenspeicherring BESSY II experimentell bestätigt.

Damit ist der Effekt verstanden und kann bei der Produktion von Linsenoptiken besser berücksichtigt werden: von der Kristallzüchtung und der mechanischen Bearbeitung der Kristalle über das optische Linsendesign bis hin zum Aufbau eines Mikrolithographie-Objektivs. Dies schlägt sich in dem Aufwand nieder, der zur Herstellung von Projektions-systemen für die 157-nm-Technologie betrieben werden muss und hat damit unmittelbare Bedeutung für die Roadmap der Mikrolithographie.

Insgesamt ist dies ein Beispiel für Erkenntnisse, die bislang nur in der Grundlagenforschung von Bedeutung waren und nun Eingang in die industrielle Produktion finden.

Abbildung:
Linsenrohlinge aus Calciumfluorid-Einkristallen (Schott Lithotec)


Weitere Informationen:
Dr. Mathias Richter
PTB-Arbeitsgruppe „UV- und VUV-Radiometrie“
Telefon: (030) 6392-5084
E-Mail: mathias.richter(at)ptb.de

Im Physik-Journal 2/2004 finden Sie einen Artikel zu diesem Thema.