Die Erfindung des Elektrizitätszählers wird Thoma Alva Edison (1847 — 1931) zugeschrieben. Das Patent für die erste für Abrechnungszwecke brauchbare Messgerätekonstruktion erhielt er 1881. Der Gründer der „Deutschen Edison-Gesellschaft“ (später in „Allgemeinen Elektrizitätsgesellschaft“ AEG umbenannt), Emil Rathenau (1838 — 1915) erwarb von Edison die Lizenzen zu Bau und Verwendung der Zähler und führte sie in Berlin zur erwerbsmäßigen Messung und Abrechnung von elektrischem Strom ein. Das war der Startschuss für die Ausbreitung der Elektrizitätszähler in Deutschland. Auch der nächste Markstein in der Entwicklung der Elektrizitätsmesstechnik Deutschlands ist einem Berliner Unternehmer und Erfinder zu verdanken, dem Physikprofessor Herrmann Aron (1845 - 1913). Die von ihm erfundenen und in seinen Fabriken in großen Stückzahlen produzierten Pendelzähler waren den Edison-Zählern in Genauigkeit und besonders in der Nutzungsfreundlichkeit weit überlegen. Ein Zähler dieser Bauart war auch das erste Messgerät, das von der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt in Berlin, der Vorgängerin der PTB, eine amtliche Zulassung zur Verwendung für Abrechnungszwecke erhielt. Das war 1903. Die Pendelzähler waren allerdings sehr aufwendige und kostspielige Konstruktion. Bald wurden sie in ihrer Bedeutung durch sogenannte Motorzähler verdrängt.
Gleichzeitig begann Anfang des 20. Jahrhundert der Wechselstrom den Gleichstrom im Wettstreit um die Zweckmäßigkeit der Energieform zu überholen. Für Wechselstrom erwies sich das von dem italienischen Professor Galileo Ferraris (1847 — 1897) 1887 erstmals beschriebene Induktionsmotorprinzip als mit Abstand am besten geeignet. Zur Anwendung in einem industriell und serienmäßig gefertigten Elektrizitätszähler brachte es dann 1889 Otto Titusz Blathy (1860 — 1939), Entwicklungsingenieur der Firma Ganz in Ungarn. In seinem Zähler ist erstmals jenes Wirkungsprinzip realisiert worden, das bis in unsere heutige Zeit — prinzipiell kaum geändert — in Induktionszählern Anwendung findet. Trotz rasantem Fortschritt auf den Gebieten der Elektronik und Digitaltechnik sind Zähler dieses Typs wegen ihrer besonderen Langlebigkeit und Messbeständigkeit immer noch die am häufigsten in unseren Versorgungsnetzen verwendeten.
Elektronische Elektrizitätszähler kamen in Deutschland erstmals Anfang der 1970er-Jahre für Abrechnungszwecke zum Einsatz. Als erstes Unternehmen ging die Schweizer Firma L&G durchs Ziel, bis heute einer der größten Zählerhersteller weltweit. Es handelt sich um Messgeräte mit gegenüber Motorzählern zehnfach verbesserter Genauigkeit zur Bestimmung sehr großer Energiemengen. Der Nachteil der geringeren Messbeständigkeit dieser Geräte wurde durch häufigere Überprüfungen und Gerätetausche überwunden. Etwa zehn Jahre später gab es dann erste Zähler mit eingebauten Mikrocomputern. Diese sogenannten Hybridzähler waren Induktionszähler mit eingebauten kleinen Digitalrechnern. Von der Zuverlässigkeit des Motorzählers für die Bildung der Basismesswerte mochte man sich noch nicht trennen. Die Mikrorechner dienten der Weiterverarbeitung und Ermöglichung der maschinellen Ablesung der Zähler. Pionier in dieser Technik war wiederum die von Herrmann Aron gegründete Firma, die inzwischen — nach Enteignung, „Arisierung“ und Weltkriegskatastrophe — den Namen Heliowatt trug. Heliowatts Bedienprinzip mit einem optischen Sensor und das Kommunikationsprotokoll für die Auslesung über eine optische Zweiwegeschnittstelle haben sich bei elektronischen Zählern bis in die heutige Zeit durchgesetzt. Nochmals eine Dekade später, Anfang der 1990er erteilte die PTB die erste Bauartzulassung für einen vollständig elektronischen Zähler zur Verwendung bei Haushaltskunden der Siemens-Werke in Nürnberg. Zur besten Zeit der deutschen Zählerindustrie in den 1970er- und 1980er-Jahren waren das Nürnberger Zählerwerk von Siemens und die AEG-Zählerfabrik Hameln mit jeweils mehr als 2000 Beschäftigten die größten deutschen Fabriken für Elektrizitätszähler. Produziert wurde fast ausschließlich Induktionsmotorzähler nach dem Prinzip Ferraris. Heute werden in Deutschland keine solchen Zähler mehr hergestellt. In kommenden zehn Jahren sollen sie auf der Grundlage der Regulierung des Gesetzes zur Digitalisierung der Energiewende dann auch in den deutschen Stromnetzen vollständig durch elektronische Zähler ersetzt werden.
Der Hauptteil der Ausstellung im Elektrizitätszählerkabinett endet mit den ersten elektronischen Zählern aus den 1990er-Jahren. Auch die Entwicklung der Zählertechnik in den folgenden 30 Jahren ist eine spannende Geschichte. Aus dieser Zeit können wir ebenfalls einige der wichtigsten Meilensteine als Exponate zeigen. Für das Auge indessen sind die in der Zeit von 1881 bis 1990 — in der Regel überwiegend in industrieller Handarbeit — gefertigten, mechanisch funktionierenden Zähler attraktiver. Aus diesem Grunde zeigen wir diese Geräte auch ausschließlich ohne aufgesetzte Gehäusehauben, sodass ihr Inneres sichtbar ist.