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Die Entstehung der ersten gravitativ gebundenen Körper im jungen Sonnensystem - ein multidisziplinärer Ansatz (Labor - Astronomie - Raumfahrt)

PTB - Kolloquium

Unser Wissen über die Entstehung der Planeten ist immer noch lückenhaft. Aus astronomischen Beobachtungen können wir lernen, dass Planeten in sogenannten protoplanetaren Scheiben entstehen, die zu 99% aus Gas und zu 1% aus mikroskopisch kleinen Staubpartikeln bestehen. In diesen Scheiben kollidieren die Staubteilchen, haften aneinander und bilden bis zu zentimetergroße Agglomerate. Dies konnte durch Modellierung, Labormessungen und astronomische Untersuchungen bestätigt werden. Das weitere Wachstum hin zu Planetesimalen, den kleinsten gravitativ gebundenen Körpern mit Durchmessern von einigen Kilometern, wird zurzeit noch kontrovers diskutiert. Die beiden favorisierten Modelle unterscheiden sich darin, dass im einen das Wachstum aufgrund haftender Stöße fortschreitet, im anderen hingegen eine hydrodynamische Instabilität in der protoplanetaren Scheibe, die "Streaming Instability", für eine so starke Konzentration der zentimetergroßen Staubklumpen sorgt, dass der gesamte Komplex gravitativ kollabiert. Mit der jüngst abgeschlossenen Mission Rosetta zum Kometen 67P/Tschurjumow-Gerassimenko konnte erstmals ein Körper aus den Frühzeiten des Sonnensystems im Detail untersucht werden. Die bislang vorliegenden Ergebnisse deuten darauf hin, dass Komet 67P durch einen gravitativen Kollaps in seiner heutigen Form entstanden ist. Wenn sich dies bestätigen sollte, liegt der Schluss nahe, dass Planetesimale nicht durch haftende Stöße, sondern durch Instabilitäten in protoplanetaren Scheiben entstehen.