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Kalibrierungen und Bestrahlungen von Strahlenschutz-Dosimetern gemäß neuer Empfehlung der ICRU (International Commission on Radiation Units and Measurements) in Photonen- und Beta-Referenz-Strahlungsfeldern möglich

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  • Jahresbericht-Nachricht
  • Grundlagen der Metrologie
30.09.2021

Die International Commission on Radiation Units and Measurements (ICRU, Internationale Kommission für Strahlungseinheiten und Messung) hat in ihrem Bericht Nr. 95 neue Messgrößen für den Strahlenschutz empfohlen. Für diese Messgrößen wurden Werte berechnet, um die Konsequenzen auf die Kalibrierungen bzw. Bestrahlungen von Strahlenschutz‑Dosimetern in den neu empfohlenen Strahlenschutz‑Messgrößen mit Photonen‑ und/oder Betastrahlung abschätzen zu können.

Die ICRU hat in ihrem Bericht Nr. 95 [1] neue Messgrößen für den Strahlenschutz empfohlen. Diese wurden jedoch noch nicht auf internationaler (IAEA, International Atomic Energy Agency) oder europäischer (EU, Europäische Union) Ebene durch eine entsprechende Änderung der jeweiligen Strahlenschutz‑Grundregeln offiziell übernommen. Um die möglichen Konsequenzen einer solchen Übernahme der vorgeschlagenen Messgrößen messtechnisch frühzeitig abschätzen zu können, wurden die dafür notwendigen Werte berechnet. Damit sind Kalibrierungen bzw. Bestrahlungen von Strahlenschutz‑Dosimetern in den neu vorgeschlagenen Strahlenschutz‑Messgrößen mit Photonen‑ und/oder Betastrahlung möglich [2],[3].

Die berechneten Werte zeigen, dass eine Änderung der Messgrößen, je nach Strahlungsart und Energiebereich, massive Auswirkungen auf das Ansprechvermögen von bisher idealen Dosismetern hätte, siehe Abbildung 1 (für Photonenstrahlung) und Abbildung 2 (für Betastrahlung):

  • Dies trifft für Photonenstrahlung für Dosimeter zur Schätzung der lokalen Hautdosis und der Augenlinsendosis im eher unrelevanten Energiebereich unterhalb von 10 keV (siehe Abb. 1, oben und Mitte) zu und
  • besonders für Dosimeter zur Schätzung der effektiven Dosis im wichtigen mittleren Energiebereich bis ca. 70 keV (siehe Abb. 1, unten).
  • Für Betastrahlung träten massive Änderungen im Ansprechvermögen für Dosimeter zur Schätzung der Augenlinsendosis auf (siehe Abb. 2, unten).

Eine Änderung der offiziellen Messgrößen von den bisherigen zu den neu von der ICRU vorgeschlagenen Strahlenschutz‑Messgrößen sollte daher nur nach gründlicher Abwägung aller Vor‑ und Nachteile erwogen werden.

Abb. 1: Photonenstrahlung: Oben: Verhältnisse der Umrechnungskoeffizienten für die derzeitigen Messgrößen zur Schätzung der lokalen Hautdosis, Hp(0,07) bzw. H'(0,07), und der entsprechenden neu vorgeschlagenen Größe, Dp local skin, für ein Fingerringdosimeter (oben links) bzw. für ein entsprechendes Ortsdosimeter, D'local skin, (oben rechts). Diese Verhältnisse stellen das Ansprechvermögen eines entsprechenden Dosimeters in Bezug auf die in ICRU 95 veröffentlichten Messgröße dar, wobei davon ausgegangen wird, dass das jeweilige Dosimeter in Bezug auf die entsprechende aktuelle Messgröße ein ideales Ansprechvermögen von 1,0 hat. In der Mitte sind die entsprechenden Verhältnisse für die derzeitigen Messgrößen zur Schätzung der Augenlinsendosis, Hp(3) bzw. H'(3), und die entsprechenden neu vorgeschlagenen Größen, Dp lens bzw. D'lens, für ein Augenlinsendosimeter gezeigt. Unten sind die entsprechenden Verhältnisse für die derzeitigen Messgrößen zur Schätzung der effektiven Dosis, Hp(10) bzw. H*(10), und die entsprechenden neu vorgeschlagenen Größen, Hp bzw. H*, für ein Ganzkörper‑ bzw. Umgebungsdosimeter gezeigt. Die rot gestrichelten Linien stellen die Leistungsanforderungen an Dosimeter gemäß entsprechender internationaler Norm der IEC (International Electrotechnical Commission) dar. Die Unsicherheitsbalken sind meist kleiner als die Symbole und daher nicht sichtbar.

 

Abb. 2: Betastrahlung: Oben: Verhältnisse der Umrechnungskoeffizienten für die derzeitigen Messgrößen zur Schätzung der lokalen Hautdosis, Hp(0,07), für Personendosimeter und die entsprechende neu vorgeschlagene Größe, Dp local skin, für ein Fingerringdosimeter (oben links) bzw. für ein entsprechendes Ganzkörperdosimeter (oben rechts). Diese Verhältnisse stellen das Ansprechvermögen entsprechender Dosimeter in Bezug auf die in ICRU 95 veröffentlichten Messgröße dar, wobei davon ausgegangen wird, dass das jeweilige Dosimeter in Bezug auf die entsprechende aktuelle Messgröße ein ideales Ansprechvermögen von 1,0 hat. Unten ist das entsprechende Verhältnis für die derzeitige Messgröße zur Schätzung der Augenlinsendosis, Hp(3), und die entsprechende neu vorgeschlagene Größe, Dp lens, für ein Augenlinsendosimeter gezeigt. Die rot gestrichelten Linien stellen die Leistungsanforderungen an Dosimeter gemäß entsprechender internationaler Norm der IEC (International Electrotechnical Commission) dar. Die Unsicherheitsbalken sind meist kleiner als die Symbole und daher nicht sichtbar.

 

Literatur

[1] International Commission on Radiation Units and Measurements: Operational Quantities for External Radiation Exposure, Journal of the ICRU 2020, Vol. 20(1) 3‑4, https://doi.org/10.1177/1473669120966224

[2] R. Behrens and T. Otto: “Conversion coefficients from total air kerma to the newly proposed ICRU/ICRP operational quantities for radiation protection for photon reference radiation qualities”, J. Radiol. Prot. in press, 2020, https://doi.org/10.1088/1361-6498/abc860

[3] R. Behrens: “Conversion coefficients from absorbed dose to tissue to the newly proposed ICRU/ICRP operational quantities for radiation protection for beta reference radiation qualities”, J. Radiol. Prot. in press, 2021, https://doi.org/10.1088/1361-6498/abf94f

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