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Initialisierung von Quantenpunkt-Zuständen durch Kontrolle der Tunnelraten

Kategorien:
  • Grundlagen der Metrologie
03.12.2019

Quantenpunkte sind ein Grundbaustein für halbleiterbasierte Quantentechnologien. Sie ermöglichen es, einzelne Elektronen in Halbleiterstrukturen zu lokalisieren und zu kontrollieren. Für viele Anwendungen muss ein bestimmter quantenmechanischer Zustand der Elektronen möglichst schnell initialisiert werden. An der PTB wurde hierfür eine neue Technik entwickelt, die auf der Kontrolle der Tunnelraten basiert.

 

 

Dazu wurden elektrisch kontrollierbare Quantenpunkte verwendet, die auch die Basis für die Entwicklung von Einzelelektronen-Stromquellen als zukünftiges Quantennormal der elektrischen Stromstärke darstellen: In einem schmalen Halbleiterkanal wird über zwei metallische Steuerelektroden, belegt mit negativen Spannungen Ventry und Vexit, ein Quantenpunkt (QD) erzeugt (siehe Einsatz im Bild). Über die Spannungen lassen sich sowohl die Zahl der Elektronen als auch die quantenmechanische Tunnelkopplung des QD an die Zuleitungen steuern. Durch eine schnell veränderliche Spannung an einer Steuerelektrode, Ventry(t), wird kurzzeitig das Potential im Quantenpunkt abgesenkt und die Tunnelkopplung erhöht, was zu einem kontrollierten Laden des QD mit einem oder zwei Elektronen führt, die durch anschließendes Anheben der Tunnelbarrieren im QD isoliert werden.

Im Bild ist als farbiges Stabilitätsdiagramm dargestellt die Anzahl der Elektronen, die abhängig von den Spannungen während des Ladens im Mittel auf dem Quantenpunkt eingefangen werden. Im oberen Bereich zeigt das Stabilitätsdiagramm eine relativ einfache Struktur, wobei die Anzahl der Elektronen im Wesentlichen nur von Vexit abhängt (siehe Graph über dem Farbflächenbild). Bei niedrigeren Einladespannungen Ventry aber zeigt sich ein anderes Bild: Der Übergang zu einem komplett leeren Quantenpunkt (der weiße Bereich des Diagramms) verläuft nicht glatt, sondern weist komplexe Strukturen auf. Eine genaue Analyse zeigt, dass die Strukturen in diesem Regime verschiedenen quantenmechanischen Zuständen des QD entsprechen, die durch ein einzelnes oder zwei Elektronen eingenommen werden können. Diese Zustände unterscheiden sich nicht nur durch ihre Energien, sondern auch über die Tunnelraten zu den Zuleitungen, welche mit wachsender Energie stark zunehmen. Je nach Einstellung der beiden Steuerspannungen tunnelt ein Elektron aus der Zuleitung bevorzugt in einen bestimmten quantenmechanischen Zustand. Beim Beladen des QD mit zwei Elektronen spielen neben deren Ladung auch ihre quantenmechanischen Eigendrehimpulse, der Spin, eine Rolle. Der von beiden Elektronen gemeinsam eingenommene „Zweielektronen-Zustand“ kann je nach Kombination der beiden Elektronenspins zwei unterschiedliche Symmetrien aufweisen, die als Singulett (im Bild „S“) und Triplett („T“) bezeichnet werden. Die weitere Analyse des im Bild gezeigten Stabilitätsdiagramms ergab, dass an der mit (1) gekennzeichneten Position gezielt ein Singulett und an der Position (2) ein Triplett Zustand initialisiert wird. In dieser Art präparierte Quantenzustände können für diverse quantenmechanische Experimente und Technologien genutzt werden.

 

Stabilitätsdiagramm

Bild:
Das Stabilitätsdiagramm zeigt farblich kodiert die mittlere Anzahl von Elektronen, die durch eine Steuerspannungssequenz in einem Quantenpunkt eingefangen werden. An den im Farbflächenbild mit den Kreisen „1“ und „2“ markierten Positionen können gezielt Zweielektronen-Zustände mit wahlweise Singulett (S) oder Triplett (T) -Symmetrien erzeugt werden. Eine elektronenmikroskopische Aufnahme der verwendeten Halbleiterstruktur mit dem Quantenpunkt (QD) zwischen den beiden metallischen Steuerelektroden ist im Einsatz unten links gezeigt.

 

 

 

Veröffentlichung:
Tobias Wenz, Jevgeny Klochan, Frank Hohls, Thomas Gerster, Vyacheslavs Kashcheyevs, Hans W. Schumacher, "Quantum dot state initialization by control of tunneling rates" Phys. Rev. B 99, 201409(R) (2019).

 

 

 

 

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