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Von der Nanodosimetrie zur Strahlenbiologie

Kategorien:
  • Grundlagen der Metrologie
18.03.2004

Die biologisch relevante Wirkung ionisierender Strahlung auf eine Zelle wird zum großen Teil durch eine DNA-Schädigung eingeleitet und hängt (auch bei gleicher Energiedosis) stark von der Art und Energie der Strahlung ab. Aus Sicht der Strahlenphysik läßt sich die Schädigung der DNA als Folge von direkten Strahlenwechselwirkungen oder auch als Folge von Wechselwirkungen mit Sauerstoffradikalen erklären, die in der Nachbarschaft der DNA durch Strahlung erzeugt werden. Sie ist daher eine direkte Konsequenz der Spurstruktur ionisierender Teilchen in biologischem Gewebe. Die Kenntnis von Spurstrukturen ist damit zur Charakterisierung strahleninduzierter biologischer Effekte unerläßlich und erfordert die Untersuchung der Strahlenwechselwirkung in räumlichen Bereichen mit Ausdehnungen in der Größenordnung von 1 nm. Von großer metrologischer Bedeutung ist hierbei die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Ionisations-Clustergröße (Anzahl von Ionisationsereignissen) in Segmenten der DNA oder, als Ersatz, in einem Wasservolumen mit Abmessungen von einigen nm. Sie ist zwar zur Zeit auch in Wasser noch nicht direkt messbar, läßt sich aber unter Anwendung eines Skalierungsverfahrens für die Abmessungen des Targetvolumens experimentell auch in Gasen ermitteln (Nanodosimetrie).

Um die Übertragbarkeit nanodosimetrischer Messgrößen auf der Basis von Ionisations-Clustern auf die Strahlenbiologie zu untersuchen, wurde die Cluster-Erzeugung in einem nanometrischen Wasserzylinder (mit einer Höhe und einem Durchmesser von 2 nm) durch Elektronen im Energiebereich zwischen 10 eV und 100 keV mit Hilfe der Monte Carlo Methode simuliert. Anschließend wurden die berechneten Wahrscheinlichkeiten für die Clustergröße mit den Ausbeuten an Einfach- bzw. Doppel-Strangbrüchen in der DNA verglichen. Derartige Daten sind von Friedland et al. (Radiat. Res. 150 (1998) 170-182) unter Verwendung des Monte Carlo Codes PARTRAC berechnet worden. Kernstück von PARTRAC ist ein realistisches Chromosomen-Modell, das neben der atomaren Struktur der DNA-Doppelhelix auch Strukturen höherer Ordnung wie z. B. Nukleosomen und Strukturen von Chromatinfasern enthält. Die Abbildung zeigt als Beispiel für die Ergebnisse das Verhältnis aus der Wahrscheinlichkeit für die Clustergröße 1 und der im Targetzylinder absorbierten Energie im Vergleich zur Ausbeute an Einfach-Strangbrüchen in der DNA in Abhängigkeit von der Elektronenenergie. Die sehr ähnliche Energieabhängigkeit beider Datensätze zeigt, dass Ionisations-Clustergrößen in nanometrischen Volumina stark mit strahleninduzierten Schäden in der DNA verknüpft sind.

Durch Elektronen induzierte Ausbeute an Einfach-Strangbrüchen (SSD) in der DNA in Abhängigkeit von der Elektronenenergie T: () Monte Carlo Daten von Friedland et al. unter Verwendung eines realistischen Chromosomen-Modells, () auf die SSD-Ausbeute bei einer Elektronenenergie von 100 keV normiertes Verhältnis der Wahrscheinlichkeit zur Erzeugung eines Ionisationsclusters der Größe 1 in einem nanometrischen Wassertarget und der im Target absorbierten Energie.

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