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Messung von neutroneninduzierten Reaktions-Wirkungsquerschnitten für Cu- und Zn-Proben und Neutronenenergien zwischen 8 MeV und 14 MeV

Kategorien:
  • Grundlagen der Metrologie
18.03.2004

Präzise neutroneninduzierte Reaktions-Wirkungsquerschnitte werden unter anderem benötigt, um Neutronentransport, Aktivierungspotenzial oder Gasproduktion in Materialien bei Neutronenbeschuss zu bestimmen. Im Energiebereich zwischen 8 MeV und 14 MeV gibt es praktisch keine Quellen monoenergetischer Neutronen. Die Verwendung einer quasi-monoenergetischen Neutronenquelle erfordert ausgefeilte Korrekturtechniken, um dennoch präzise Wirkungsquerschnitte bestimmen zu können.

Neutronen werden mittels der Reaktion D(d,n)3He erzeugt. Deuteronen der Energie zwischen 5,7 MeV und 11,6 MeV, beschleunigt mit dem Kompaktzyklotron CV28, werden in ein mit Deuterium gefülltes Gastarget (Länge 3 cm, Druck 200 kPa) eingeschossen. Bei Einschussenergien oberhalb etwa 7 MeV entsteht neben den monoenergetischen Neutronen mit Energien zwischen 10 MeV und 14 MeV ein störendes niederenergetisches Kontinuum über die Aufbruchreaktion D(d,np)D. Der energetische Abstand zwischen beiden Fraktionen beträgt etwa 6,5 MeV. Die spektrale Fluenz dieses Aufbruchkontinuums wurde früher an der PTB sorgfältig vermessen. Somit ist eine detaillierte Korrektur der durch diese Neutronen erzeugten Effekte möglich, obwohl ihre Intensität bei den höheren Energien mit der Intensität der monoenergetischen Neutronen vergleichbar ist.

Die Aktivierungsproben bestanden aus hochreinem Kupfer oder Zink (Durchmesser 10 mm, Dicke 1 mm). Sie waren vor einer massearmen Spaltkammer mit 238U, die als Fluenzmonitor diente, in einem Abstand von 6 cm vom Ende des Gastargets platziert. Die Neutronenspektren wurden mit der Flugzeitmethode bestimmt. Die Genauigkeit der so etablierten Energieskala war ±20 keV. Die Proben wurden mit und ohne Gas im Target bestrahlt, um experimentell auf die an den Strukturmaterialien des Gastargets entstehenden Untergrund-Neutronen korrigieren zu können. Durch begleitende Rechnungen mit einem Monte-Carlo-Programm war es möglich, trotz teilweise erheblicher Korrekturen auf die nicht-monoenergetischen Quellneutronen aus der Aufbruchsreaktion relativ kleine Unsicherheiten für die Wirkungsquerschnitte zu erreichen.

Die Wirkungsquerschnitte der Reaktionen 64Zn(n,p)64Cu, 64Zn(n,2n)63Zn, 63Cu(n,2n)62Cu und 65Cu(n,2n)64Cu wurden bestimmt. Die Reaktionsprodukte 62Cu, 64Cu und 63Zn sind vorwiegend Positronen-Emitter. Die induzierte Radioaktivität wurde durch Messung der Vernichtungsstrahlung mit einem HPGe-Detektor bestimmt. Um vollständige Annihilation zu erreichen, sind die Proben in einem Kupferbehälter in spezieller Geometrie vermessen worden, was zusätzliche Kalibrierungen und Korrekturen erforderte. Da bei Nachweis der Vernichtungsstrahlung die spezifische Information über das zugehörige Isotop verlorengeht, war eine sorgfältige Analyse der Zerfallskurven erforderlich. Zusätzliche Messungen der spezifischen Photonenstrahlung einzelner Isotope in Standardgeometrie ermöglichte Korrekturen auf parallele Reaktionskanäle, wie z. B. die Reaktionen 66Zn(n,2n)65Zn oder 64Zn((n,?)65Zn, wobei 65Zn ebenfalls ein Positronen-Emitter ist. Weitere Korrekturen betrafen die Totzeit der Messapparatur, die Berücksichtigung der Zeitabhängigkeit der Neutronenfluenz, Spaltfragmentverluste in der Spaltkammer und die Streuung von Neutronen an Komponenten der Messapparatur.

Alle Aktivierungs-Wirkungsquerschnitte wurden relativ zu dem Wirkungsquerschnitt der 238U(n,f)-Reaktion bestimmt, der der Datenbibliothek ENDF/B-VI entnommen wurde. Die relativen Standardunsicherheiten der ermittelten Wirkungsquerschnitte sind in der Größenordnung 3% bis 5%, die Korrektur auf nicht-monoenergetische Quellneutronen nicht mitgerechnet. Hier entstehen für die Reaktion 64Zn(n,p)64Cu zusätzliche relative Standardunsicherheiten zwischen 3% und 6%, wobei diese Korrektur oberhalb 10 MeV stetig ansteigt und bei 14 MeV einem Faktor 0,4 entspricht. Dass bei derartig großen Korrekturen noch zuverlässige Daten ermittelt werden können, zeigt, wie ausgefeilt und zuverlässig die Meß- und Auswertetechnik für derartige Wirkungsquerschnitts-Messungen an der PTB ist.

Die Ergebnisse wurden mit gemessenen Daten anderer Autoren (Datenbasis EXFOR) sowie aktuellen Evaluationen wie ENDF/B-VI, JEF-2.2 oder ADL-3 verglichen. Die aufgezeigten Diskrepanzen geben Hinweise für neu auszuarbeitende, verbesserte Evaluationen.

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