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Laserinterferometrische Messung der Störbewegungen von Beschleunigungserregern und darauf angepasste Kalibrierverfahren

Kategorien:
  • Grundlagen der Metrologie
02.11.2005

Mit 3D-Laservibrometern und Scanning-Vibrometern wurden elektrodynamische Schwingerreger auf Resonanzen und Störschwingungen bei hohen Frequenzen (bis 50kHz) untersucht. Als Ergebnis konnte durch angepasste Messverfahren der Einfluss solcher Störungen bei der Primärkalibrierung von Beschleunigungsaufnehmern deutlich reduziert werden.

Die hochgenaue Kalibrierung von Beschleunigungsaufnehmer-Bezugsnormalen der PTB im Frequenzbereich bis 20 kHz mit einer erweiterten Messunsicherheit von 0,1 % bis 1 % erfordert umfassende Kenntnisse des Verhaltens von Beschleunigungserregern und Beschleunigungsaufnehmern bei hohen Frequenzen. Durch Nutzung der 3D-Laservibrometrie und der Scanning-Vibrometrie konnten an Beschleunigungserregern spezielle Störgrößen (Querbewegungskomponenten, Schwingteilresonanzfrequenzen, Biege- und Taumelschwingungen) gemessen und der Einfluss unterschiedlicher Massebelastung des Erregers bis zu hohen Frequenzen (50 kHz) untersucht werden.

Das 3D-Laservibrometer erfasst mit seinen drei simultan messenden Kanälen den Schwinggeschwindigkeitsvektor ausgewählter Punkte auf der Schwingteiloberfläche des Erregers. So können neben der axial gerichteten (erwünschten) Beschleunigung auch die störenden Querbewegungskomponenten gemessen werden. Mit Hilfe der Scanning-Laservibrometrie können Kippungen, dynamische Deformationen der Schwingteilankopplungsfläche und die räumliche Verteilung der Beschleunigungsamplituden auf der Ankopplungsfläche gemessen werden (Bild 1).

Beschleunigungsamplitudenverteilung auf der Schwingteilankopplungsfläche eines Beschleunigungserregers

Bild 1: Falschfarbenbild der Beschleunigungsamplitudenverteilung auf der Schwingteilankopplungsfläche eines Beschleunigungserregers bei 20 kHz aufgenommen mit einem Polytec Scanningvibrometer

Die Kenntnis dieser Kippbewegungen, Deformationen und Beschleunigungsamplitudenunterschiede ist besonders wichtig für die Kalibrierung von Beschleunigungsaufnehmern, bei denen die interferometrische Beschleunigungsmessung auf der Schwingteilankopplungsfläche neben dem Aufnehmer durchgeführt werden muss. Eine membranartige Deformation der Ankopplungsfläche des Schwingteils führt beispielsweise dazu, dass mit zunehmendem Abstand zur Mittelachse des Aufnehmers eine immer kleiner werdende Beschleunigungsamplitude gemessen wird. Auch bei den hochwertigen, in der PTB entwickelten oder optimierten Beschleunigungserregern treten auf der Ankopplungsfläche des luftgelagerten Schwingteils unterschiedliche Momentan- und Amplitudenwerte der Beschleunigung auf, was das Messergebnis beeinflussen könnte. Diese Unterschiede wurden mit Hilfe eines 3D-Laservibrometers und eines Scanning-Vibrometers identifiziert. Durch die Realisierung spezieller Messmethoden und Messanordnungen (Bild 2) lässt sich der Einfluss dieser unterschiedlichen Beschleunigungen weitgehend eliminieren.

Beschleunigungsamplitudenverteilung auf der Schwingteilankopplungsfläche eines Beschleunigungserregers

Bild 2: Falschfarbenbild der Beschleunigungsamplitudenverteilung auf der Schwingteilankopplungsfläche eines Beschleunigungserregers bei 20 kHz aufgenommen mit einem Polytec Scanningvibrometer

Da die Beschleunigungen an symmetrisch zur Erregerachse diametral gegenüberliegenden Abtastpunkten in Betrag und Phase voneinander abweichen können, wird in der PTB eine zweikanalige synchrone interferometrische Amplituden- und Phasenmessung angewendet. Die resultierenden Amplituden- und Phasenwerte werden durch eine Addition der beiden Schwingungen in den Winkelpositionen 0° und 180° ermittelt. Danach erfolgt die Umjustierung der beiden Interferometer-Messstrahlen auf die Positionen 90° und 270° und der Mess- und Auswertevorgang wird wiederholt. Das Endergebnis für die Amplitude und die Phase ist der arithmetische Mittelwert aus den Positionen (0°, 180°) und (90°, 270°).

Um zusätzlich die Einflüsse von Querschwingungen und des Aufnehmerkabels zu minimieren, wird das oben beschriebene interferometrische Messverfahren in vier Ankopplungspositionen des zu kalibrierenden Beschleunigungsaufnehmer-Normals durchgeführt. Die vier Ankopplungspositionen werden dabei durch 90°-Drehung des Aufnehmers um seine Achse realisiert.

Durch die Einführung der neuen Messverfahren zur Verringerung des Einflusses von Störbewegungen des Beschleunigungserregers der Hochfrequenz-Beschleunigungs-Normalmesseinrichtung (HF-B-NME) gelang der PTB für die Kalibrierung von Beschleunigungsaufnehmer-Bezugsnormalen eine Erweiterung des Frequenzbereiches bis 20 kHz (bisher 10 kHz) bei gleichzeitiger Reduzierung der erweiterten Messunsicherheit von =2% auf =1% bei 20 kHz. Entsprechend angepasste CMC-Einträge wurden beim BIPM eingereicht und am 18.10.2005 bestätigt.

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