Logo der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt

Mathematische Auswerteverfahren zur zerstörungsfreien Vermessung von Nanostrukturen

Kategorien:
  • Metrologie für die Wirtschaft
17.03.2010

In der Halbleitertechnik und anderen modernen Technologiefeldern werden derzeit immer kleinere Strukturen eingesetzt. Damit können neue Produkte entwickelt oder der Gebrauchswert existierender Technologien bei gleichzeitiger Minimierung von Material- und Energieeinsatz verbessert werden. Schon heute werden in der PTB die neuen Messmethoden entwickelt, die in der Industrie zur Charakterisierung und Qualitätskontrolle von Nanostrukturen, d.h. Objekten mit Abmessungen kleiner 1/1000 Millimeter, erforderlich sind. Diese Methoden erfordern neben Bau, Konstruktion und Betrieb von hochpräzisen Messgeräten immer häufiger aufwändige mathematische Auswerteverfahren. Ein neue Methode zur zerstörungs- und kontaminationsfreien sowie schnellen Vermessung von Nanostrukturen ist die Scatterometrie, bei der an periodischen Nanostrukturen Licht gestreut und aus den Eigenschaften des gestreuten Lichtes indirekt auf die Abmessungen der Probe geschlossen wird. Dazu ist ein korrektes mathematisches Modell und ein so genanntes inverses Verfahren notwendig, bei dem aus den Messdaten (Streueffizienzen) auf die eigentlich interessierenden geometrische Größen zur Charakterisierung der Nanostrukturen geschlossen wird. Entwickelt wurde dieses Auswertungsverfahren von der PTB-Arbeitsgruppe Modellierung und Simulation in Zusammenarbeit mit Mathematikern am Weierstrass-Institut für Angewandte Analysis und Stochastik in Berlin sowie Experimentatoren der PTB Arbeitsgruppen Höchstauflösende Mikroskopie und EUV-Radiometrie. Die Gesamtkooperation ist Teil des BMBF-Verbundprojekts CDuR32.

Das klassische Verfahren zur Sichtbarmachung und Vermessung kleiner Strukturen ist die Mikroskopie. Optische Abbildungsverfahren sind zerstörungsfrei und sehr schnell. Das erreichbare Auflösungsvermögen ist jedoch durch die Wellenlänge des verwendeten Lichts begrenzt. Da die neuen nano-strukturierten Objekte viel kleiner sind als die Wellenlänge sichtbaren Lichtes, werden auch neue Messmethoden benötigt. Dabei werden entweder Licht viel kleinerer Wellenlänge oder nicht-abbildende Verfahren verwendet. Gegenstand dieser Untersuchungen sind z.B. Halbleiterfotomasken, auf denen Abmessungen von periodischen Linienstrukturen (Liniengittern) scatterometrisch bestimmt werden. Dazu wird sichtbare oder UV-Strahlung auf die Probe gerichtet und die räumliche Verteilung der gestreuten Strahlung gemessen (Abb. 1). Die PTB betreibt für diese Anwendung zwei verschiedene Scatterometer, die mit Licht verschiedener Wellenlängen arbeiten, ein so genanntes EUV-Scatterometer [1], welches bei Wellenlängen zwischen 12 und 14 Nanometern betrieben wird, und ein DUV-Scatterometer, das Licht einer Wellenlänge von 193 Nanometern verwendet [2]. Mit Hilfe komplexer mathematischer Modelle wird aus dieser Intensitätsverteilung die geometrische Form der Oberflächenstrukturen rekonstruiert [3,4]. Mathematische Modelle und ausführliche Berechnungen sind insbesondere auch notwendig, um die Präzision bzw. Messunsicherheit der gemessenen Strukturparameter anzugeben [4,5]. Untersuchungen der PTB-Arbeitsgruppe Modellierung und Simulation zeigen, dass Abmessungen im Bereich zwischen 50 – 500 Nanometern mit den in der PTB vorhandenen Instrumenten mit einer relativen Unsicherheit von weniger als 2 % bestimmt werden können. Erste Vergleiche der Resultate von EUV- und DUV-Scatterometrie ergeben zudem gute Übereinstimmung von unabhängigen Messungen an denselben Proben. Weitere Arbeiten mit Hilfe von Simulationen (virtuelles Experiment) zielen auf eine Optimierung der Messparameter ab [6], wie z. B. den Einfallswinkel θ des Lichts oder die Anzahl der notwendigen Messungen zur präzisen Rekonstruktion der Strukturen.

     

Abb. 1: (links) Messschema zur scatterometrischen Oberflächencharakterisierung. Typische Messobjekte sind Photomasken; Ergebnis einer Profilrekonstruktion (rechts): Für das berechnete optimale Profil werden die gemessenen mit den berechneten Streuintensitäten verglichen. Die minimalen Abweichungen zwischen berechneten und gemessenen Werten geben einen ersten Hinweis auf die Genauigkeit der bestimmten Parameter.



[1] C. Laubis, et al. (2006): Characterization of large off-axis EUV mirrors with high accuracy reflectometry at PTB, Proc. SPIE 6151, 61510I.

[2] M. Wurm, B. Bodermann; F. Pilarski (2007): Metrology capabilities and performance of the new DUV scatterometer of the PTB Proc. SPIE 6533, 65330H.

[3] R. Model, A. Rathsfeld, H. Groß, M. Wurm, B. Bodermann (2008): A scatterometry inverse problem in optical mask technology. J. Phys., 135, 012071.

[4] H. Gross, A. Rathsfeld, F. Scholze, M. Bär (2009): Profile reconstruction in EUV scatterometry: Modeling and uncertainty estimates. WIAS Preprint No. 1411(http://www.wias-berlin.de/main/publications/wias-publ/).

[5] H. Groß, A. Rathsfeld, F. Scholze, R. Model, M. Bär (2008): Computational methods estimating uncertainties for profile reconstruction in scatterometry. Proc. SPIE 6995, 6995OT.

[6] H. Groß, A. Rathsfeld (2008): Sensitivity Analysis for Indirect Measurement in Scatterometry and the Reconstruction of Periodic Grating Structures. Waves in Random and Complex Media, 18, 129.


Ansprechpartner:

Kontakt

Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Dr. Dr. Jens Simon

Telefon: (0531) 592-3005
E-Mail:
jens.simon(at)ptb.de

Anschrift

Physikalisch-Technische Bundesanstalt
Bundesallee 100
38116 Braunschweig