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Zwei Ringvergleiche zur Maßbandkalibrierung

Kategorien:
  • Abteilung 5
  • Internationale Angelegenheiten
09.11.2022

Maßbänder sind klassische und weit verbreitete Längenmessmittel, die im Alltag für viele Anwendungen auch im geschäftlichen Verkehr zur Anwendung kommen. Wegen Ihrer Bedeutung sind zum Beispiel die Genauigkeitsklassen dieser Instrumente in der europäischen Messgeräterichtlinie 2014/32/EU (MID) im Anhang X europaweit in drei Genauigkeitsklassen geregelt [1]. Die Rückführung und Prüfung unterliegt in Deutschland für den geschäftlichen Verkehr den Eichämtern. Im industriellen Einsatz im Rahmen des Qualitätsmanagements werden diese Instrumente in der Regel von Laboratorien rückgeführt, die dafür von der Deutschen Akkreditierungsstelle (DAkkS) akkreditiert sind. International bieten auch viele Nationale Metrologie Institute die Kalibrierung von Maßbändern an, deren Messergebnisse aufgrund der weltweit verteilten Fertigungsketten auch den lokalen Markt beeinflussen. Wichtig ist die Vergleichbarkeit all dieser Messungen. Dafür sind die Temperatur der Kalibrierung (20,0°C) sowie die anzulegende Spannkraft (bandabhängig, typischerweise 50 – 100 N) festgelegt. Trotzdem verbleiben bei den verschiedensten, z.T. sehr komplexen Methoden und bei dem nicht zu vernachlässigenden Einfluss der Messenden große Unsicherheitsquellen. Um die Vergleichbarkeit sicherzustellen, leitet die PTB als Pilotlabor zwei Ringvergleiche: einen nationalen im Rahmen des Deutschen Kalibrierdienstes DKD sowie einen internationalen im Rahmen der europäischen Metrologieorganisation EURAMET.

Im nationalen DKD Ringvergleich nahmen 15 deutsche Labore teil, darunter neben DAkkS-akkreditierten Laboratorien und solchen, die eine Akkreditierung anstreben, auch drei Eichämter. Die Messunsicherheiten dieser Labore ist angepasst an die Anforderungen der MID (Measuring Instruments Directive) mit im Durchschnitt etwa 50 µm und einem längenabhängigen Anstieg von ca. 20 µm/m. Die Messungen dieses Vergleichs wurden im Herbst 2021 und Frühjahr 2022 durchgeführt. Aufgeteilt in zwei Ringe musste jedes Labor zwei kommerzielle Bänder der Klasse I kalibrieren, eines mit lackierten, und eines mit geätzten Strichen. Die Auswertung dieses Vergleichs ist abgeschlossen, ein vertraulicher Entwurf des Abschlussberichts innerhalb der Teilnehmergruppe wurde verteilt. Er soll im Laufe des nächsten Jahres erscheinen.

Im internationalen Ringvergleich EURAMET.L-S27 nahmen 16 Institute teil, die der europäischen regionalen Metrologieorganisation EURAMET angehören, aber auch fünf Institute, die auf anderen Kontinenten beheimatet sind [2]. Diese Einrichtungen erreichen mit ihren aufwendigeren Messeinrichtungen typischerweise erweiterte Messunsicherheiten (Erweiterungsfaktor k=2) von ungefähr 15 µm und einen längenabhängigen Anstieg von wenigen Mikrometern/Meter Maßbandlänge. Als Messaufgabe waren zwei Präzisionsmaßbänder von 10 m und 50 m Länge, sowie ein kommerzielles Maßband der Klasse I zu kalibrieren. Die Werte wurden von der PTB gesammelt und zentral ausgewertet. Der Ringvergleich startete am 01. Januar 2018. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie und damit verbundene Einschränkungen im internationalen Warenverkehr erschwerten die Durchführung dieses aufwendigen Versuchs erheblich. So wurden die Bänder im Frühjahr 2020 mehrere Monate im Zoll eines Landes festgehalten. Mittlerweile sind aber alle Messungen abgeschlossen und ein erster interner Entwurf der Auswertung, der sogenannte Draft A, des Abschlussprotokolls wurde erstellt und verteilt. Der Abschlussbericht dieses Projekts soll im Lauf des nächsten Jahres veröffentlicht werden.

Auch wenn die konkreten Ergebnisse erst im nächsten Jahr veröffentlicht werden, so kann ein erstes Zwischenfazit gezogen werden. Die Maßbänder zeigten sich im Verlauf der Ringvergleiche erfreulich stabil. Viele Laboratorien konnten ihre behaupteten Messunsicherheiten in den Vergleichen bestätigen. Probleme scheint jedoch in einzelnen Fällen die korrekte Anbringung und Übertragung der Spannkraft zu bereiten. Auch sollte der Einfluss der Strichqualität des zu messenden Bandes auf die erreichbare Reproduzierbarkeit nicht unterschätzt werden. Die entsprechende Wiederholbarkeit sollte als Typ A Unsicherheit nach dem “Guide to the Expression of Uncertainty in Measurement“ (GUM) explizit experimentell ermittelt werden, wobei bei automatischer Stricherfassung eine leichte Variation des Ableseortes sinnvoll erscheint.

Zwei Bänder, ein kommerzielles 50 m Band und ein Präzisonsband von 10 m Länge liegen aufgewickelt im gepolsterten Transportkoffer des Ringvergleichs EURAMET.L-S27.
Zwei Prüflinge des internationalen Ringvergleichs für Maßbandkalibrierung EURAMET.L-S27 im Transportkoffer.


Literatur

[1] Richtlinie 2014/32/EU (2014) zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung von Messgeräten auf dem Markt (Neufassung) data.europa.eu/eli/dir/2014/32/oj
[2] Measurement of Steel Tapes of 10 m and 50 m - EURAMET [besucht am 9.11.2022]
[3] JCGM (2008) Evaluation of measurement data – Guide to the expression of uncertainty in measurement, JCGM 100:2008 www.bipm.org/en/committees/jc/jcgm/publications  

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