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Bildqualität in der Röntgentomografie – Entwicklung einer Messvorschrift

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23.12.2021

Ein Vorschlag des BfS für eine Messvorschrift zur Ermittlung einer Prüfvorschrift für die Bildqualität klinischer CT‑Systeme wurde in der Untergruppe UAG‑CT Dosis BQ der AG‑X (ehemals AK‑RöV) weiterentwickelt und erprobt. In enger Zusammenarbeit zwischen BfS und PTB wurde ein Auswerteverfahren etabliert, welches eine Gruppe von Daten zur Niedrigkontrast‑Detektierbarkeit zu einer Prüfgröße zusammenfasst.

Das Strahlenschutzgesetz fordert, dass bei der medizinischen Bildgebung mit ionisierender Strahlung die erforderliche Bildqualität mit möglichst geringer Exposition zu erzielen ist. Sachverständigen‑Richtlinie, Qualitätssicherungs‑Richtlinie und Normen enthalten derzeit keine Messvorschrift für die Niedrigkontrast‑Detektierbarkeit in der Röntgentomografie (CT). Der Grund dafür sind die neuen Bildrekonstruktionsverfahren für CT. Diese sind nichtlinear, wodurch etablierte Maße für die Bildqualität inadäquat geworden sind.

Ein Vorschlag des BfS für eine Messvorschrift zur Ermittlung einer Dosiseffizienz klinischer CT‑Systeme [1,2] wurde im UAG‑CT Dosis‑BQ (Unterausschuss des AG‑X, vormals AK‑RöV) diskutiert, weiterentwickelt und erprobt.

Für die Erprobung an zunächst drei CT‑Geräten unterschiedlicher Hersteller wurde das MITA‑Körperphantom CCT189 verwendet (The Phantom Lab, Salem, NY, USA), zusammen mit einem Abschwächer, der einen realistischen Körperumfang simuliert (siehe Abbildung 1). Für die Messungen wurde ein Protokoll zur Untersuchung des Oberbauchs (zum Beispiel Lebermetastasen) am CT verwendet. Bei drei unterschiedlichen Dosiswerten, ausgedrückt durch den CTDI (CT dose index, in mGy), wurden je 200 Bilder des Prüfkörpers aufgenommen. In einer Bildebene sind vier Kontrasteinsätze mit verschiedenen Durchmessern und Kontrasten zu sehen (oder auch nicht). Sowohl das Standard‑Rekonstruktionsverfahren (FBP, filtered back projection) als auch mindestens ein iteratives Verfahren je Hersteller wurden eingesetzt. Zur Ermittlung der Niedrigkontrast‑Detektierbarkeit d‘ wurde der etablierte CHO (channelised hotelling observer) verwendet, der den theoretisch optimalen linearen modellbasierten Beobachter (model observer) repräsentiert [3]. In enger Zusammenarbeit zwischen BfS und PTB wurde ein Auswerteverfahren etabliert, welches die Daten zu einer Prüfgröße zusammenfasst [4].

Prüfkörper und CT-Aufnahme des Prüfkörpers

Abbildung 1: Links: Der Prüfkörper MITA CCT189 zusammen mit einem Abschwächer mit Außendurchmesser von 32 cm auf der Patientenliege des PTB‑eigenen CT‑Gerätes; Rechts: eine CT‑Aufnahme der Anordnung mit hoher Dosis.

Je CT lagen bei Anwendung des Protokolls Daten für Niedrigkontrast‑Detektierbarkeit d‘ für vier Kontrasteinsätze, drei Dosiswerte und mindestens zwei Rekonstruktionsverfahren vor. Um die Daten zu einer Prüfgröße je Modalität (Gerät + Rekonstruktionsverfahren) zusammenzufassen, wurden die Niedrigkontrast‑Detektierbarkeit d‘‑Werte zunächst mittels Trapez‑Näherung über die Dosis integriert. Anschließend wurde ein gewichteter Mittelwert über die vier Kontrasteinsätze gebildet, wobei der Kehrwert des Produktes von Durchmesser und Kontrast als Gewicht verwendet wird. Die Unsicherheitsabschätzung wurde entsprechend dem Guide to the Expression of Uncertainty in Measurement (GUM und Supplement 1) [5,6] durchgeführt, wobei die Unsicherheit des gewichteten Mittels per Monte Carlo Rechnung [6] ermittelt wurde.

Ein Mittelwert für den CTDI wurde ebenfalls bestimmt. Von der Bildung eines Dosiseffizienz‑Index als Quotient aus Bildqualität und Dosis wurde abgesehen, da die Unsicherheit der Dosis unverhältnismäßig groß ist. Die Unsicherheit der Dosiseffizienz wäre durch die (zu große) Unsicherheit der Dosis bestimmt, wie die vorliegenden Daten zeigten.

Die Ergebnisse für den gewichteten Mittelwert d‘m, für die drei bisher untersuchten CT‑Systeme sind in Abbildung 2 dargestellt. Die x‑Achse gibt dabei das Gerät und das Rekonstruktionsverfahren an. Je Modalität wurden dabei zwei Datensätze erzeugt, um die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse einschätzen zu können.  Die Übereinstimmung zwischen den beiden Datensätzen ist dabei sehr gut. Insgesamt zeigt d‘m nur geringe Unterschiede zwischen FBP und iterativen Verfahren, mit Ausnahme des modernsten iterativen Verfahrens von CT 3.  Die Fehlerbalken repräsentieren das 90 %‑Überdeckungsintervall. Diese Wahl ergibt sich aus der Empfehlung der Strahlenschutzkommission für eine Abnahmeprüfung mit einseitiger Begrenzung [7,8]: Die Detektierbarkeit d‘ sollte einen Mindestwert nicht unterschreiten.

Diagramm Detektierbarkeit

Abbildung 2: Gewichteter Mittelwert der Detektierbarkeit d’m für drei verschiedene CT‑Geräte. Je Gerät wurden zwei nominell gleiche Datensätze mit FBP‑Rekonstruktion (FBP‑I und FBP‑S) und zwei bzw. vier nominell gleiche Datensätze mit iterativen Rekonstruktionsverfahren (IR*‑I bzw. IR*‑S) untersucht. Fehlerbalken geben das 90 %‑Überdeckungsintervall an, wobei eine Unsicherheit des  CTDI von 8 % angenommen wurde.

Am BfS wird zudem das Auswerteverfahren in der Sprache Python implementiert. Die Ergebnisse sollen zunächst mit den an der PTB mittels Matlab‑Software erhaltenen Ergebnissen verglichen werden. Die BfS‑Software soll alle Auswertungsschritte weitestgehend automatisiert ausführen. In einem nächsten Schritt sollen dann Daten einer großen Zahl von CT‑Geräten möglichst aller Hersteller gesammelt werden, um die „Massentauglichkeit“ des Verfahrens zu erproben und um einen sinnvollen (unteren) Schwellwert für d‘m für die Typprüfung ermitteln zu können.

Literatur

[1] de las Heras Gala, H. & Schegerer, A.: Konzept zur Charakterisierung klinischer CT‑Systeme unter Einbeziehung von Bildqualität und Dosis, (2019)

[2] Racine, D.; Viry, A.; Edyvean, S. & Verdun, F. R.: Konzepte zur Charakterisierung klinischer CT‑Systeme unter Einbeziehung von Bildqualität und Dosis --Vorhaben 3613S20007 
Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), (2017)

[3] Wunderlich, A., Noo, F., Gallas, B.D., Heilbrun, M.E.: Exact Confidence Intervals for Channelized Hotelling Observer Performance in Image Quality Studies, IEEE Transactions on Medical Imaging, 34 (2), (2015)

[4] Anton, M. und de las Heras Gala, H.: d‘m als Messgröße für die Typprüfung, verteilt im UAG‑CT Dosis‑BQ (Juli 2021)

[5] JCGM100, BIPM, Working Group 1 of the Joint Committee for Guides in Metrology (JCGM/WG 1): Evaluation of measurement data - Guide to the expression of uncertainty in measurement. GUM 1995 with minor corrections (2008)

[6] JCGM101, BIPM, Working Group 1 of the Joint Committee for Guides in Metrology (JCGM/WG 1): Evaluation of measurement data – Supplement 1 to the “Guide to the expression of uncertainty in measurement”. Propagation of distributions using a Monte Carlo Method (2008)

[7] JCGM106, BIPM Joint Committee for Guides in Metrology (JCGM 106): Evaluation of measurement data – The role of measurement uncertainty in conformity assessment (2012)

[8] Strahlenschutzkommission: Methodik zur Berücksichtigung von Messunsicherheiten bei messtechnischen Prüfungen im Geltungsbereich der Röntgenverordnung und der Strahlenschutzverordnung. Geschäftsstelle der Strahlenschutzkommission, (2016)

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