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Verzahnungskalibrierungen im Scanningmodus

Kategorien:
  • Abteilung 5
  • Metrologie für die Wirtschaft
06.07.2021

Verzahnungen sind dreidimensionale Maschinenelemente, deren Geometrieabweichungen häufig auf Koordinatenmessgeräten (KMG) ermittelt werden. Während die Teilungskennwerte und das diametrale Zweikugelmaß als Punktabstandsmaße erfasst werden, werden die Kenngrößen für Profil und Flankenlinie in Linien nach DIN ISO 1328-1:2018-03 mit mindestens 150 Punkten entlang der Evolvente bzw. der Helix gemessen.

Zur Rückführung der beiden letztgenannten Verzahnungskenngrößen sind die Messung und Auswertung der Winkel-, Form- und Gesamtabweichung in national und international gültigen Normen festgelegt. Das Messergebnis für jeden Verzahnungsparameter wird aus 24 Messungen in unterschiedlichen Lagen und Positionen im Messvolumen des KMGs bestimmt. Diese doch relativ zeitaufwändige Messstrategie hat den Vorteil, dass die Geometriefehler der Messgeräte größtenteils kompensiert werden. Die kleinsten angebbaren Messunsicherheiten konnten bisher jedoch nur erreicht werden, wenn die Messungen taktil in Einzelpunktantastung durchgeführt werden.

Seit einigen Jahren sind die Messgeräte hinsichtlich ihrer Sensorik stetig verbessert und der Forderung der Industrie nach kürzeren Messzeiten angepasst worden. Dieses Ziel ist in erster Linie durch scannende Messmethoden erreicht worden. Allerdings ging die kürzere Messzeit zu Lasten der Genauigkeit. Die Herausforderung beim Scannen liegt u. a. darin, die optimalen Scanparameter für den Messprozess zu finden. Im Zusammenspiel von Messgeschwindigkeit, Antastkraft und Filterung können unerwünschte dynamische Effekte dazu führen, dass beispielsweise existierende Formabweichungen nicht zuverlässig erkannt werden. Im Gegensatz dazu sollte das Filtern die Rauscheffekte minimieren. Des Weiteren können auch die Materialien der Tastelemente, in der Regel Kugeln, eine Rolle spielen. Hier bieten diamantbeschichtete Taster einen sehr viel geringeren Verschleiß als die gebräuchlichen Rubinkugeln.

Die Einführung der scannenden Messmethode wurde bei 29 Verzahnungskalibrierungen (einer Kombination von 23 Profilen und 26 Flankenlinien mit Schrägungswinkeln von 0 ° bis 45 °) an unterschiedlichen Verzahnungsnormalen getestet, optimiert und durch Vergleichsmessungen in bewährter Einzelpunktantastung verifiziert. Die Messergebnisse zeigen, dass sich bei der Scanningmethode sowohl für Profil- als auch für Flankenlinienkalibrierungen nahezu gleiche Standardabweichungen der einzelnen Messparameter erreichen lassen. Die Differenzen liegen im Bereich von ± 0,2 µm im Vergleich zu den Messergebnissen der Einzelpunktmessungen und sind damit in der gleichen Größenordnung wie die Reproduzierbarkeiten der KMGs. Die En-Wertberechnung (Maß für die Übereinstimmung von Messwerten unter Beachtung der angegebenen Messunsicherheiten) bestätigt die guten Messergebnisse für alle Verzahnungsparameter (siehe Abbildung 1). Lediglich bei den Formabweichungen (f) muss beachtet werden, dass bei der Scanningmethode, je nach Qualität der Flanke und hier insbesondere der Geradheit, die Filterung nach ISO 1328 1 eine deutliche Änderung des Messergebnisses bewirken kann (siehe Abbildung 2). Die Formabweichungen weisen bei den analysierten Kalibrierungen Unterschiede zwischen den Einzelpunktmessungen (ffα,EP) und den Scanningmessungen (ffα,scan) von bis zu 1,3 µm auf und liegen damit auch bei En-Werten > 1. Die Messmethode und die Parameter der Filterung werden in den Kalibrierscheinen eindeutig beschrieben, so dass die Voraussetzungen für eine reproduzierbare und zuverlässige Weitergabe der Messergebnisse gegeben sind. Die Zeitersparnis der Scanningmethode führt dazu, dass die zum 1. Februar 2019 in der PTB in Kraft getretene Gebührenerhöhung von 41 % für den Bereich der dimensionellen Messgrößen nahezu kompensiert werden konnte.


Diagramm der Bewertung der Kalibrierungen von Scanning- und Einzelpunktmessungen
Abbildung 1: En-Werte der Verzahnungskalibrierungen zur Verifikation von Scanning- und Einzelpunktmessungen

Diagramm vom Vergleich einer Messung der Profilformabweichung im Modus Einzelpunkt und Scanning
Abbildung 2: Profilmessung mit Formabweichungen für Einzelpunktmessverfahren (ffα,EP) und Scanningmessverfahren (ffα,scan)

 

Literatur

[1] M. Stein, A. Wedmann, S. Jantzen, K. Hierse, K. Kniel, Involute gear calibration using tactile CMMs in scanning mode, MST 31 (2020), 7, 1 – 12

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