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Weiterentwicklung des hochenergetischen Neutronenstrahls am iThemba LABS zu einem Neutronenreferenzstrahlungsfeld begonnen: Optimierung der Abschirmung des Neutronenproduktionstargets

Kategorien:
  • Abteilung 6
  • Jahresbericht-Nachricht
  • Grundlagen der Metrologie
23.12.2020

Die Weiterentwicklung des hochenergetischen Neutronenstrahls am iThemba LABS soll in einer Zusammenarbeit zwischen den europäischen Metrologieinstituten NPL, IRSN und PTB mit den südafrikanischen Partnern iThemba LABS, Universität Kapstadt und dem südafrikanischen Metrologieinstitut NMISA erfolgen. Dazu wurde im Januar 2019 eine erste Strahlzeit am Neutronenstrahl des iThemba LABS durchgeführt, bei der mit dem Bonnerkugel‑Spektrometer HERMEIS des IRSN die Verteilung des Neutronenuntergrunds für Neutronenenergien von 66 MeV und 200 MeV und die bisherige Abschirmungskonfiguration gemessen und somit dokumentiert wurde. Die Teams von NPL und IRSN haben diese Messungen inzwischen ausgewertet. Parallel dazu wurde ein Monte Carlo Modell der Neutronenstrahlanlage erstellt, um die Messergebnisse mit den mit dem Strahlungstransportcode MCNP6 berechneten Neutronenflussdichten zu verifizieren. Eine verbesserte Abschirmung könnte dann mit Hilfe von MCNP6 Rechnungen konzipiert werden. Abbildung 1 zeigt eine Aufsicht der Neutronenstrahlanlage mit einer Farbkodierung der verwendeten Abschirmmaterialien.

bisherige Abschirmung des Targets

Abbildung 1: Resultate der Untersuchung der bisherigen Abschirmung des Neutronenproduktionstargets gegen den Experimentierbereich der Neutronenstrahlanlage an iThemba LABS. Die Protonenstrahlenergie betrug 66 MeV und die Dicke des Lithiumtargets 8 mm. Die roten und schwarzen Histogramme zeigen die mit unterschiedlichen Vorinformationen aus den Daten des Bonner Kugel Spektrometer des IRSN gewonnenen spektralen Neutronenflussdichten. Die schwarzen Histogramme sind die Ergebnisse der Monte Carlo Simulationen mit MCNP6 für die Messpositionen #1 - #4.

 

Die Herausforderung bei solchen Abschirmberechnungen ist die hohe Abschwächung der Neutronenflussdichte hinter einer Abschirmung. So reduziert die 200 cm dicke Eisenabschirmung (hellblaue Fläche in Abbildung 1) zwischen Target- und Experimentierbereich die primäre Flussdichte der hochenergetischen Neutronen bei einem nicht‑elastischen Schwächungskoeffizienten von etwa 0,08 cm-1 um einen Faktor 10-7. Ein großer Teil der primären Neutronen wird aber durch inelastische Streuung und (n,xn) Reaktionen lediglich in niederenergetische Neutronen ‚umgewandelt‘, so dass die transmittierte totale Neutronenflussdichte hinter ein Abschirmung deutlich höher ist.

Die Modellierung des Strahlungstransport hinter solchen dicken Abschirmungen erfordert deshalb den Einsatz spezieller Monte Carlo Methoden zur Varianzreduktion sowie ausreichende Rechenleistung. Die in Abbildung 1 gezeigten Ergebnisse für einen 66 MeV Protonenstrahl und ein 8 mm dickes Lithium‑Neutronenproduktionstarget konnten deshalb nur durch Nutzung des High‑Performance Rechenclusters der PTB in Berlin‑Charlottenburg erzielt werden. Die Verhältnisse (C/E) der berechneten und gemessenen totalen Flussdichten von Untergrundneutronen variieren an den gezeigten Positionen zwischen 0,6 und 1,4. Das stellt angesichts der komplexen Geometrie und der massiven Abschirmungen eine gute Übereinstimmung dar. Eine wesentliche Ursache von Abweichungen dürfte auch die nicht genau genug bekannte Neutronenproduktion in dem als Strahlstopp (‚beam dump‘) für den 66 MeV Protonenstrahl dienenden Aluminiumblock sein. Hier wären verbesserte Wirkungsquerschnittsdaten für die Neutronenproduktion sehr hilfreich. Für den 200 MeV Neutronenstrahl ergaben sich C/E‑Werte zwischen 0.3 und 0.8. Wie bei 66 MeV trat dabei die größte Abweichung an Position #2 auf, die dem Aluminium‑Strahlstopp am nächsten liegt.

In der Zwischenzeit hat das lokale Team in Kapstadt einen Zyklotron‑Shutdown genutzt, um die Abschirmung des Neutronenproduktionstargets an den offensichtlich kritischen Stellen zu verstärken. Der Effekt der Änderungen sollte in einer Strahlzeit im Frühjahr 2020 untersucht werden, die aber leider wegen der Covid‑19 Pandemie auf unbestimmte Zeit verschoben werden musste. Simulationen der verbesserten Abschirmung zeigen, dass sich die Flussdichte der Untergrundneutronen um einen Faktor drei reduzieren sollte. Abbildung 2 zeigt die verbesserte Abschirmung im Bereich des Strahlstopps und des Zugangs zum Targetbereich.

 

verbesserte Abschirmung des Targets

Abbildung 2: Aktueller Aufbau mit der verbesserten Abschirmung des Targetbereichs.

 

Ansprechpartner:

Opens local program for sending emailR. Nolte, Fachbereich 6.4, Arbeitsgruppe 6.42

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