Logo der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt

Qualitätssicherung am Thermischen Neutronenreferenzstrahlungsfeld der PTB abgeschlossen

Kategorien:
  • Metrologie für die Gesellschaft
  • Abteilung 6
  • 6.4 Ionenbeschleuniger und Referenzstrahlungsfelder
  • Jahresbericht-Nachricht
20.12.2019

Die Charakterisierung des Referenzstrahlungsfeldes und die Arbeiten zur Qualitätssicherung in der Bestrahlungseinrichtung mit thermischen Neutronen der PTB sind abgeschlossen. Die PTB stellt damit ein stark thermalisiertes Neutronenreferenzstrahlungsfeld für die Charakterisierung und Kalibrierung von Neutronenmessgeräten und Strahlenschutzdosimetern zur Verfügung. Die Bestrahlungseinrichtung besteht aus sechzehn 241AmBe(α,n)-Quellen, die in einem Block aus hochreinem Graphit eingelassen sind, der als Moderator für die schnellen Neutronen aus den Radionuklidquellen dient.

Langsame Neutronen mit einer Energie von 25 meV werden thermische Neutronen genannt, da ihre kinetischen Energien mit den kinetischen Energien der Atome des umgebenden Materials im thermischen Gleichgewicht stehen. Zahlreiche Neutronenmessgeräte beruhen auf der Detektion von thermischen Neutronen und bestehen aus einem Moderator, der Neutronen abbremst und einem Detektor aus einem Material (z.B. 3He, 6Li, oder 10B) mit einem hohen Wechselwirkungsquerschnitt für Reaktionen mit thermischen Neutronen. Thermische Neutronenstrahlungsfelder sind damit wichtig für die Charakterisierung und Kalibrierung von Neutronenmessgeräten und Orts- und Personendosimetern.

Thermische Neutronenreferenzstrahlungsfelder entstehen, indem schnelle Neutronen, produziert durch Radionuklidquellen, Teilchenbeschleuniger oder Kernreaktoren moderiert werden. Abhängig von der Produktion und dem Aufbau unterscheiden sich die spektralen Neutronenflussdichten, der Anteil thermischer Neutronen im Strahlungsfeld und die Dosisleistungen. Weltweit stehen nur wenige thermische Referenzstrahlungsfelder zur Verfügung.

Das thermische Neutronenreferenzstrahlungsfeld der PTB besteht aus sechzehn 241AmBe(α,n)-Quellen, die in einem Moderatorblock aus hochreinem Graphit positioniert sind. Die gesamte Neutronenquellstärke der Quellen am Referenzdatum 01.01.2012 betrug (5,96 ± 0,14) ⋅ 107 s-1. Abbildung 1 zeigt den Graphitblock mit dem Moderatoraustrittsfenster mit einem Wasserphantom am Prüfort.

Abb. 1: Die Bestrahlungseinrichtung mit dem Graphitblock mit Abschirmung aus Borplastik und dem Moderatoraustrittsfenster mit einem Wasserphantom am Prüfort.

Zur Charakterisierung des Strahlungsfeldes wurden verschiedene Messungen durchgeführt. Die thermische Neutronenflussdichte wurde mithilfe von Goldaktivierungsmessungen bestimmt. Zur experimentellen Bestimmung der Energieverteilung wurden Messungen mit dem Bonnerkugel-Spektrometer NEMUS (Neutron Multisphere Spectrometer) der PTB durchgeführt. Die Photonenäquivalentdosisleistung wurde mit einem Geiger-Müller-Zähler bestimmt und durch Messungen mit Thermolumineszenz-Detektoren bestätigt. Zusätzlich wurden Monte Carlo-Rechnungen durchgeführt, um die Winkelverteilung der Neutronenflussdichte und die räumliche Verteilung der Äquivalentdosisleistung zu bestimmen und im Vorfeld, den Aufbau zu optimieren. Damit ist eine vollständige Charakterisierung des thermischen Referenzstrahlungsfeldes möglich.

Das Neutronenstrahlungsfeld ist stark thermalisiert, 98,4 % der Neutronenflussdichte werden durch thermische Neutronen bereitgestellt. Das entspricht einem Anteil von 86 % an der Äquivalentdosisleistung. Dies ist im Vergleich mit anderen thermischen Referenzstrahlungsfeldern ein sehr hoher Wert. Dabei ist aber die thermische Neutronenflussdichte mit φthermisch = (68,3 ± 1,9) cm-2s-1 und die thermische Äquivalentdosisleistung mit dH*(10)thermisch/dt =(2,78 ± 0,08) μSv h-1 eher gering.

Für Messinstrumente, die sehr sensitiv auf schnelle Neutronen sind, besteht die Möglichkeit eine weitere Messung durchzuführen. Dazu wird eine Cadmium-Platte vor das Moderatoraustrittsfenster montiert. Damit werden Neutronen unterhalb der sogenannten Cadmium-Schwelle (0,5 eV) aus dem Strahlungsfeld entfernt. Durch Bildung der Differenz kann das Ansprechverhalten eines Messgerätes auf ein rein thermisches Neutronenstrahlungsfeld bestimmt werden.

Zusätzlich wurden Messungen mit Transferinstrumenten des internationalen Vergleichs CCRI(III)-K8 zur Messung thermischer Neutronenfluenz, die an der PTB zur Verfügung stehen, durchgeführt. Die im Referenzstrahlungsfeldfeld bestimmten Ansprechverhalten stimmten innerhalb der Unsicherheiten mit den Schlüsselvergleichsreferenzwerten überein.

Abbildung 2 zeigt die berechnete und experimentell bestimmte Energieverteilung der Neutronenflussdichte für das Strahlungsfeld ohne und mit Cadmium-Platte. Die Winkelverteilung der Neutronenflussdichte ist in Abbildung 3 für das Feld ohne Cadmium-Platte dargestellt.

 

Abb. 2:   Die Energieverteilung der Neutronenflussdichte berechnet mit dem Monte Carlo Code PHITS für das Referenzstrahlungsfeld ohne und mit Cadmium-Platte und experimentell mit dem Bonnerkugel-Spektrometer NEMUS der PTB bestimmt für das Referenzstrahlungsfeld ohne Cadmium-Platte.

Abb. 3: Die berechnete Winkelverteilung der Flussdichte für Neutronen mit Energien kleiner und größer als 0,5 eV im Referenzneutronenstrahlungsfeld ohne Cad.

Die Arbeiten zur Qualitätssicherung der Bestrahlungseinrichtung wurden dieses Jahr abgeschlossen. Des Weiteren ist ein PTB-Bericht veröffentlicht worden, in dem die Charakterisierung des Strahlungsfeldes und die rückführbare Bestimmung der Referenzwerte für die thermische Neutronenflussdichte, den Anteil der schnellen Neutronen und die Photonen-Äquivalentdosisleistung ausführlich beschrieben ist [1].

Das thermische Neutronenreferenzstrahlungsfeld wurde bereits von verschiedenen Forschungsgruppen, Herstellern und Anwendern zur Charakterisierung oder Kalibrierung ihrer Neutronenmessgeräte und Dosimeter genutzt.

Ein Eintrag in die Calibration and Measurement Capabilities (CMC)-Datenbank des BIPM wird in Kürze angestrebt.

Literatur

(1)         M. Luszik-Bhadra, D. Radeck, M. Reginatto, H. Wershofen, M. Zbořil, A. Zimbal (2018) The PTB Thermal Neutron Calibration Facility, PTB-Bericht N-59, ISBN: 978‑3-95606-423-4.

Kontakt

Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Dr. Dr. Jens Simon

Telefon: (0531) 592-3005
E-Mail:
jens.simon(at)ptb.de

Anschrift

Physikalisch-Technische Bundesanstalt
Bundesallee 100
38116 Braunschweig