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Bestimmung fundamentaler Radionukliddaten mit MMCs

Kategorien:
  • Abteilung 6
  • 6.1 Radioaktivität
  • Jahresbericht-Nachricht
  • Grundlagen der Metrologie
20.12.2019

Abb.: MMC-Modul mit Aufhängung zur Vibrationsentkopplung

Nach der erfolgreichen Etablierung Metallisch-magnetischer Kalorimeter (MMCs) in der PTB werden die Tieftemperatur-Teilchendetektoren nun zur Messung fundamentaler Nukliddaten des Zerfalls durch Elektroneneinfang genutzt. Diese Ergebnisse erlauben die Reduktion von Unsicherheiten anderer Aktivitätsbestimmungsverfahren und dienen als Grundlage für neue theoretische Beschreibungen der Energiespektren.

Metallisch-magnetische Kalorimeter (MMCs) sind thermische Teilchendetektoren, die bei sehr tiefen Temperaturen (< 100 mK) betrieben werden und für viele fundamentale Messungen eingesetzt werden können. Seit einigen Jahren haben die Fachbereiche 6.1 „Radioaktivität“ und 7.6 „Kryosensorik“ gemeinsam mit Kooperationspartnern an der Universität Heidelberg und am LNHB (Frankreich) ein neues MMC-Detektorsystem aufgebaut und in Betrieb genommen, um es im Bereich der Radionuklidmetrologie einzusetzen. Bei den Messungen wird das zu untersuchende Radionuklid in einem Teilchenabsorber aus Gold eingeschlossen, um eine Detektionseffizienz nahe 100% zu erreichen. Die auf diesem Weg genauer gemessenen Energiespektren erlauben es die Unsicherheiten bei Aktivitätsbestimmungsmethoden (z.B. mit Flüssigszintillatoren) zu reduzieren und sie dienen als Grundlage, um theoretische Rechnungen zu validieren und zu verbessern.

Im Rahmen des bereits abgeschlossenen EMPIR Projektes MetroBeta wurde die nötige Hardware, Datenaufnahme und Analysesoftware auf einen Stand gebracht, der erfolgreiche Messungen von Energiespektren der Betastrahler 36Cl und 99Tc ermöglichte. Auch wenn das neue System noch nicht das volle Potenzial ausschöpft, zeigen sich bereits die Vorteile von MMCs: Neben einer hohen Energieauflösung bieten sie auch bei sehr niedrigen Energien (wenige keV) – dort, wo andere Detektoren bereits versagen – noch die Möglichkeit genau zu messen.

Im Rahmen des EMPIR Projektes MetroMMC stehen nun Radionuklide mit Elektroneneinfang im Fokus, was erhöhte Anforderungen mit sich bringt. Wesentliches Ziel der Experimente ist die Bestimmung der Wahrscheinlichkeiten für Elektroneneinfang aus unterschiedlichen Schalen des Atoms. Für die Messungen wurden Hard- und Software deutlich verbessert. Ein wesentlicher Schritt war dabei eine Vibrationsentkopplung (Abbildung), die störenden Erschütterungen vom Experiment fern hält ohne andere ungewollte Beeinträchtigungen mit sich zu bringen. Der Erfolg lässt sich mit deutlichen Verbesserungen in den gemessenen Energiespektren belegen.

Erst vor kurzem wurden die ersten Testmessungen an dem Elektroneneinfangsnuklid 65Zn durchgeführt. Die vielversprechenden vorläufigen Ergebnisse zeigen, dass die Energieauflösung nicht mehr durch den Aufbau des eigentlichen Messsystems oder durch die Analyse begrenzt ist, sondern durch die Einflüsse der radioaktiven Quelle selbst. Bisher werden die Quellen durch Auftropfen einer radioaktiven Lösung hergestellt. Auch wenn hier kleinste Tropfen von wenigen Pikolitern verwendet werden, bilden sich beim Eintrocknen kleine Kristalle, die einen Teil der Energie „verschlucken“. Die entstandenen dielektrischen Kristalle verursachen bei mK-Temperaturen damit ein unterschiedliches Thermalisierungsverhalten zwischen Röntgen- und Auger-Emissionen.

Daher wird nun nach neuen Quellherstellungsverfahren gesucht. Als alternative Präparationsmethode bieten sich die Elektrodeposition oder Ionenimplantation an, die beide sehr erfolgreich für vergleichbare Messungen an anderen Instituten eingesetzt wurden. Da diese Methoden für die zu untersuchenden Nuklide an der PTB noch nicht etabliert sind, werden diese gerade in Zusammenarbeit mit Partnern am LNHB und am NPL entwickelt.

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