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Rückgeführte Drehmomentmessung für die Windkraft

06.11.2018

Erstmalig wurde die Drehmomentmessung in einem Windenergieanlangen-Prüfstand auf das nationale Normal zurückgeführt. Anders als bei der klassischen statischen Drehmomentkalibrierung muss in einem Windenergieanlagen-Prüfstand das Drehmoment unter variierender Rotationsgeschwindigkeit kalibriert werden. Die ermittelte Anzeigeabweichung trägt zu einer verlässlichen Wirkungsgradbestimmung von Windenergieanlagen bei.

Die Zahl der Windenergieanlagen ist in den vergangenen Jahren weltweit gestiegen. Zur Gewährleistung von Effizienz und Zuverlässigkeit der Anlagen und einzelner Komponenten müssen sie ausgiebig getestet werden. Um bei diesen Tests unabhängig vom Wind zu sein, wurden in den vergangenen Jahren mehrere sogenannte Windenergieanlagen-Prüfstände gebaut. In diesen Prüfständen werden die Windenergieanlagen (Bild 1) ohne Rotor getestet, wobei der Wind durch rotatorischen Antrieb und zusätzliche Lasten mittels hydraulischer Systeme simuliert wird [1].

Zur Bestimmung der Effizienz einer Windenergieanlage muss nicht nur bestimmt werden, wie viel Strom am Ende produziert wird, es muss auch gemessen werden, wie viel rotatorische Leistung dafür aufgebracht werden musste. Diese Eingangsleistung kann entweder als elektrische Leistung über den Motorstrom oder als mechanische Leistung in Form des an der Nabe der Windenergieanlage auftretenden Drehmoments definiert werden. Die bisherige Wirkungsgradbestimmung ausschließlich über elektrische Leistungsmessung ist mit ± 5 % Abweichung auf Grund des komplexen Aufbaus eines Windenergieanlagen-Prüfstands weder präzise noch zuverlässig. Mit einer Kombination aus rückgeführter mechanischer Leistungsmessung direkt an der Nabe der Windenergieanlage und Messung der elektrischen Ausgangsleistung können Präzision und Zuverlässigkeit der Wirkungsgradbestimmung verbessert werden.

Im Rahmen einer Teilaufgabe des EMPIR Projekts „MN·m Torque“ wurde erstmals die Drehmomentmessung in einem solchen Prüfstand auf das nationale Normal rückgeführt. Dazu wurde ein 5 MN·m Transfernormal (Bild 2) entwickelt und etabliert. Die Größenordnung des auftretenden Drehmoments war jedoch nicht die einzige Herausforderung. Da das Drehmoment in Windenergieanlagen rotatorisch vorliegt, muss es auch unter Rotation gemessen werden. Die derzeit verfügbaren Normen zur Drehmomentkalibrierung berücksichtigen allerdings ausschließlich die statische Messung. Aus diesem Grund wurde ein Kalibrierablauf speziell für Windenergieanlagen-Prüfstände unter variierender Rotationsgeschwindigkeit entwickelt [2] und wurde praktisch auf dem Prüfstand des Center for Wind Power Drives der RWTH Aachen getestet. Damit wurde außerdem erstmalig die Drehmomentmessung im Messbereich bis 1,5 MN·m unter Rotation rückgeführt und die zugehörige Messunsicherheit bestimmt [3].

Ein Ergebnis des Projekts ist ein „Good Practice Guide“, in dem die Drehmomentkalibrierung unter Rotation in Windenergieanlagen-Prüfständen unter Einsatz von Transfernormalen im MN·m-Bereich beschrieben wird. Das entwickelte Transfernormal steht auch nach Abschluss des Projekts für Messungen zur Verfügung.

Bild 1 links: Windenergieanlage auf dem Prüfstand des Center for Wind Power Drives an der RWTH Aachen mit dem PTB Transfernormal. rechts: 5 MN·m Drehmomenttransfernormal inklusive Datenaufnahme- und Telemetriesystem für den Einsatz unter Rotation.

Literatur:

[1] G. Foyer, S. Kock 2017 Measurement uncertainty evaluation of torque measurements in nacelle test benches in Proc. of TC3 IMEKO, Helsinki, Finland, Opens external link in new windowLink
[2] P. Weidinger, G. Foyer, S. Kock, J. Gnauert, R. Kumme 2018 Development of a torque calibration procedure under rotation for nacelle test benches in IOP Conf. Series 1037, Opens external link in new windowLink
[3] P. Weidinger, G. Foyer, S. Kock, J. Gnauert, R. Kumme 2018 Procedure for torque calibration under constant rotation investigated on a nacelle test bench in Proc. of Sensoren und Messsysteme 2018, Nürnberg, Germany, Opens external link in new windowLink

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