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Dynamische Bestimmung von äquivalenten CT-Quellenmodellen für die personalisierte Dosimetrie

21.12.2017

Die computertomographische Bildgebung hat in den vergangenen Jahrzehnten eine rasante Entwicklung durchlebt und ist ein wichtiges Instrument der modernen Diagnostik. Heutige Verfahren zur Berechnung der effektiven Dosis des Patienten in der CT tragen diesen Entwicklungen, wie z. B. Mehrschicht- und Fächerstrahlaufnahmen oder Röhrenstrommodulation, nicht Rechnung.  Die Dosimetrie basiert auf phantombezogene Messgrößen, aus denen mit berechneten Konversionsfaktoren für Standardpatienten und einem Referenzscanner die effektive Dosis abgeschätzt wird. Diese Art der Abschätzung berücksichtigt auch keine patientenspezifischen Besonderheiten wie Größe und Gewicht, was zusammengenommen zu großen Unsicherheiten führt. Im Rahmen des EMPIR Projektes „Metrology for multi-modality imaging of impaired tissue perfusion“ (15HLT05) wurde die Erarbeitung einer personalisierten Dosimetrie für die Computertomographie als ein Arbeitspaket definiert. Damit werden die bereits an der PTB begonnenen Arbeiten auf diesem Gebiet fortgesetzt, um die Unsicherheiten in der Bestimmung der effektiven Dosis des Patienten zu verringern und die Messtechnik für den klinischen Einsatz zu erweitern. In einem neuen Verfahren werden die vom Patienten aufgenommenen Schnittbilder in Kombination mit Scanner-spezifischen Kenngrößen als Parameter einer Monte-Carlo Simulation verwendet, um die Dosis im Gewebe des Patienten zu berechnen. Unter Verwendung kommerziell erhältlicher Software (z.B. das ImpactMC Simulationspaket der Firma CT Imaging) lässt sich in kürzester Zeit eine Simulation der Dosisverteilung anhand von CT-Aufnahmen erzeugen. Für eine korrekte Berechnung müssen jedoch wichtige gerätespezifische Kenngrößen experimentell ermitteln werden. Dazu zählen das charakteristische Photonenfluenzspektrum der verwendeten Röntgenröhre sowie die Schwächungseigenschaften der eingebauten Strahlungsformfilter. Obwohl üblicherweise zumindest Informationen zum Material der Röhre, dem Anodenwinkel und der Wert der verwendeten Hochspannung dem Nutzer zugänglich sind, fehlen jedoch meist Informationen zur inneren Filterung, verursacht unter anderem durch das Röhrengehäuse, welche das Spektrum verändert. Die Größe dieser Filterung muss experimentell bestimmt werden, bevor ein Fluenzspektrum berechnet werden kann. Die Strahlungsformfilter dienen der Anpassung der Strahlungsintensität entlang des Patientenprofils. Im Kopfbereich wird z. B. ein schmaleres Feld benötigt als am Torso. Durch Verwendung speziell geformter Filter lässt sich dadurch die Strahlungsbelastung des Patienten reduzieren und die Überbelichtung der Detektoren im CT verhindern. Die Geometrie der verwendeten Filter und die verwendeten Materialien unterliegen aus Wettbewerbsgründen der Geheimhaltung, sodass die Schwächung experimentell bestimmt werden muss. Aus den Schwächungseigenschaften lässt sich dann ein äquivalenter Formfilter aus passendem Material berechnen, der in der Dosis-Simulation verwendet wird. Unter Berücksichtigung publizierter Verfahren zur Bestimmung dieser spezifischen Werte [1, 2] wurden im Rahmen des Projektes diese Techniken verbessert, sodass sie in klinischer Umgebung anwendbar sind. Hierbei spielen insbesondere die Messdauer und der Installationsaufwand der Messausrüstung eine erhebliche Rolle, die man so gering wie nur möglich halten möchte. Die Bestimmung des Photonenspektrums geschieht über die Messung der Halbwertsschichtdicken, wobei in herkömmlichen, zeitintensiven Verfahren die Strahlungsintensität als Funktion steigender Aluminiumfilterdicken im Service Mode des CT Scanners bestimmt wurde. In diesem Modus, dessen Verwendung im allgemeinem dem Service Techniker vorbehalten ist, befindet sich die Röntgenröhre in einer festen Position und rotiert nicht wie im üblichen Standard Scan Modus um das Isozentrum der Gantry. Mit einer veränderten Prozedur und einem speziellen Messaufbau ist es jedoch möglich die Schwächungswerte in einem helikalen Scan Modus mit rotierender Röntgenröhre zu erhalten, wobei die reine Messdauer auf wenige Minuten reduziert wird. Für die Durchführung ist außerdem kein Service Techniker notwendig, sondern kann von eingewiesenem Klinik-Personal durchgeführt werden. Dieses Verfahren lässt sich auch mit bekannten Techniken zur Bestimmung der äquivalenten Strahlungsformfilter kombinieren (COBRA-Methode [2]), sodass alle notwendigen Daten für die vollständige Charakterisierung des Computertomographen mit einem einzigen Messaufbau innerhalb kürzester Zeit gewonnen werden können. Unter Verwendung des PTB-eigenen Forschungs-CTs wurde ein Prototyp der Ausrüstung sowie die notwendige Software zur Datenanalyse erprobt und verfeinert [3]. Weiterhin wurde das System bereits am Klinikum Braunschweig erfolgreich in klinischer Umgebung getestet, sodass bereits äquivalente Quellenmodelle von zwei CT-Typen verschiedener Hersteller für vergleichende Untersuchungen vorliegen. Anschließend werden Dosis-Simulationen unter Verwendung der ermittelten Scanner-spezifischen Daten auf ihre Genauigkeit getestet, indem die Ergebnisse aus den Simulationen mit Messungen der Dosis in anthropomorphen Phantomen verglichen werden. Im weiteren Projektverlauf wird die Messmethode beim Projektpartner am HUS Medical Imaging Centre in Helsinki für verschiedenen CT Typen weiter untersucht.

Literatur

  1. B. Alikhani und L. Büermann:
    Non-invasive experimental determination of a CT source model,
    Phys. Med. 2016 Jan; 32(1):59-66.
  2. J. M. Boone:
    Method for evaluating bow tie filter angle-dependent attenuation in CT: Theory and simulation results,
    Med. Phys. 37, 40 (2010).
  3. S. Rosendahl und L. Büermann:
    Dynamic determination of equivalent CT source models for personalized dosimetry,
    Current Directions in Biomedical Engineering, 3(2), pp. 791-794 (2017)

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