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Luftdruck – ein unterschätzter Einflussfaktor in der Winkelmessung mit Autokollimatoren

06.12.2017

Autokollimatoren (AK) ermöglichen die berührungslose Messung der Neigungswinkel optischer Flächen (Reflektor). Dabei wird der Winkel des reflektierten Messstrahls durch das AK-Objektiv in eine örtliche Verschiebung des Messmarkenbildes auf einem Detektor übersetzt, welche – über die Objektivbrennweite – von der Luftbrechzahl beeinflusst wird.

Wie neue Untersuchungen zeigen, kann der Einfluss von Änderungen der Luftbrechzahl auf die Winkelmessung mit AK nicht mehr vernachlässigt werden. Diese werden durch Änderungen der Umweltbedingungen (Luftdruck und -feuchte, Temperatur) verursacht. Dabei ist insbesondere der Einfluss des Luftdruckes hervorzuheben, welcher nicht nur natürlichen Schwankungen unterworfen ist, sondern auch höhenabhängig ist. Im Gegensatz dazu werden Temperatur und Luftfeuchte in klimatisierten Laboratorien präzise geregelt und damit nahezu konstant gehalten. Beide Einflussgrößen auf den Luftdruck – Wetter und geographische Höhe – sind beim Vergleich von Kalibrierungen an unterschiedlichen Standorten, beispielsweise bei Maßvergleichen, sowie bei der Anwendung von AK generell zu berücksichtigen. Die PTB und das CMI, Tschechien, haben im Rahmen des Maßvergleichs EURAMET.L-K3.2009 hierfür geeignete Strategien entwickelt, sowohl die Korrektur der Messergebnisse als auch die Evaluierung der Messunsicherheit betreffend [1].

So zeigen Umweltdaten, welche 2015 im Reinraumzentrum der PTB im Abstand von 5 min erhoben wurden, eine Temperaturspanne von 0,06 Grad Celsius, eine Luftdruckspanne von 69 hPa, und eine Spanne für den Partialdruck des Wasserdampfs von 5,7 hPa. Aus den genannten Parametern resultieren Änderungen in der Luftbrechzahl in der Größenordnung von 0,06 ppm, 20 ppm, und 0,2 ppm. Die Zahlen demonstrieren den dominanten Einfluss des Luftdrucks, welcher den der anderen Parameter um mindestens zwei Größenordnungen übersteigt.

Modellierungen von AK ergaben, dass der Fehler in der Winkelmessung proportional zum Winkel selbst ist und linear mit dem Luftdruck ansteigt. Darüber hinaus skaliert er auch mit der Distanz zwischen dem AK und dem Reflektor in Relation zur Objektivbrennweite des AK [1].

Abbildung 1 und 2 demonstrieren den Einfluss wetterbedingter Luftdruckschwankungen auf die Winkelmessung mit einem AK des Typs „Elcomat 3000“von Möller Wedel Optical. Um die Druckeinwirkung deutlicher sichtbar zu machen, wurde eine Reflektordistanz von = 1700 mm gewählt, so dass D/f0 = 5,7, wobei f0 = 300 mm die Brennweite des AK ist. Abbildung 1 zeigt den Luftdruck (oben) und die Steigung der AK-Messabweichung (unten) als Funktion der Zeit. Abbildung 2 zeigt die Steigung als Funktion des Druckes. Ein Gerade (blau) repräsentiert die Sensitivität der Winkelmessung bezüglich Druckvariationen.

Die Drucksensitivität wurde am AK-Modell mittels Raytracing und analytischer Ableitung charakterisiert und durch umfangreiche experimentelle AK-Untersuchungen mit mehreren Winkelreferenzsystemen an der PTB und am CMI eingehend untersucht. Der relative Fehler in der Winkelmessung mit dem untersuchten AK des Typs „Elcomat 3000“ beträgt demnach ca. 0,8 ppm/hPa multipliziert mit D/f0.
Simultan gemessene Änderungen des Luftdrucks und der Steigung
Abb. 1. Simultan gemessene Änderungen des Luftdrucks (oben) und der Steigung der AK-Messabweichung (unten) als Funktion der Zeit. Um die Druckeinwirkung deutlicher sichtbar zu machen, wurde eine Reflektordistanz von D = 1700 mm gewählt, so dass D/f0 = 5,7, wobei f0 = 300 mm die AK-Brennweite darstellt. Die Druckeinwirkung skaliert mit D/f0.


s.o. Steigung als Funktion des Drucks
Abb. 2. Die Graphik zeigt die Daten aus Abb. 1 in Form der Steigung der AK-Messabweichung als Funktion des Druckes. Ein Gerade (blau) repräsentiert die Sensitivität der Winkelmessung mit dem AK bezüglich der Druckschwankungen.

Literatur

[1] Ralf D. Geckeler, Petr Křen, Andreas Just, Matthias Schumann, and Michael Krause (2017), Influence of the air’s refractive index on precision angle metrology with autocollimators, Measurement Science and Technology, submitted

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