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Molekularbiologische Messverfahren zum Nachweis von Krankheitserregern

Arbeitsgruppe 8.33

Grundlagen der digitalen PCR

Einleitung

Krankmachende (pathogene) Keime, wie Viren oder Bakterien, enthalten Genmaterial, durch das sie identifiziert werden können. Das gibt einen wichtigen Hinweis bei der Diagnose von Infektionskrankheiten. Eine Möglichkeit dieses Genmaterial spezifisch nachzuweisen basiert auf der Polymerase-Kettenreaktion (PCR). Die digitale PCR erlaubt nicht nur den Nachweis. Auch die Konzentration an krankmachenden Keimen kann bestimmt werden. Diese Information kann für Diagnose und Verlaufskontrolle von Krankheiten eingesetzt werden.

Nukleinsäure-Amplifikation- Test

Nukleinsäure-Amplifikation-Tests (Nucleic Acid Amplification Test, NAAT) sind sensitive Methoden zum Nachweis von Krankheitserregern. Die klassische Methode benutzt die Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR) zur Vervielfältigung einer bestimmten Sequenz von Nukleinsäuren. Die Reaktionsmischung enthält eine Anzahl von Komponenten. Dazu gehört u.a. die Original-DNA mit dem zu vervielfältigenden Abschnitt (Template), zwei Primer und ein Enzym (Taq Polymerase). Die Reaktion wird in thermischen Zyklen angetrieben. Die Vervielfältigung wird zumeist durch Fluoreszenzsignale gemessen.

Normalerweise wird die DNA-Menge durch Kalibration mit einem DNA Standard quantifizierbar (quantitative PCR, qPCR). Ein besonderer Vorteil der digitalen PCR (s.u.) ist, dass kein Kalibriermaterial benötigt wird.

Die PCR kann nur DNA vervielfältigen (z. B. von Bakterien). Einige Viren enthalten nur RNA (z.B. HIV-, SARS-CoV-2-Viren). Der Nachweis von RNA erfordert zuerst die Umschreibung in „copy DNA“ (reverse Transkription). Dieser zusätzliche Schritt wird häufig in einer separaten Reaktion durchgeführt. Er kann aber auch in die PCR Reaktion integriert werden (einstufiger Ansatz).

Manche Anwendungen erfordern schnelle Nukleinsäure-Tests für Pathogene, die in Routine-Laboren durchgeführt werden können. Eine potentielle Technologie ist LAMP (Loop-mediated isothermal AMPlification). Hierbei handelt es sich um eine isotherme Methode für die DNA-Vervielfältigung. Daher sind thermische Zyklen nicht erforderlich. Darüber hinaus verwendet LAMP 4 bis 6 Primer für die Verstärkung, was die Spezifität der Vervielfältigung verbessert. Das Reaktionsschema ist komplex. Detektion der RNA von Pathogenen mit einem einstufigen Ansatz ist möglich.

 

Konzentrationsmessung mit digitaler PCR

Der Ansatz der digitalen PCR ist es, die Reaktion auf eine große Anzahl kleiner Partitionen gleicher Größe aufzuteilen. Die Konzentration wird so gewählt, dass im Mittel weniger als eine Kopie der gesuchten Gensequenz in einer Partition ist. Die PCR wird dazu benutzt die negativen und positiven Partitionen zu unterscheiden. Für die Konzentrationsbestimmung werden positive und negative Partitionen ausgezählt. Wegen der Zählstatistik wird mit gewisser Wahrscheinlichkeit trotzdem manchmal mehr als eine Kopie in einer Partition sein. Dieser Effekt wird durch die Anwendung der Poisson-Korrektur berücksichtigt. Dies erlaubt die Anzahl der Kopien der gesuchten Gensequenz zu bestimmen.

Das Gesamtvolumen aller Partitionen wir benötigt, um die Konzentration abschließend zu bestimmen. Für einige digitale PCR-Geräte ist das Volumen durch die mechanischen Abmessungen im Gerät gegeben. In letzter Zeit werden häufig Tröpfchen-in-Öl Suspensionen für die digitale PCR verwendet. Die Tröpfchen werden in mikrofluidischen Systemen erzeugt. Die Größe der Tröpfchen kann durch optische Mikroskopie bestimmt werden.

Die digitale PCR benötigt kein Kalibrationsmaterial für die Bestimmung der Konzentration von Pathogenen. Daher ist sie potentiell als primäres Referenzmessverfahren geeignet. Auch neuartige Pathogene können deswegen einfacher quantifiziert werden.

Zwei Nukleinsäure-Sequenzen können gleichzeitig in einer Reaktion vervielfältigt werden (Duplex-Assay). Die beiden Sequenzen können zum Beispiel verschiedene Bakterien oder Viren detektieren. Alternativ kann die zweite Sequenz zum Nachweis von Mutationen benutzt werden. Der Nachweis der Sequenz erfolgt über spezifische Fluoreszenzsignale. Im Duplex-Assay werden zwei verschiedene Fluoreszenzfarbstoffe eingesetzt. Typische Kombinationen sind die Farbstoffe FAM/HEX oder FAM/VIC. Das Messergebnis ist ein 2-dimensionales Streudiagramm, in dem für jedes Tröpfchen das FAM Fluoreszenzsignal über dem HEX Fluoreszenzsignal aufgetragen ist.

Die Abbildung zeigt ein Beispiel für SARS-CoV-2. Die Tröpfchen können vier Gruppen zugeordnet werden: nur FAM positiv (HEX negative); nur HEX positiv; doppelt positiv (HEX und FAM); und doppelt negativ. Die Verteilung der Nukleinsäure-Sequenzen ist zufällig und folgt der Poisson-Statistik.