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Eine neue Maßzahl für das Rauschen in klinischen Röntgen-Bildern am Beispiel der Mammographie

21.12.2022

Moderne Bildbearbeitungs- und Rekonstruktionsverfahren verlangen nach Bildqualitätsmaßen, die ohne die Voraussetzung eines linearen, verschiebungsinvarianten Systems auskommen. Derzeit entwickelt die Arbeitsgruppe 6.24 „Medizinische Bildgebung“ - zusammen mit externen Kooperationspartnern - Alternativen zu etablierten Qualitätsmaßen. Als erster Baustein wird an dieser Stelle eine nichtparametrische statistische Größe zur Quantifizierung des Rauschens in klinischen Bildern vorgestellt, anhand einer Belichtungsreihe eines anthropomorphen Phantoms für die Mammographie.

Das neue Maß < t > für das Rauschen, der mittlere Schwellwert, basiert auf Arbeiten von Obuchowicz et al. (2020) [1] und Bielecka et al. (2020) [2], die einen ähnlichen Ansatz für MRT‑Bilder vorgeschlagen haben: Für ein Bild wird die Anzahl an Bildpunkten ermittelt, deren Grauwert um mindestens t von allen 8 nächsten Nachbarbildpunkten abweicht. Dabei wird t schrittweise von 0 bis zu einem Maximum erhöht und die jeweilige Anzahl n(t) bestimmt. Unsere neu entwickelte Maßzahl < t > ergibt sich dann aus dem mit n(t) gewichteten Mittelwert von t. Für Rauschen mit einer Standardabweichung s ist < t > proportional zu s. Der Proportionalitätsfaktor hängt von der Kovarianz des Rauschens ab. Dies ist in Abbildung 1 für (simuliertes) Rauschen mit Kovarianz‑Halbwertsbreiten zwischen 0,1 px und ca. 5 px illustriert (px steht für Bildpunkte beziehungsweise Pixel).

Anders als bei der Bestimmung des Rauschens in herkömmlichen Verfahren muss hier kein unstrukturierter Untergrund vorausgesetzt werden, das heißt das Rauschen kann direkt aus einer diagnostischen Aufnahme entnommen werden. Die Voraussetzung dafür ist derzeit, dass die Kovarianz des Rauschens relativ schnell mit dem Abstand zwischen den Bildpunkten abfällt; eine Voraussetzung, die für die Mammographie mit einer Halbwertslänge der Kovarianz von ca. 0,5 px, gut erfüllt ist. An einer Erweiterung des Verfahrens für Rauschen mit längerreichweitiger Kovarianz (zum Beispiel in der Röntgentomographie mit ca. 1‑4 px, abhängig vom Bild‑Rekonstruktionsverfahren) wird aktuell gearbeitet.

Als Anwendungsbeispiel sind in Abbildung 3 die Ergebnisse aus einer Belichtungsreihe eines anthropomorphen Brustphantoms [3] dargestellt, welche am Referenzzentrum Mammographie SüdWest in Gießen aufgenommen wurde (Siemens Mammomat Inspiration mit Wolfram‑Röhre und Rhodium‑Filter (W/Rh) bei 27 kVp). Um die neue Größe in Relation zu etablierten Maßen setzen zu können, wurden zudem Ausschnitte der Bilder mit simulierten Mikrokalzifikationen ergänzt und mit modellbasierten Beobachtern (CHO, channelised Hotelling observer [4] und RDI, regression detectability index [5]) ausgewertet.

In Abbildung 3 sind oben links die Werte für die Detektierbarkeit d‘ der beiden modellbasierten Beobachter und oben rechts der Kehrwert < t >-1 von < t > dargestellt, beide als Funktion des Strom‑Zeit‑Produktes in mAs. Dies ist sinnvoll, da in der Regel ein geringeres Rauschen als Zeichen besserer Bildqualität gewertet wird. Der untere Teil der Abbildung zeigt die (lineare) Korrelation zwischen d‘ und <t>-1. Damit wird deutlich, dass < t >-1 proportional zu einem etablierten Qualitätsmaß (der Detektierbarkeit d‘) ist. Der Wert des Proportionalitätsfaktors hängt von Größe und Kontrast der untersuchten (simulierten) Läsion ab.

Mit der vorgeschlagenen Messgröße < t > steht damit ein Maß für das Rauschen zur Verfügung, welches direkt aus Mammographie-Bildern gewonnen werden kann [6].

 Exponenziell korreliertes Rauschen

Abbildung 1: Oben, von links nach rechts: exponenziell korreliertes Rauschen, Halbwerts‑Länge der Kovarianz x1/2 von 0,1 px bis 5,18 px; Unten: Verhältnis von < t > zur Standardabweichung s des Rauschens als Funktion von x1/2

 

 Mammographie-Aufnahme

Abbildung 2: Mammogramm eines 3D‑gedruckten Brustphantoms

 

 Detektierbarkeit 3 Diagramme

Abbildung 3: Oben, links: Detektierbarkeit d‘ für zwei modellbasierte Beobachter (CHO und RDI) als Funktion des Strom‑Zeit Produktes in mAs; Oben, rechts: < t >-1 als Funktion des Strom‑Zeit‑Produktes; Unten: < t >-1 als Funktion von d‘

Literatur

[1]        Obuchowicz, R et al: Magnetic resonance image quality assessment by using non‑maximum suppression and entropy analysis. (2020) Entropy, Vol. 22, No.2, p.220

[2]        Bielecka, M et al: Universal Measure for Medical Image Quality Evaluation Based on Gradient Approach. (2020) Proceedings of the International Conference on Computational Science, p 406-417

[3]        Schopphoven, S et al.: Breast phantoms for 2D digital mammography with realistic anatomical structures and attenuation characteristics based on clinical images using 3D printing. (2019) Physics in Medicine & Biology, Vol. 64, No. 21

[4]        Wunderlich, A et al: Exact Confidence Intervals for Channelized Hotelling Observer Performance in Image Quality Studies. (2015) IEEE Transactions on Medical Imaging, Vol 34, No. 2, p. 453-464

[5]        Anton, M et al: The regression detectability index RDI for mammography images of breast phantoms with calcification-like objects and anatomical background. (2021) Physics in Medicine & Biology, Vol. 66, No. 22

[6]        Anton, M et al:  A nonparametric measure of noise in x-ray diagnostic images – Mammography. Submitted to Physics in Medicine & Biology

Ansprechpartner

Opens local program for sending emailM. Anton, Fachbereich 6.2, Arbeitsgruppe 6.24