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Untersuchung von Ionisationskammer-Messsystemen für Aktivitätsbestimmungen in der Nuklearmedizin und der Metrologie

01.07.2011

Ziel des Forschungsvorhabens mit dem Titel "Aktivitätsbestimmung mit Aktivimetern in den Bereichen Nuklearmedizin und Metrologie" war eine systematische Untersuchung von Ionisationskammer-Messsystemen der Firma MED Nuklear-Medizintechnik Dresden GmbH, welche insbesondere für Aktivitätsmessungen in der Nuklearmedizin eingesetzt werden. Darüber hinaus wurde ein möglicher Einsatz solcher Apparaturen für Sekundärnormalmessungen im Bereich der Radionuklidmetrologie untersucht [1].

Für die Untersuchungen wurden drei Ionisationskammern für etwas mehr als zwei Jahre zur Verfügung gestellt. Zwei der Kammern sind baugleich und ermöglichen damit Aussagen zur Exemplarstreuung des Ansprechvermögens. Das Ansprechvermögen aller Ionisationskammern wurde durch Messungen von Referenzquellen der langlebigen Radionuklide 137Cs und 226Ra über den gesamten Zeitraum des Projekts untersucht. Dabei ergab sich eine sehr gute Langzeitstabilität, welche eine grundlegende Voraussetzung für die langfristige Verwendung von Kalibrierfaktoren ist. Zwar können durch Relativmessungen mit langlebigen Referenzstrahlern geringe Schwankungen teilweise kompensiert werden, bei deutlichen Schwankungen des Ansprechvermögens, etwa durch geringen Druckverlust, gelingt dies aber nur eingeschränkt und höhere Unsicherheiten sind die Folge [2].

Die drei Messsysteme wurden auch hinsichtlich ihrer Linearität bei Aktivitätswerten über etwa vier Größenordnungen untersucht. Solche Untersuchungen sind mit Quellen des kurzlebigen Radionuklids 99mTc möglich und sollten als Bestandteil einer guten Qualitätssicherung etwa zweimal jährlich erfolgen. Bei den Untersuchungen kamen unterschiedliche Elektrometer zum Einsatz.

Ein zentraler Aspekt des Projekts war die Messung von Lösungen zahlreicher Radionuklide zur experimentellen Bestimmung von Kalibrierfaktoren. Dafür wurden Aktivitätsnormale der PTB von 40 verschiedenen Radionukliden eingesetzt. Die Aktivitäten dieser Normale wurden jeweils mit kleinen Unsicherheiten bestimmt und können auf Primärnormale der PTB zurück geführt werden. Zahlreiche der verwendeten Radionuklide wurden erst kürzlich im Rahmen von internationalen Vergleichsmessungen untersucht, wodurch die PTB den Nachweis für entsprechende Kalibrier- und Messfähigkeiten erbringt [3, 4]. Die PTB verfügt durch die besondere Vielfalt der Radionuklide sowie durch die sehr kleinen Unsicherheiten bei den Aktivitätsmessungen über einzigartige Möglichkeiten, die eine wesentliche Grundlage für das Projekt darstellen.

Die experimentell bestimmten Kalibrierfaktoren wurden schließlich auch zur Etablierung von energieabhängigen Kurven für das Ansprechvermögen der Ionisationskammern verwendet. Unter Berücksichtigung von Energien und Emissionswahrscheinlichkeiten der emittierten Photonen- und Betastrahlung kann so das Ansprechvermögen von weiteren Radionukliden berechnet werden.

Die benötigten Radionukliddaten wurden aus aktuellen Datenevaluationen übernommen. Dazu mussten tausende von Zahlen in entsprechende Aus den durch Ausgleichsrechnungen gewonnenen energieabhängigen Kurven des Ansprechvermögens konnten Kalibrierfaktoren für weitere Radionuklide abgeleitet werden. Damit werden Aktivitätsmessungen möglich, selbst wenn keine entsprechenden Aktivitätsnormale zur Verfügung stehen. Besonders nützlich ist dies, um das Ansprechvermögen von Radionukliden zu berechnen, die als Verunreinigungen in anderen Lösungen vorkommen und damit eine Korrektion des gemessenen Ionisationsstroms erfordern. Im Rahmen dieses Projekts wurden die von Švec und Schrader [5, 6] erfolgreich entwickelten Verfahren zur Bestimmung des energieabhängigen Ansprechvermögens erweitert und nochmals verbessert. Es zeigte sich insbesondere, dass die Ergebnisse deutlich verbessert werden, wenn geeignete Gewichtsfaktoren zur Berücksichtigung der unterschiedlichen Unsicherheiten der experimentell bestimmten Kalibrierfaktoren sowie der Unsicherheiten der entsprechenden Emissionswahrscheinlichkeiten verwendet werden. Für die 511 keV Photonen aus der Vernichtungsstrahlung wurde das Modell ebenfalls erweitert, um den Einfluss der Energie des Positrons, welche den Ort des Vernichtungsprozesses und damit die effektive Geometrie beeinflusst, zu berücksichtigen. übertragen werden.

Die Geometrieabhängigkeit des Ansprechvermögens wurde für einige Radionuklide untersucht. Dazu wurden Messungen in unterschiedlichen Ampullen durchgeführt und Messungen in PTB-Standardampullen mit unterschiedlichen Füllständen untersucht. Insbesondere für Radionuklide mit niederenergetischer Photonenstrahlung zeigt sich, dass die Messgeometrie einschließlich des verwendeten Ampullentyps sowie der Dichte und Zusammensetzung der Lösungen eine große Rolle spielt.

Die im Rahmen des Projekts durchgeführten Arbeiten zeigen, dass die untersuchten Ionisationskammer-Messsysteme der Firma MED für zuverlässige Relativmessungen zur Aktivitätsbestimmung geeignet sind. Details und weitere Ergebnisse werden ausführlich in einem kürzlich veröffentlichten PTB-Bericht beschrieben [1].

Literatur

  1. Niedergesäß, Ch., Schrader, H. und Kossert, K.:
    Untersuchung von Ionisationskammer-Messsystemen für Aktivitätsbestimmungen.
    PTB-Bericht Ra-46, ISBN 978-3-86918-143-1, 2011.
  2. Schrader, H., Kossert, K., Mintcheva, J.:
    Calibration of a radionuclide calibrator system as a Bulgarian standard for activity.
    Appl. Radiat. Isot. 66, 965-971, 2008.
  3. Calibration and Measurement Capabilities - Ionizing Radiation, Germany, PTB: kcdb.bipm.org/appendixC/RI/DE/RI_DE.pdf
  4. KCDB, 2010. Key Comparison Data Base. Bureau International des Poids et Mesures, Sèvres, France, kcdb.bipm.org/appendixB/KCDB_ApB_search.asp.
  5. Švec, A., Schrader, H:
    Fitting methods for constructing energy-dependent efficiency curves and their application to ionization chamber measurements.
    Appl. Radiat. Isot. 56, 237-243, 2002.
  6. Schrader, H., Švec, A.:
    Comparison of ionization chamber efficiencies for activity measurements.
    Appl. Radiat. Isot. 60, 369-378, 2004.