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Simulation nanodosimetrischer Ionisationsclustergrößenverteilung mit Geant4-DNA

31.01.2011

Bis vor kurzem bot einzig das an der PTB entwickelte Monte-Carlo-Programm zur Simulation der Spurstruktur ionisierender Strahlung die Möglichkeit, nanodosimetrische Größen wie Ionisationsclustergrößenverteilungen und daraus abgeleitete Kenngrößen der Spurstruktur rechnerisch zu ermitteln. Mit der Erweiterung des Monte-Carlo-Programmpakets Geant4 um die Wechselwirkungsquerschnitte von flüssigem Wasser für die so genannten sehr niederenergetischen elektromagnetischen Prozesse, die im Rahmen des Geant4-DNA-Projektes erfolgte, steht nun eine weiteres Werkzeug für Simulationsrechnungen in der Nanodosimetrie zur Verfügung. Damit eröffnet sich die Perspektive, durch den systematischen Vergleich der Spurstrukturparameter, die aus Simulationsrechnungen mit den unterschiedlichen Programmen gewonnen wurden, eine Abschätzung für deren Unsicherheitsbeiträge zu erhalten, die von den Modellannahmen herrühren, welche den Simulationsrechnungen zu Grunde liegenden.

Als ein erster Schritt in diese Richtung wurden vergleichende Simulationsrechnungen mit den beiden Monte-Carlo-Programmen durchgeführt, wobei als Primärteilchen Elektronen, Protonen und Alphateilchen untersucht wurden. Im Fall von Geant4-DNA wurde dabei zusätzlich die Möglichkeit genutzt, für die elastische Streuung von Elektronen, die als Sekundärteilchen auch die Struktur der Ionenspuren wesentlich mitbestimmen, alternativ zwei verschiedene Modelle anzuwenden. Die Ermittlung der nanodosimetrischen Spurstrukturparameter erfolgte für zwei verschiedene Zielvolumina, deren Abmessungen denen eines kurzen Segments der DNA von 10 Basenpaaren bzw. eines Nukleosoms entsprechen. Es wurden verschiedene Werte der anfänglichen kinetischen Energie der Primärteilchen untersucht, die für Elektronen zwischen 50 eV and 10 keV, für Protonen zwischen 300 keV und 10 MeV und für Alphateilchen zwischen 1 MeV und 9 MeV lagen.

Die Ergebnisse, die sich für die beiden Ionensorten in Bezug auf die mittlere Ionisationsclustergröße ergaben, sind in Abbildung 1 und Abbildung 2 als Verhältnis der mit den beiden Varianten von Geant4-DNA bzw. dem PTB-Programm erhaltenen Werte für die beiden Zielvolumina abgebildet. Es zeigt sich, dass generell die Unterschiede durch die verschiedenen Modelle für die elastischen Elektronenstreuquerschnitte wesentlich kleiner sind, als die zwischen den beiden Monte-Carlo-Programmen. Des weiteren sind für hohe Primärteilchenenergien auch diese letztgenannten Unterschiede vergleichsweise klein. Dies ist zu erwarten, weil in beiden Programmen für hohe Teilchenenergien die Bethe-Born-Approximation benutzt wird. Mit abnehmender anfänglicher Primärteilchenenergie sind größere Unterschiede zu beobachten, die im Fall der Alphateilchen bei bis zu 60 % relativer Abweichung bei der kleinsten betrachteten Energie liegen.

Abbildung 1 : Verhältnis der mit Geant4-DNA bzw. dem PTB Monte Carlo Code erhaltenen Werte für die von einem Proton erzeugte mittlere Ionisationsclustergröße in einem DNA-Segment bzw. einem Nukleosom in Abhängigkeit von der anfänglichen Teilchenenergie

Abbildung 2 : Verhältnis der mit Geant4-DNA bzw. dem PTB Monte Carlo Code erhaltenen Werte für die von Alphateilchen erzeugte mittlere Ionisationsclustergröße in einem DNA-Segment bzw. einem Nukleosom in Abhängigkeit von der anfänglichen Teilchenenergie.

Literatur:

  1. B. Grosswendt:
    Formation of ionization clusters in nanometric structures of propane-based tissue-equivalent gas or liquid water by electrons and α-particles,
    Radiat. Environ. Biophys. 41, 103-112 (2002).
  2. S. Chauvie, Z. Francis, S. Guatelli, S. Incerti, B. Mascialino, F. Moretto, P. Nieminen and M. G. Pia:
    Geant4 Physical Processes for Microdosimetry Simulation: Design Foundation and Implementation of the first Set of Models,
    IEEE Trans. Nucl. Sci. 54, 2619-2628 (2007).