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Bestimmung der radialen Anisotropie des Strahlungsfeldes von Ir-192- und Co-60-Brachytherapiequellen

29.09.2008

Wie im Jahresbericht 2006 dargelegt, hat die PTB ihren Kalibriermessstand für 192Ir- und 60Co-Brachytherapiequellen grundlegend erneuert und damit die Unsicherheiten der Kalibrierfaktoren für HDR (High Dose Rate) Brachytherapiequellen für die Messgröße Reference Air Kerma Rate (RAKR) [1] deutlich gesenkt. Bei der RAKR handelt es sich um die Luftkermaleistung frei in Luft in 100 cm Abstand vom Aktivitätsschwerpunkt des Strahlers(1). An einigen Quellen, die der PTB seitdem zur Kalibrierung gestellt wurden, zeigte sich, dass bei Wiederholungsmessungen der Reference Air Kerma Rate die Reproduzierbarkeit nicht vollständig im Einklang mit den zu erwartenden Unsicherheiten stand. Als Grund für die höhere Standardabweichung der Kalibrierfaktoren einzelner Quellen konnte die inhomogene Aktivitätsverteilung in den 192Ir-Quellen ausgemacht werden. Diese nicht gleichmäßige Verteilung bewirkt infolge des hohen Absorptionsvermögens der Iridium-Palladium-Legierung der Quelle eine mehr oder weniger starke Anisotropie des Photonenstrahlungsfeldes, sowohl in polarer als auch in radialer Richtung. Da die RAKR in einem Punkt senkrecht zur zentralen Achse definiert ist und auch so bestimmt wird, führt die radiale Anisotropie zu der oben genannten schlechten Reproduzierbarkeit des Kalibrierfaktors. Da eine Rotation der Quelle während der Kalibrierung aus technischen Gründen nicht möglich ist, werden die Messungen mehrfach wiederholt und als Kalibrierfaktor der Mittelwert dieser Ergebnisse angegeben. Die Quelle wird bei den Wiederholungsmessungen durch das Ein- und Ausfahren aus dem Afterloading-System zufällig gedreht (siehe hierzu [2]), so dass die Standardabweichung des Mittelwertes dann im Wesentlichen durch die Inhomogenität des Strahlungsfeldes der Quelle bestimmt wird.

Zusätzlich erfolgt eine genaue Bestimmung der relativen radialen Anisotropie des Strahlungsfeldes durch eine gesonderte Messung, bei der mit Hilfe des auch zur Kalibrierung benutzten Industrieroboters eine Ionisationskammer vom Typ Exradin A4 in konstantem Abstand von der Quelle in 15°-Schritten um diese gedreht wird. Wie in Abbildung 1 zu sehen, wird hierfür die Quelle in der Mitte auf der zentralen Achse eines Bleizylinders positioniert. Der Bleizylinder besitzt einseitig eine konische Öffnung, die ein eng kollimiertes Strahlenbündel austreten lässt. Die Ionisationskammer befindet sich, starr mit dem Bleizylinder verbunden, im Zentralstrahl dieses Bündels. Während der Bleizylinder einschließlich der Ionisationskammer mit Hilfe des Roboters gedreht wird, bleibt die Strahlungsquelle durch den am Afterloader befestigten Schlauchkatheter immer in derselben Position. Abbildung 2 zeigt das relative Signal der Ionisationskammer in Abhängigkeit des Austrittswinkels der Strahlung aus der Strahlungsquelle, und damit die relative radiale Änderung der Reference Air Kerma Rate. Bei der hier angegebenen Quelle beträgt die relative Änderung der RAKR über den Bereich von 0° bis 360° ± 0,5%. Da bei der Anwendung der Quelle in der Klinik keine Information über die Orientierung der Quelle bei der Bestrahlung vorhanden ist, muss diese Unsicherheit gegebenenfalls zusätzlich in der Bestrahlungsplanung berücksichtigt werden. Aus diesem Grund wird seit Beginn des Jahres 2008 bei jeder Kalibrierung einer 192Ir- oder 60Co-Brachytherapiequelle die radiale Anisotropie des Strahlungsfeldes bestimmt und im Kalibrierschein angegeben.

Abbildung 1 : Messaufbau zur Bestimmung der radialen Anisotropie des Strahlungsfeldes von 192Ir und 60Co HDR Brachytherapiequellen

Abbildung 2 : Radiale Anisotropie des Strahlungsfeldes einer 192Ir HDR Brachytherapiequelle

Literatur

 

  1. International Commission on Radiation Units and Measurements, 2004, Report 72,
    Dosimetry of Beta Rays and Low-Energy Photons for Brachytherapy with sealed sources.
    Journal of the ICRU, 4(2).
  2. Selbach, H.-J.:
    Neue Kalibrieranlage für 192Ir- und 60Co-Brachytherapie-Strahlungsquellen.
    Jahresbericht der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (2006)

(1) Anmerkung: Die Messgröße Kenndosisleistung, wie sie in DIN 6809 T2 beschrieben wird, entspricht im wesentlichen der außerhalb Deutschlands üblicherweise verwendeten "Reference Air Kerma Rate" (RAKR), mit dem Unterschied, dass die Kenndosisleistung "unvermeidliche Streuanteile" aus der Luft und der Umgebung, sowie den Einfluss der Luftschwächung mit enthält. Für die Bestrahlungsplanung ist jedoch nur der um Streuung und Schwächung korrigierte Anteil von Bedeutung.