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Dosimetrie mit ESR/Alanin: Ansprechvermögen für ultraharte Photonenstrahlung

09.08.2007

Die Eigenschaften des Sekundärnormal-Messsystems, welches auf dem Nachweis strahlungsinduzierter freier Radikale in Alanin mit Hilfe der Elektronen-Spin-Resonanz-Spektroskopie (ESR) basiert, sind für Bestrahlungen im 60Co-Referenzfeld gut bekannt [1]. Um das System auch in den üblicherweise in der Therapie eingesetzten Strahlungsfeldern anwenden zu können, muss das Ansprechvermögen für diese Strahlungsqualitäten ebenfalls angegeben werden. Da die Kalibrierung in 60Co erfolgt, genügt es, das relative Ansprechvermögen r bezogen auf 60Co zu bestimmen.

Dazu wurden eine Reihe von Bestrahlungen in den Referenzfeldern der PTB durchgeführt: etwa zeitgleich mit der Kalibrierbestrahlung wurden Alanin-Dosimetersonden am Elektronen-Linearbeschleuniger bestrahlt, und zwar in ultraharter Photonenstrahlung. Die nominelle Beschleunigungsspannung betrug dabei 8 MV bzw. 16 MV (im Folgenden kurz als 8 MV und 16 MV bezeichnet). Die Übertragung der Dosisleistung, die zuvor mit dem Wasserkalorimeter bestimmt worden war, erfolgte mit Hilfe einer Ionisationskammer (NE 2571, Farmer-Kammer) und der Monitor-Durchstrahlkammer des Beschleunigers. Die Kalibrierung der Durchstrahlkammer wurde zwischen den Bestrahlungen der Alaninsonden jeweils mit der Farmer-Kammer überprüft. Die Reproduzierbarkeit bei der Bestrahlung am Beschleuniger konnte hierbei mit einer Standard-Unsicherheit von 0,12% quantifiziert werden. Das relative Ansprechvermögen wurde dadurch bestimmt, dass die Dosis DCo, die man mit Hilfe der bestrahlten Alaninsonden aus einer 60Co-Kalibrierung erhält, zur nominellen Dosis Dnom, rückgeführt auf das Kalorimeter, in Beziehung gesetzt wurde, d.h.

r = DCo/Dnom.

(Hier und im Folgenden steht D für die Wasser-Energiedosis DW). Die Messung wurde mehrfach wiederholt. Für das relative Ansprechvermögen ergaben sich Werte von r = 0,9959 ± 0,0034 und r = 0,9967 ± 0,0027 für 8 MV bzw. 16 MV. Die Unsicherheiten, die bei diesen Messungen erreicht werden konnten, sind kleiner als die bisher veröffentlichter Daten (angegeben ist die Standard-Messunsicherheit). Der wesentliche Beitrag ist dabei die Unsicherheit des Korrektionsfaktors kQ mit 0,26 % [2]. Zwischen 8 MV und 16 MV wird keine signifikante Änderung des relativen Ansprechvermögens beobachtet. Insgesamt ist das Ansprechvermögen für ultraharte Photonenstrahlung um ca. 0,4% geringer als das Ansprechvermögen für 60Co. Die bisher umfangreichsten Messungen dazu hatte das NPL durchgeführt (4 MV - 12 MV), mit dem Ergebnis, dass ein für ultraharte Photonenstrahlung qualitätsunabhängiges Ansprechvermögen von r = 0,994 ± 0,007 konstatiert wurde. Die aktuellen Messwerte der PTB liegen damit zwar 0,2 % höher, insgesamt bestätigt sich aber die erwartete, äußerst geringe Abhängigkeit des Ansprechvermögens von der Strahlungsqualität.

Ergänzend wurden Monte-Carlo-Simulationsrechnungen durchgeführt. Der Versuchsaufbau wurde dazu vereinfachend auf eine zylindersymmetrische Geometrie übertragen, so dass das Nutzerprogramm dosrznrc des Programmpaketes EGSnrc verwendet werden konnte. Die eigentlich körnige Struktur der Alaninsonden wurde als eine homogene Mischung von Alanin und Bindemittel mit der Dichte der Tabletten vereinfachend dargestellt. Trotzdem stimmen die Resultate der Simulation überraschend gut mit den experimentellen Ergebnissen überein, die berechneten Werte für das relative Ansprechvermögen sind r = 0,9963 ± 0,0028 und r = 0,9967 ± 0,0026 für 8 MV bzw. 16 MV. Die angegebenen Unsicherheiten sind rein statistische Unsicherheiten, die sich aus der Anzahl der berechneten Historien ergeben.

Mit diesen Ergebnissen ist das Sekundärnormal-Messsystem für klinische ultraharte Photonenstrahlung einsetzbar.

Literatur

  1. Anton, M.:
    Uncertainties in alanine/ESR dosimetry at PTB,
    Phys. Med. Biol. 51 S. 5419-5440 (2006)
  2. Krauss, A. und Kapsch, R.-P.:
    Calorimetric detemination of kQ factors for NE 2561 and NE2571 ionization chambers in 5 cm x 5 cm and 10 cm x 10 cm radiotherapy beams of 8 MV and 16 MV photons,
    Phys. Med. Biol. 52, S. 6243-6259 (2007)