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Europäisches Forschungsprojekt auf dem Gebiet der Dosimetrie für die Brachytherapy

04.01.2010

Ca. 100 000 Krebspatienten pro Jahr werden in Europa mit der Brachytherapie behandelt, teils als alleinige Therapieform, oder in Kombination mit Chemo- oder externer Strahlentherapie. Bei der Brachytherapie handelt es sich um eine Behandlungsform, bei der eine radioaktive Strahlungsquelle in die Nähe des Tumors oder direkt in ihm plaziert wird, um so dem Tumor eine möglichst hohe Strahlendosis zu verabreichen bei gleichzeitiger Schonung des umliegenden gesunden Gewebes. Durch die Entwicklung neuer Strahlungsquellen und Bestrahlungsverfahren, wie die fernbediente Positionierung der Quellen durch Afterloading-Systeme, hat die moderne Brachytherapie im letzten Jahrzehnt erheblich an Bedeutung in der kurativen Behandlung von malignen Erkrankungen gewonnen. Es besteht daher die wachsende Notwendigkeit, die für die Therapieplanung unerlässliche Basisdosimetrie weiter zu verbessern und auf Primärstandards rückführbar zu machen.

Zur Zeit beruht die Dosimetrie für Brachytherapiequellen auf den Primärstandards der Luftkerma in 1 m Abstand senkrecht zur Quellenachse ohne den Anteil der Streustrahlung und der Luftschwächung (referece air kerma rate - in vacuo - [1]). Zur Bestimmung der therapeutisch relevanten Wasser-Energiedosis in 1 cm Abstand von der Quelle in Wasser, wird der Wert der reference air kerma rate mit einem für den jeweiligen Quellentyp gültigen Dosiskonversionsfaktor Λ umgerechnet [2]. Der Dosiskonversionsfaktor Λ beruht im Wesentlichen auf Berechnungen mit Monte-Carlo Simulationsverfahren und ist mit einer Unsicherheit von mindestens 5% (k=1) behaftet.

Im Rahmen des Europäischen Forschungsvorhabens, iMera+, Joint Research Project 06 "Increasing cancer treatment efficacy using 3-D brachytherapy" soll daher versucht werden, diese Unsicherheit deutlich zu verringern. An diesem von der Europäischen Union mit 1,2 Millionen Euro für drei Jahre geförderten Projekt sind insgesamt 10 europäische Staatsinstitute mit unterschiedlichen Anteilen beteiligt (PTB ca. 30%). Ziel des Projektes ist es, in mehreren Staatsinstituten Primärnormale für die Darstellung der Wasser-Energiedosis in 1 cm Abstand von der Strahlungsquelle zu entwickeln und die Einheit der Wasser-Energiedosis mit Transfernormalen direkt an die Kunden in ganz Europa (Kliniken, die Brachytherapie durchführen und Hersteller von Brachytherapiequellen) weiterzugeben. Weiterhin sollen Methoden für die Ermittlung der dreidimensionalen Dosisleistungsverteilung im Nahbereich der Strahlungsquelle entwickelt werden. Die Kombination des Bezugswertes der Wasser-Energiedosis in 1 cm Abstand mit der dreidimensionalen Dosisleistungsverteilung erlaubt die vollständige Umstellung der Therapieplanungssysteme und der Protokolle für klinische Dosimetrie in der Brachytherapie auf die Basis der Wasser-Energiedosis. Dieses würde letztlich eine deutliche Reduzierung der Unsicherheit der dem Patienten applizierten Dosis bedeuten.

Von den zehn nationalen Metrologie-Instituten (NMIs) entwickeln fünf neue Primärnormale, sowohl für Hochdosisleistungs- (HDR-) Quellen, mit Nukliden wie 192Ir und 60Co, als auch für Brachytherapiequellen niedriger Energie und niedriger Dosisleistung, so genannte LDR-Quellen mit den Nukliden 125I oder 103Pd, wie sie für die Therapie des Prostatakarzinoms eingesetzt werden. Die übrigen NMIs beteiligen sich mit unterschiedlichen Anteilen unter anderem an der Bestimmung der 3-dim Dosisleistungsverteilung, der Entwicklung von Transfernormalen und den begleitenden umfangreichen Monte-Carlo Rechnungen.

Der Fortschritt des Projektes wird regelmäßig auf halbjährlichen Treffen von Mitarbeitern aller beteiligten Institute überprüft und das weitere Vorgehen diskutiert. Bei der letzten Zusammenkunft in Paris, etwa zur Mitte der Projektlaufzeit im Oktober 2009, konnte festgestellt werden, dass es erfreulicherweise bis zu diesem Zeitpunkt bei keinem Projektpartner zu nennenswerten Verzögerungen im Projektplan gekommen ist.

Zum Abschluss des Projektes im Herbst 2011 ist geplant, die Ergebnisse auf einem Symposium der interessierten Fachwelt aus Universitäten, Staatinstituten und Kliniken vorzustellen.

Literatur:

  1. ICRU report 38. Dose and volume specification for reporting intracavitary therapy in gynecology. Bethesda, MD: International Commission on Radiation Units and Measurements; 1985. p. 1-20
  2. Nath R, Anderson L L, Luxton G, Weaver K A, Williamson J F and Meigooni A S 1995 Dosimetry of interstitial brachytherapy sources: recommendations of the AAPM Radiation Therapy Committee Task Group No. 43 Med. Phys. 22 209-36