Logo der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt

PTB entwickelt Neutronenmonitore für das Fusionsexperiment Wendelstein 7-X

16.03.2015

Der Stellarator Wendelstein 7-X, der gegenwärtig im Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) in Greifswald entsteht, soll die Eignung von Fusionsanlagen des Typs "Stellarator" zur Energieerzeugung demonstrieren [1]. Im Sommer 2015 soll in dieser Anlage das erste Plasma gezündet werden. Die PTB hat im Rahmen eines Kooperationsvertrages mit dem IPP ein Monitorsystem entwickelt, das die gesamte Neutronenstrahlung misst, die beim Betrieb der Maschine entsteht. Die Monitore wurden fertig gestellt und in den Referenzstrahlungsfeldern der PTB kalibriert.

Die Neutronenmonitore haben die Aufgabe, die Erzeugung von Neutronenstrahlung beim Betrieb von Wendelstein 7-X (W7-X) zu überwachen und nachzuweisen, dass die nach der Betriebsgenehmigung erlaubte Jahresgrenze der Neutronenproduktion nicht überschritten wird. Außerdem wird die zeitaufgelöste Neutronenflussdichte benötigt, um wichtige Erkenntnisse über physikalische Vorgänge im Fusionsplasma zu erhalten. Die gemessene Neutronenflussdichte ermöglicht – die entsprechende Kalibrierung der Neutronenmonitore vorausgesetzt – die Messung der Fusionsrate und der dabei erzeugten Energie. Weiterhin erlaubt dies Rückschlüsse auf die Ionentemperatur im Plasma.

Aus Kostengründen wurde das ursprüngliche Konzept mit sechs Monitoren [2] auf drei Monitore reduziert. Wesentliche Kriterien beim Design der Monitore waren eine möglichst geringe Energieabhängigkeit des Ansprechvermögens und eine auf die Haupt-Einfallsrichtung der Neutronen angepasste Richtungsabhängigkeit. Dadurch sollte der Einfluss der Streuung von Neutronen möglichst gering gehalten werden. Zusätzlich ergab sich die Forderung, dass die Monitore die Überwachung der Neutronenproduktionsrate über einen dynamischen Bereich von mindestens sechs Größenordnungen ermöglichen.

Diese Anforderungen wurden durch einen Aufbau realisiert, wie er beim "Precision Long Counter" [3] genutzt wird. In einen Moderator aus Polyethylen werden mehrere Detektoren mit unterschiedlichem Ansprechvermögen eingebaut [4]. Das konkrete Design wurde mit Neutronentransportrechnungen optimiert (Bild 1).

Bild 1: Quer- und Längsschnitt durch einen der Neutronenmonitore.

Die drei Monitore wurden in den Referenzstrahlungsfeldern der PTB kalibriert. Im Bild 2 ist rechts vorne (unscharf) das Target zur Neutronenerzeugung zu sehen. Zwischen Target und Neutronenmonitor (links im Bild) befindet sich ein Schattenkegel, der die direkten Neutronen abschirmt. Damit wird der Beitrag von gestreuten Neutronen zum Messsignal bestimmt. Um die vier Zählrohre sichtbar zu machen, wurde für das Foto die vordere Abdeckung des Monitors entfernt.

Bild 2: Einer der Neutronenmonitore (links) bei der Kalibrierung mit monoenergetischen Neutronen.

Zusätzlich wurde mit dem hochintensiven Neutronenstrahl das Totzeitverhalten der verschiedenen Detektoren in den Monitoren untersucht. Es konnte gezeigt werden, dass die Proportionalzählrohre vom Typ 3He und BF3 jeweils bis zu Zählraten von 2·105 s-1, die Ionisationskammern mit Kathoden aus 235U bis zu Zählraten von 1·106 s-1 benutzt werden können. Damit wurde gezeigt, dass der geforderte dynamische Bereich der Neutronenflussdichte von den Monitoren abgedeckt werden kann.

Vor der Inbetriebnahme des W7-X im Jahre 2015 muss als nächster Schritt entsprechend der Betriebsgenehmigung eine Vor-Ort-Kalibrierung der Neutronenmonitore durchgeführt werden. Diese wird mit einer 241AmBe Radionuklid-Neutronenquelle erfolgen, deren Quellstärke in der PTB, rückführbar auf Primärnormale, bestimmt wurde. Die Quelle wird mit Hilfe eines im Inneren des Plasmagefäßes installierten Schienensystems auf einem Pfad bewegt wird, der dem Verlauf des mittleren Plasmaschwerpunkts entspricht.

Referenzen

  1. R.C. Wolf et al.:
    From Wendelstein 7-X to a Stellarator Reactor.
    Plasma and Fusion Research Volume 5, S1011 (2010)
  2. W. Schneider, B. Wiegel, F. Grünauer, R. Burhenn, S. Koch, H. Schuhmacher und A. Zimbal:
    Neutron diagnostics at the Wendelstein 7-X stellarator.
    JINST 7 C03025, (2012)
  3.  J. De Pangher und L.L. Nichols:
    A precision long counter for measuring fast neutron flux density
    ,
    Report BNWL-260 (1966)
  4.  B. Wiegel, W. Schneider, F. Grünauer, R. Burhenn, H. Schuhmacher, A. Zimbal:
    Monitoring of the neutron production at the Wendelstein 7-X stellarator
    .
    Radiat. Prot. Dosim. 161, 326-330 (2014)

Initiates file downloadDatei (pdf, 196 kB)