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Elektronenstreuquerschnitte von Wasser und DNA-Molekülen

17.03.2015

Streuquerschnitte sind die essentiellen Eingangsdaten für Strahlungstransportrechnungen. Sie beschreiben die Wahrscheinlichkeit einer Wechselwirkung der einfallenden Strahlung mit dem Medium, sowie für den Streuwinkel und den Energieübertrag der Primärteilchen auf Sekundärteilchen. Die am häufigsten auftretenden Sekundärteilchen sind Elektronen mit Energien unterhalb von 1 keV. Diese niederenergetischen Sekundärelektronen entstehen durch Ionisationswechselwirkungen jeder Strahlungsart. Sie tragen insbesondere durch Ionisationswechselwirkungen in großem Maße zur Strahlenschädigung der DNA bei, da sie ihre Energie innerhalb einer geringen Reichweite an das durchdrungene Medium abgeben.

In Strahlungstransportsimulationen zur Abschätzung von DNA-Schädigung werden konventionell die Streuquerschnitte für Wasser verwendet, da dieses als äquivalent zu biologischem Gewebe angenommen wird und bisher kein vollständiger Datensatz für DNA-Moleküle existierte [1]. Jedoch zeigen gerade die Ionisierungsquerschnitte von flüssigem Wasser große Unterschiede, da sie aufgrund des Mangels an gemessenen Daten mittels theoretischer Modelle abgeschätzt werden, denen verschiedene Annahmen zugrunde liegen (Abbildung 1).

Aus den experimentellen Arbeiten der vergangenen Jahre wurde ein vollständiger Satz an Modellen für Elektronenstreuquerschnitte der DNA-Moleküle Tetrahydrofuran (THF), Trimethylphosphat (TMP) und Pyrimidin (PY) entwickelt, der direkt in Simulationsrechnungen verwendet werden kann. Die Moleküle THF und TMP sind hierbei ein Modell für das Rückgrat der DNA, während Pyrimidin das Grundgerüst der Nukleobasen bildet. Die entwickelten Modelle umfassen zum einen die direkte Parametrisierung der gemessenen totalen, differentiell elastischen und doppelt-differentiell inelastischen Streuquerschnitte. Zum anderen wurden die Modelle für die einfach-differentiellen Ionisierungsquerschnitte und der totalen Streuquerschnitte für Ionisierung, Anregung und elastische Streuung aus Extrapolation und Integration der gemessenen Daten entwickelt [2].

Unterschiede zwischen den Streuquerschnitten der DNA-Molekülen und Wasser zeigen sich beispielsweise im Maximum des Ionisierungsquerschnitts (Abbildung 1). Dieser wird oft durch eine Skalierung auf das Verhältnis der Valenzelektronen zweier Moleküle bestimmt, weshalb der Ionisierungsquerschnitt in Abbildung 1 auf die Anzahl der Valenzelektronen normiert wurde. Die normierten Ionisierungsquerschnitte der DNA-Moleküle sind für Elektronen mit Energien unterhalb von 200 eV bis zu 50 % höher als die von Wasser. Deshalb wird mit der bisherigen Annahme, dass die Streuquerschnitte für Wasser ein gutes Modell für die der DNA-Moleküle sind, die Wahrscheinlichkeit für Ionisierung signifikant unterschätzt.

Abb. 1: Elektronenstreuquerschnitte für Ionisierung σion von Wasser und DNA-Molekülen, normiert auf die Anzahl der Valenzelektronen.

Referenzen

  1. M. U. Bug, G. Hilgers, W. Y. Baek, H. Rabus, Eur. Phys. J. D 68 217 (2014)
  2. M. U. Bug, Nanodosimetric particle track simulations in water and DNA media, Dissertation, University of Wollongong (2014)

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