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Bestimmung langer Halbwertszeiten

23.12.2021

Bild: Stimmt die Halbwertszeit von Silizium-32? Die PTB will gemeinsam mit dem Paul-Scherrer-Institut und weiteren Partnern dieser Frage nachgehen und auch andere lange Halbwertszeiten sehr genau bestimmen.

Der Fachbereich 6.1 „Radioaktivität“ hat in den letzten Jahren bereits zahlreiche Halbwertszeiten sehr langlebiger Radionuklide bestimmt. Dabei wird in der Regel die Aktivität mit der Anzahl der Kerne kombiniert. Während die PTB für genaue Aktivitätsbestimmungen verantwortlich ist, wird die Zahl der Atomkerne eines radioaktiven Isotops meistens mittels der Massenspektrometrie bei externen Partnern ermittelt. Voraussetzung für solche Halbwertszeitbestimmungen ist jedoch immer, dass ein geeignetes Ausgangsmaterial vorliegt, welches, neben einer ausreichenden Aktivität, eine hohe Radionuklidreinheit sowie eine geeignete chemische Form aufweisen muss. Die dazu nötige radiochemische Expertise liegt beim Paul‑Scherrer‑Institut (PSI) in Villigen (Schweiz) vor. Daher arbeitet die PTB bereits seit einigen Jahren erfolgreich mit dem PSI und weiteren Partnern daran, einige relevante lange Halbwertszeiten mit hoher Genauigkeit zu bestimmen.

So konnte nun erstmals die Halbwertszeit von Molybdän‑93 mittels einer direkten Methode bestimmt werden [1]. Durch Langzeitmessungen mit Flüssigszintillationsspektrometern und eine recht komplexe Auswertung der Daten konnten außerdem die Wahrscheinlichkeiten zweier konkurrierender Elektroneneinfangszweige bestimmt werden.

Auch die Bestimmung der Halbwertszeit von Mangan‑53 [2] ist nahezu abgeschlossen und eine Veröffentlichung der Ergebnisse ist in Vorbereitung. Eine besondere Herausforderung beim Mangan‑53 war eine Verunreinigung durch Mangan‑54, die sich chemisch nicht entfernen lässt. Mangan‑54 konnte schließlich durch eine Massenseparation an der Universität Mainz beseitigt werden, so dass ein weltweit einzigartiges Material entstand. In der PTB erfolgten die Aktivitätsmessungen mit speziellen Flüssigszintillationszählern zur Anwendung der TDCR‑Methode [3].

Im vom Schweizer Nationalfonds (SNF) geförderten SINCHRON-Projekt geht es nun um die Bestimmung der Halbwertszeit des Silizium‑32. Der Erfolg der chemischen Arbeiten konnte bereits im Jahr 2020 demonstriert werden. Die Aktivitätsmessungen, die hier mit zwei etablierten Flüssigszintillationszählmethoden erfolgen, sind ebenfalls vielversprechend. Eine bei ersten Messungen beobachtete Diskrepanz von etwa einem Prozent zwischen den Methoden konnte durch eine Verbesserung der chemischen Vorbereitung des Materials mittlerweile eliminiert werden. Es wird vermutet, dass die zuvor beobachtete Abweichung durch eine radioaktive Verunreinigung mit Tritium verursacht wurde. Eine Bestätigung dieser These steht aber noch aus.

Auf der Agenda stehen weitere Radionuklide: Im Rahmen des vom SNF und der DFG geförderten Projekts ERAWAST III sollen die Halbwertszeiten von Terbium‑157 und Lanthan‑137 möglichst genau gemessen werden. Bei beiden Radionukliden handelt es sich um Elektroneneinfangsnuklide mit recht hoher Ordnungszahl. Die Neuanordnungsprozesse in der Atomhülle, die in Folge des Elektroneneinfangs stattfinden, sind sehr komplex und Aktivitätsbestimmung dieser Radionuklide gelten daher als außerordentlich anspruchsvoll. Wie bei den vorgenannten Nukliden wird die Flüssigszintillationszählung eine zentrale Rolle bei der Aktivitätsbestimmung spielen.

Die Halbwertszeit des Kalium‑40 wurde schon einmal in der PTB bestimmt [4]. Mit angereicherten Materialien ergaben sich nun aber neue Erkenntnisse zu den Zerfallsdaten und damit auch zur Halbwertszeit. Hier erfolgten die Messungen mittels Massenspektrometrie an der Australian National University. Eine detaillierte Veröffentlichung zu den Messverfahren, den neuen Zerfallsdaten und der Halbwertszeit ist bereits in Vorbereitung. Lange Halbwertszeiten werden, je nach Radionuklid, in verschiedenen Bereichen benötigt. Einige Radionuklide spielen bei der Behandlung von radioaktiven Abfällen eine Rolle, andere ermöglichen dagegen wichtige Untersuchungen in den Geowissenschaften einschließlich der Klimaforschung. Das sehr langlebige primordiale Kalium‑40 ist eines der wichtigsten natürlich vorkommenden Radionuklide in der Geochronologie.

Referenzen

[1]    Kajan, I., Heinitz, S., Kossert, K., Sprung, P., Dressler, R., Schumann, D.: The first direct determination of the 93Mo half-life, Scientific Reports 11:19788, https://doi.org/10.1038/s41598-021-99253-5.

[2]    Ulrich, J., Cassette, P. Dressler, R., Kneip, N., Kossert, K., Mougeot, X., Schumann, D., Sprung, P., Studer, D., Wendt, K.: 53Mn half-life determination. Paul-Scherrer Institut, Laboratory of Radiochemistry, Annual Report 2020 (https://www.psi.ch/de/lrc).

[3]    Broda, R., Cassette, P., Kossert, K.: Radionuclide Metrology using Liquid Scintillation Counting. Metrologia 44 (2007) S36-S52.

[4]    Kossert, K., Günther, E.: LSC measurements of the half-life of 40K. Applied Radiation and Isotopes 60 (2004) 459-464.

Ansprechpartner

Opens local program for sending emailK. Kossert, Fachbereich 6.1, 6.14

Opens local program for sending emailD. Schumann, Paul-Scherrer Institut, Laboratory of Radiochemistry