Logo der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt

Entwicklung einer Simulationssoftware für digitale Mammographie-Daten zur Bestimmung der Bildqualität mittels eines Deep Learning Observers

23.12.2021

Im Fachbereich 6.2 „Dosimetrie für die Strahlentherapie und Röntgendiagnostik“ wird in Zusammenarbeit mit dem Radboudumc und dem LRCB in Nijmegen (NL) eine Software zur Simulation realistischer Mammographie‑Daten entwickelt. Sie soll dazu dienen, eine Datenbank an Mammogrammen zu erstellen, um damit einen Deep Learning Observer für die Bestimmung der Bildqualität von Mammographiegeräten verschiedener Hersteller aus Bildern mit anatomischem Hintergrund zu trainieren.

Im regelmäßigen Brust‑Screening zur Vorsorgeuntersuchung von Frauen mittels Mammographie werden überwiegend gesunde Frauen einer - wenn auch vergleichsweise geringen - Strahlendosis ausgesetzt. Daher ist die Sicherstellung einer guten Bildqualität bei möglichst geringer Dosis besonders wichtig. Die Messungen zur Qualitätssicherung werden dabei vorschriftsgemäß an technischen Phantomen durchgeführt, die keinerlei Ähnlichkeit zu einer weiblichen Brust haben [1] (siehe Abbildung 1a).

Moderne Mammographie‑Geräte haben sich aber längst von simplen linearen Abbildungsinstrumenten hin zu komplexen Rechenmaschinen entwickelt. Bevor ein Radiologe ein Mammogramm begutachtet, hat eine interne Software das originale Bild (auch „for processing“ genannt) bereits so sehr bearbeitet, dass auffällige Strukturen leichter ins Auge fallen und Unwichtiges in den Hintergrund tritt (genannt „for presentation“, siehe Abbildung 1b). Was für das Stellen einer Diagnose eine enorme Erleichterung darstellt, wird für die Ermittlung der Bildqualität zum Problem. Durch die Nichtlinearität der Bearbeitungsvorgänge am Originalbild muss der Schritt der Daten‑Prozessierung mit in die Bestimmung der Bildqualität einbezogen werden. Dies ist allerdings mit den derzeit verwendeten technischen Phantomen nicht möglich, da die Software nur realistische Brustaufnahmen prozessieren kann.

Ein Lösungsansatz für dieses Problem ist die Verwendung realistischer (anatomischer) Phantome für die Qualitätsmessung. Diese Entwicklung ist jedoch nicht einfach und benötigt einige vorausgehende Schritte. Wichtige erste Maßnahmen sind dabei die Simulation solcher möglichen Phantome und deren realistischer Mammogramme, und die Entwicklung einer Software, die daraus die Bildqualität mit ausreichender Sicherheit bestimmen kann.

Eine solche Simulationssoftware zur Generierung von Mammographie‑Daten, die der Ausgabe von Geräten unterschiedlicher Hersteller entsprechen, wird derzeit in der Arbeitsgruppe „Medizinische Bildgebung“ in Zusammenarbeit mit dem  Radboudumc und dem LRCB (beide Nijmegen, NL) entwickelt. Um einen physikalisch realistischen Abbildungsvorgang ähnlich dem eines Mammographiegerätes zu simulieren, müssen die real stattfindenden Prozesse so genau wie möglich nachempfunden werden. Ausgehend von digitalen Brustphantomen wird mittels ray tracing [2] die Abschwächung im durchlaufenen Material jedes betrachteten einfallenden Strahls bestimmt und daraus unter Verwendung eines realistischen Röntgenspektrums [3, 4] ein Primärbild erzeugt. In diesem Primärbild sind Streuung, Rauschen und begrenztes Auflösungsvermögen noch nicht berücksichtigt. Diese werden in einem nächsten Schritt gerätespezifisch hinzugefügt. Auflösung und Rauschen werden auf ein bestimmtes System angepasst durch die jeweilige Anwendung der gerätespezifischen Modulationstransferfunktion (MTF) und des Rauschleistungsspektrums (NPS) [5]. Zur Modellierung der Streuung soll ein neuronales Netz, das auf Monte‑Carlo Simulationen trainiert wurde, zum Einsatz kommen. Ein auf diese Art simuliertes Bild entspräche einer realen „for processing“ Mammographieaufnahme. Derzeit soll ein weiteres neuronales Netz trainiert werden, welches die gerätespezifische Prozessierung der Roh‑Bilder in "for processing" Bilder gewährleiten soll (siehe Abbildung 1c).

Mit Hilfe der soeben beschriebenen Simulationssoftware kann anschließend eine Datenbank vieler unterschiedlicher Mammogramme erstellt werden, um damit einen Deep Learning Observer zur Bestimmung der Bildqualität mittels maschinellen Lernens zu entwickeln. Dieser Deep Learning Observer soll neben dem bereits erwähnten Vorteil der Einbeziehung des Bildbearbeitungsprozesses in die Bildqualitätsmessung zusätzlich noch einen weiteren Nachteil der aktuellen Qualitätsmessmethode beheben: Derzeit ist für die Bestimmung der Bildqualität eine große Anzahl an Bildern notwendig. In einer Doktorarbeit unter Zusammenarbeit der Arbeitsgruppen „Medizinische Bildgebung“ und „Datenanalyse und Messunsicherheit“ konnte gezeigt werden, dass für einen Deep Learning Observer, angewandt auf technische Phantome, die Aufnahme eines einzigen Bildes ausreichen würde [6].

Dies hoffen wir auch mit der neuen Methode, angewandt auf anatomische Phantome, zu erreichen.

 Simulatiossoftware Mammographie

Abbildung:

a    Aufnahme eines CDMAM‑Prüfkörpers zur Bestimmung der Bildqualität in der Mammographie [6]. Er besteht aus einer Gitterstruktur und Punkten aus Gold mit unterschiedlichen Durchmessern und Dicken. Hieraus kann eine Kontrast‑Detail‑Kurve ermittelt werden.
b    Die dem Gerät inhärente Prozessierungssoftware verwandelt ein Bild „for processing“ (links) in eines „for presentation“ (rechts). Diese Bildbearbeitung ist ein nichtlinearer Vorgang und führt dazu, dass kein eindeutiger Zusammenhang mehr zwischen Messungen am technischen Phantom und realen Brustaufnahmen hergestellt werden kann.         
c    Schematische Darstellung der Simulationssoftware für Mammographie‑Daten.

 

Referenzen

[1]   Perry, N. et al. (2006), European Guidelines for Quality Assurance in Breast Cancer Screening and Diagnosis, 4th Ed., European Communities, ISBN 92-79-01258-4.

[2]   Siddon, R. (1985), Fast calculation of the exact radiological path for a three-dimensional CT array, Med.Phys. 12(2), doi: 10.1118/1.595715.

[3]   Hernandez, A. et al. (2017), Generation and analysis of clinically relevant breast imaging x-ray spectra, Med.Phys. 44(6), doi: 10.1002/mp.12222.

[4]   Ketelhut, S. et al. (2020), Catalogue of x-ray spectra of Mo-, Rh-, and W-anode-based x-ray tubes from 10 kV to 50 kV, Phys Med Biol. 66(11), doi: 10.1088/1361-6560/abfbb2.

[5]   Saunders, R., Samei, E. (2003), A method for modifying the image quality parameters of digital radiographic images, Med.Phys. 30(11), doi: 10.1118/1.1621870.

[6]   Kretz, T. et al. (2020), Mammography Image Quality Assurance Using Deep Learning, IEEE Trans Bio Eng., 67(12), doi: 10.1109/TBME.2020.2983539.

 

Ansprechpartnerin

Opens local program for sending emailF. Mauter, Fachbereich 6.2, Arbeitsgruppe 6.24