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Benchmark-Experiment zur Verifikation von Monte-Carlo-Simulationsrechnungen des Strahlungstransports

Motivation

Zur Vorbereitung einer Patientenbestrahlung muss in Strahlentherapieeinrichtungen ein Bestrahlungsplan erstellt werden. Dabei wird mittels verschiedener Algorithmen die Dosisverteilung im Patienten berechnet und so optimiert, dass ein maximaler Behandlungserfolg bei minimalen Nebenwirkungen erreicht werden kann. Auf Grund der Komplexität moderner Bestrahlungsmethoden und der erforderlichen Genauigkeit der Bestrahlungen werden zur Berechnung der Dosisverteilungen in zunehmendem Maße Monte-Carlo-Simulationsmethoden eingesetzt.

Monte-Carlo-Simulationen

Mit Hilfe von Monte-Carlo-Simulationsverfahren kann auf numerische Weise das Problem des Durchgangs von Strahlung durch Materie gelöst werden, welches analytisch nicht oder nur sehr schwer lösbar ist. Dabei werden unter Verwendung von Computern sehr viele Zufallsexperimente durchgeführt, die jeweils einem Elementarprozess der Wechselwirkung von Strahlung mit Materie entsprechen. Durch Auswertung einer großen Anzahl solcher Zufallsexperimente können dann Aussagen über die Erwartungswerte verschiedener interessierender Größen, wie z.B der Energiedosis oder der spektralen Teilchenfluenz, getroffen werden.

Im Prinzip ist es mit Hilfe solcher Monte-Carlo-Simulationsmethoden möglich, ein reales Experiment sehr genau nachzubilden; in der Praxis treten jedoch stets verschiedene Näherungen oder Vereinfachungen auf, die entweder der unvollständigen Kenntnis der simulierten Elementarprozesse (z. B. Verwendung von Näherungsformeln für die Wechselwirkungsquerschnitte) oder des realen Experimentes (ungenaue Kenntnis der durchstrahlten Geometrie oder der durchstrahlten Materialien) geschuldet sind, oder die zur Verringerung der Rechenzeit eingeführt wurden (sogenannte Varianzreduktionsmethoden). Die Auswirkungen dieser Näherungen und Vereinfachungen auf die Ergebnisse der Simulation sind oftmals schwer abzuschätzen. Es ist daher sehr wichtig, die Gültigkeit von Simulationsalgorithmen zu überprüfen. Dies geschieht im Rahmen von sogenannten Benchmarkexperimenten, bei denen berechnete Ergebnisse mit Messungen verglichen werden.

Verifikation von Monte-Carlo-Simulationsalgorithmen

Da Monte-Carlo-Simulationsalgorithmen Mittelwerte der interessierenden Größen liefern - also z.B. die mittlere Energiedosis, die von einem Elektron oder Photon in einem bestimmten Volumen deponiert wird -, können die berechneten Größen in der Regel nicht unmittelbar mit Messungen verglichen werden. In den meisten Fällen behilft man sich, indem man nicht die absoluten Werte einer Größe vergleicht, sondern nur die relativen Änderungen dieser Größe bei Variation eines Parameters. So kann z.B. der relative Verlauf von berechneten und gemessenen Tiefendosisverteilungen verglichen werden, nachdem beide Kurven auf das Maximum normiert wurden. Bei solchen Normierungen geht jedoch die Information darüber verloren, ob die Monte-Carlo-Simulation auch die absoluten Dosiswerte korrekt ermittelt. Da insbesondere für die Bestrahlungsplanung in der Strahlentherapie jedoch die absolute Dosisverteilung im Patienten von Interesse ist, kommt einer absoluten Verifikation von Monte-Carlo-Simulationsalgorithmen eine große Bedeutung zu.

Benchmark-Experiment

Zur absoluten Verifikation von Monte-Carlo-Simulationsalgorithmen muss experimentell die mittlere Energiedosis bestimmt werden, die von einem Linearbeschleuniger pro einfallendem Elektron erzeugt wird. Dieser experimentell bestimmte Wert kann dann mit der im Zuge einer Monte-Carlo-Simulation berechneten mittleren Energiedosis pro Elektron ohne weitere Normierungen direkt verglichen werden.

Ein solches Benchmark-Experiment wurde unlängst im Rahmen einer Opens external link in new windowDoktorarbeit am Forschungsbeschleuniger der PTB durchgeführt. Der Forschungsbeschleuniger bietet die Möglichkeit, die Eigenschaften des Elektronenstrahles sehr genau zu charakterisieren. Diese Eigenschaften, wie z.B. die spektrale Fluenz der Elektronen oder die Strahldivergenz,  werden zum einen als Eingangsdaten für die Monte-Carlo-Simulation benötigt, um das reale Experiment in der Simulation möglichst genau nachbilden zu können. Zum anderen erlaubt die genaue Kenntnis des Strahlstromes (d. h. der Anzahl der pro Zeit auf das Target auftreffenden Elektronen) aus der insgesamt gemessenen Dosis die mittlere Dosis pro auftreffendem Elektron zu ermitteln.

Grundvoraussetzungen für den Vergleich sind eine sehr detaillierte Modellierung des Experimentes in der Monte-Carlo-Simulation, die u.a. eine genaue Kenntnis aller vorkommenden Materialien und der geometrischen Abmessungen erfordert, eine genaue Charakterisierung der Eigenschaften des Elektronenstrahles sowie eine präzise Messung der Energiedosis.

Im Rahmen des Benchmark-Experimentes wurde das Verhältnis der per Monte-Carlo-Simulation berechneten mittleren Energiedosis pro einfallendem Elektron und der durch Messung bestimmten mittleren Energiedosis pro einfallendem Elektron mit einer relativen Standard-Messunsicherheit kleiner als 1 % bestimmt.

Die Durchführung und die Ergebnisse sind in einer Opens external link in new windowDissertation ausführlich beschrieben..