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Fertigungskette von Si-Kugeln und interferometrische Bestimmung des Kugelvolumens

Realisierung kantensensitiver AFM-Messverfahren durch Einzelpunktantastung

01.12.2010

 

Zum dimensionellen Messen an Nanostrukturkanten mit angestrebten Unsicherheiten im nm-Bereich wurde ein Messverfahren für die Atomkraftmikroskopie (AFM) erprobt, mit dem eine große Anzahl von Messpunkten an steilen Seitenwänden aufgenommen werden kann. Im Gegensatz zu den für AFM üblichen Rasterscanverfahren wird die Strukturoberfläche bei dem kantensensitiven Verfahren in einzelnen Punkten angetastet. Ein Antastpunkt setzt sich aus einer Annäherungsbewegung, dem Aufzeichnen mehrerer Werte der Sensorsignale während des Antastens und einer Rückzugsbewegung zusammen, wobei die Bewegungsrichtung optimal an die lokale Oberflächenneigung angepasst wird. Als Abbruchkriterium für die Annäherung an die Probenoberfläche wird ein Schwellwert der Amplitudendämpfung definiert. Die AFM-Sonde wird mittels 3-achsigem Piezopositioniersystem (Scanner mit vertikaler Achse) verfahren, wobei die Positionierung aller 3 Achsen über die entsprechenden Wegmesssensoren geregelt wird. Zu jedem Antastpunkt werden die Koordinatentupel der Wegmesssensoren gemittelt und zur Bestimmung des Kontaktpunktes herangezogen. Beim sukzessiven Abtasten der Strukturoberfläche erhält man einen Satz von Kontaktpunkten, der für die Bestimmung von Steigungswinkeln und Strukturbreiten sowie Krümmungsradien verwendet werden kann. Bei den Radien und gegenüberliegenden Kontaktpunkten geht die Form der Antastspitze mit ein, Abb. 1.

Das Messverfahren wurde zunächst auf einem kommerziellen AFM und anschließend auf einem in der PTB entwickelten Gerät implementiert und getestet. Beide AFM werden im „intermittent“ Modus betrieben.

Untersuchungen des Wechselwirkungsverhaltens haben gezeigt, dass der Verlauf der Amplitudendämpfung und der Phasenverschiebung als Funktion des senkrechten Abstands von der Probenoberfläche je nach Position des Antastpunktes in der Strukturkante ein deutlich unterschiedliches Verhalten zeigt. Auf den horizontalen Plateaus, z. B. Substrat, und in der Nähe des oberen Kantenübergangs, wo nur ein sehr kleiner Teil der Spitze mit der Probe wechselwirkt, lässt sich das bekannte Amplitudendämpfungsverhalten erkennen. Nähert sich die Spitze hingegen einer Seitenwand an, sind Unterschiede zu beobachten. Ursache ist ein signifikant größerer Volumenanteil der Spitze, der mit den Seitenwänden wechselwirkt, was zu großen Kopplungsstärken der attraktiven Kräfte führt. Dies kann zu Sprüngen zwischen unterschiedlichen Schwingungszuständen des Cantilevers führen (Bifurkation). Dieses Verhalten erschwert die eindeutige Bestimmung des Antastpunktes. Sowohl weitergehende Untersuchungen als auch Modellierungen des beobachteten Amplitudendämpfungsverhaltens sind erforderlich, um eine quantitativ verwertbare Extrapolation auf die Oberfläche von 3D-Nanostrukturen mit den geforderten Unsicherheiten im nm-Bereich durchführen zu können.


Abb. 1: An einer Strukturkante auf einer Chrommaske gemessene Antastpunkte (rot) und angepasste Profile zur Bestimmung von Kantensteigung und Krümmungsradius (Überlagerung von Sondenradius und Kantenverrundung).

Abb. 2: Unterschiedlicher Verlauf der Amplitudendämpfung (rote und schwarze Kurven) und der Phasenverschiebung (graue Kurven) bei unterschiedlichen Positionen der Annäherung an die Strukturkante, wie im mittleren Teil der Abbildung dargestellt.

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