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Fertigungskette von Si-Kugeln und interferometrische Bestimmung des Kugelvolumens

Bestimmung des effektiven Kontaktradius rauer Mikrokugeln

22.12.2009

 
Beim Kontakt technischer Bauteile ist der Anteil der sich tatsächlich in Berührung befindlichen Oberfläche aufgrund der Rauheit oftmals nur sehr gering. Die genaue Kenntnis dieser realen Kontaktfläche und des effektiven Kontaktradius ist jedoch wichtig für die Beschreibung tribologischer Systeme, z. B. zur Untersuchung von Zerspanungsvorgängen, Wälzlagern oder auch von taktilen Antastvorgängen in der Messtechnik. Üblicherweise wird die reale Kontaktfläche über Hilfsgrößen oder abgeleitete Größen bestimmt, wie z.B. die Wärmeleitung oder den elektrischen Widerstand. Aufgrund der nur geringen Größe der Kontaktfläche und des Kontaktradius bei Mikrokugeln stellt deren quantitative Ermittlung eine Herausforderung dar.

Zur Bestimmung des effektiven Kontaktradius wird hier ein direktes Verfahren verwendet [1]. In einem ersten Schritt wird eine Rubinkugel des Durchmessers 200 µm mit einer ca. 30 nm dicken homogenen Schicht Gold versehen. Anschließend wird die Kugel mit definierter Normalkraft F gegen eine optisch glatte Saphirplatte gedrückt. Die abschließende Bildauswertung im Rasterelektronenmikroskop dient der Ermittlung des effektiven Kontaktradius. Die für die vergleichenden Modellrechnungen erforderlichen Messungen der Rauheitswerte der unbeschichteten Kugeln (Rz » 120 nm) wurden in der Arbeitsgruppe 5.25 „Rastersondenmetrologie“ durchgeführt.

Bild 1 zeigt beispielhaft die Oberfläche einer zuvor mit 2,15 N belasteten Rubinkugel im Rasterelektronenmikroskop. Deutlich erkennbar sind die Bereiche, die im Kontakt mit der Saphirplatte waren. Der effektive Kontaktradius ist eingezeichnet. In der Vergrößerung rechts sind hellere und dunklere Bereiche der Kontaktfläche sichtbar. Eine Ursache für diesen Effekt ist die Änderung der Ausbeute an Sekundärelektronen in Abhängigkeit von der Dicke der Goldschicht. Die Goldschicht wurde im Versuch teilweise plastisch verformt und ist somit nicht mehr von konstanter Dicke.


Bild 1: REM-Aufnahmen der Kontaktfläche einer rauen Rubinkugel nach einer Normallast von FN =2,15 N, rechts Vergrößerung des schwarz umrahmten Bereiches [1]

Die experimentellen Ergebnisse sind in Bild 2 dargestellt. Dabei sind der bezogene Kontaktradius aL und die Kennzahl a jeweils über der Andruckkraft aufgetragen. Die dimensionslose Darstellung dient dem besseren Vergleich zu statistischen Modellen. Bezugsgröße für den effektiven Kontaktradius aL ist der Hertzsche Kontaktradius aH des geometrisch idealen Kontaktes. Rechnungen basierend auf einem Modell mit der Annahme plastischer Verformungen der Rauheitskuppen [3] ergeben leicht größere effektive Kontaktradien als sie hier gemessen worden sind. Greenwood et al. formulieren in [2] einen dimensionslosen Parameter a als das Verhältnis der Verformung der Rauheitskuppen zur Verformung der Grundkörper. Für a<0,05 sollen die Hertzschen Gleichungen anwendbar sein. Der Einfluss der Rauheit kann dann vernachlässigt werden. Diese theoretische Grenze liegt im Versuch bei einer Normalkraft von ca. 100 mN. Jedoch erst für Normalkräfte größer als 300 mN liegt die gemessene Abweichung zur Lösung nach Hertz bei unter 5 %.

In einem nächsten Schritt ist insbesondere für kleinere Normalkräfte ein geeignetes Modell zu formulieren und mit den Ergebnissen zu vergleichen.


Bild 2: Experimentelle Ergebnisse [1]

[1] Meeß, R., Dziomba, T., Löffler, F.: Experimental determination of the effective contact radius of ruby microspheres; Proceedings of the 9th international conference of the>European Society for Precision Engineering and Nanotechnology, June 2nd-June 5th, Zurich, S. 199-202, 2009

[2] Greenwood, J. A., Johnson, K. L., Matsubara, M.; A Surface Roughness Parameter in Hertz Contact; Wear, 100, S. 47-57, 1984

[3] Bahrami, M., Yovanovich, M. M., Culham, J. R.; A Compact Model for Spherical Rough Contacts; ASME J. of Tribology, 127(4), S. 884-889, 2005

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