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Fertigungskette von Si-Kugeln und interferometrische Bestimmung des Kugelvolumens

Einfluss der Oberflächenrauheit auf den gemessenen Indentationsmodul von kristallinem Silizium

22.11.2022

Im Rahmen einer vom indonesischen Staat geförderten Dissertation wurde an der PTB mittels Nanoindentation der Einfluss der Oberflächenrauheit auf die gemessenen mechanischen Eigenschaften von kristallinem Silizium untersucht. Drei unterschiedliche Kristallebenen des Siliziums wurden untersucht: (100), (110) und (111). Ausgehend von vier Zoll großen kristallinen Si-Wafern wurden diese Flächen mittels reaktivem Ionenätzen aufgeraut. Unterschiedlich starke Hochfrequenzleistungen führten zu unterschiedlichen Oberflächenrauheiten (s. Abb. 1). Am stärksten ließen sich mit diesem Verfahren die Si (100) Oberflächen aufrauen (Ra = 168 nm), am wenigsten die Si (111) Flächen (Ra = 6 nm). Die Oberflächenrauheit der hergestellten Proben wurde mit einem Rasterkraftmikroskop (AFM) im Tapping-Modus hochaufgelöst gemessen. Anschließend wurden Nanoindentationsmessungen mit einem Hysitron Triboindenter TI950 bis zu Eindringkräften von 10 mN und mit einem Fischerscope HM2000 bis 1 N Eindringkraft durchgeführt. Referenzmessungen wurden darüber hinaus an nicht aufgerauten Referenzproben durchgeführt.

 Erzielte Mittenrauheit Ra in Abhängigkeit von der verwendeten Hochfrequenzleistung für die drei unterschiedlichen Kristallrichtungen des Siliziums. Für die Kristallrichtung <100> gemessene Indentationsmodule und zum Vergleich die für unterschiedliche Ortswellenlängen simulierte Werte
Abb. 1: Mittels Ionenätzen erzeugte Rauheit von kristallinen Si-Oberflächen. Aufgetragen ist die gemessene Mittenrauheit Ra über der verwendeten Hochfrequenzleistung HF PowerAbb. 2: Mittels Nanoindentation gemessenes Indentationsmodul von Si <100> für unterschiedliche Oberflächenrauheiten (schwarze Punkte) im Vergleich mit Simulationsdaten für unterschiedliche Wellenlängen der modellierten rauen Strukturen (farbige Linien)

Die mittels Ionenätzen erzeugte Oberflächenrauheit wurde modelliert, um den Einfluss der rauen Oberfläche auf die Kontaktfläche des Indenters und damit auf das gemessene reduzierte Indentationsmodul Er zu untersuchen. In diesem Modell wird die raue Oberfläche durch sinusförmige Profilspitzen beschrieben und die Kontaktfläche des Indenters nimmt proportional zum Mittenrauwert Ra zu. Dadurch kommt es zu systematisch kleineren gemessenen Indentationsmodulen. Das Modell sagt eine nichtlineare Abnahme des gemessenen reduzierten Indentationsmoduls Er mit dem Mittenrauwert Ra voraus. Dieser Effekt ist umso stärker, je kleiner die Wellenlänge der rauen Oberflächenstrukturen ist (s. Abb. 2). Zur Bestimmung der mittleren Wellenlänge wurde aus den für die Rauheitsmessung durchgeführten AFM-Topographiemessungen die spektrale Verteilung der Oberflächenwellen berechnet und daraus die mittlere Wellenlänge für jede Probe bestimmt. Die gemessenen Indentationsmodule lassen sich mit diesem einfachen Modell recht gut beschreiben. Die Abweichung zwischen den gemessenen und den modellierten Werten beträgt maximal 5 %.

Zur Korrektur der auf den rauen kristallinen Si-Oberflächen gemessenen Indentationsmodule wurde darüber hinaus ein neues Verfahren entwickelt, bei dem die gemessene Kontakttiefe hc mit Hilfe einer für das jeweilige kristalline Material bestimmten Korrekturtabelle korrigiert wird [1]. Nach Korrektur weichen die auf rauen kristallinen Si-Oberflächen gemessenen reduzierten Indentationsmodule nur noch um max. 1 % vom Referenzwert einer glatten Vergleichsoberfläche ab.

 

Literatur

[1] Puranto, P. Indentation testing of silicon micropillars obtained from cryogenic dry etching 2022 eingereichte Dissertation, Fakultät für Elektrotechnik, Informationstechnik, Physik der Technischen Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig.

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