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Fertigungskette von Si-Kugeln und interferometrische Bestimmung des Kugelvolumens

Bilateraler Vergleich von Zweiachsen-Kalibrierungen eines Autokollimators zwischen PTB und VTT MIKES

15.11.2021

Autokollimatoren sind Geräte zur berührungslosen Winkelmessung, die in der Messtechnik und Fertigung eingesetzt werden. Autokollimatoren verfügen in der Regel über zwei orthogonale Messachsen und können so die Orientierung der Flächennormale eines Reflektors im Raum bestimmen. Bis vor kurzem waren die Kalibrierungsmöglichkeiten der nationalen Metrologieinstitute auf ebene Winkel beschränkt, d.h. beide Messachsen konnten nur unabhängig voneinander kalibriert werden. Es war nicht möglich, ihr Übersprechen zu bestimmen, wenn Winkelauslenkungen in beiden Achsen gleichzeitig auftreten.

Um die Kalibrierung von Autokollimatoren vom ebenen Winkel auf räumliche Winkel zu erweitern, haben PTB und VTT MIKES spezielle Kalibriersysteme entwickelt, die auf unterschiedlichen Messprinzipien beruhen und damit die Aufgabe der metrologischen Rückführung auf unterschiedliche Weise realisieren. Der Spatial Angle Autocollimator Calibrator (SAAC) der PTB basiert auf einer kartesischen Anordnung von drei Autokollimatoren, die drei benachbarten Seiten eines Reflektorwürfels zugewandt sind [1-4]. Parallel dazu entwickelte VTT MIKES den Interferometric 2-directional Small Angle Generator (I2D-SAG), der auf einer Anordnung von Winkelinterferometern basiert [5-6].

Der Vergleich von Kalibrierungen eines Transfernormals ermöglicht es, systematische Messfehler der beiden Kalibrierverfahren zu erkennen und die Gültigkeit ihrer Unsicherheitsbudgets zu evaluieren. Hierbei ist es von Vorteil, dass die Unsicherheitsniveaus der beiden Geräte miteinander vergleichbar sind, mit einer erweiterten Messunsicherheit U = 0,014 arcsec (95 % Überdeckungswahrscheinlichkeit) über einen Messbereich von ± 1000 arcsec im Falle der PTB und U = 0,015 arcsec über einen Bereich von ± 500 arcsec und U = 0,020 arcsec über ± 1000 arcsec im Falle von VTT MIKES. Die Ergebnisse des Vergleichs bestätigen die Unsicherheitsbudgets und damit die Kalibriermöglichkeiten des SAAC der PTB und des I2D-SAG von VTT MIKES, wie sie in der Calibration and Measuring Capabilities (CMC) Datenbank des Bureau International des Poids et Mesures (BIPM KCDB) angegeben sind.

Beim Vergleich der Kalibrierungen mussten Unterschiede in der Ausrichtung des Autokollimators relativ zu den beiden Messgeräten und den von ihnen definierten Referenzkoordinatensystemen berücksichtigt werden. Zu diesem Zweck wurden Unterschiede in den Neigungswinkeln des Autokollimators bezüglich beider Messachsen sowie Unterschiede in den Rotationswinkeln bezüglich seiner optischen Achse bestimmt und korrigiert.

Auch der Einfluss wechselnder Umweltbedingungen (Luftdruck, Luftfeuchtigkeit und Temperatur) auf die Winkelmessung mit Autokollimatoren ist nicht zu vernachlässigen [7-8]. Änderungen im Brechungsindex der Luft sind zu berücksichtigen, wobei der Einfluss des Luftdrucks dominiert, der nicht nur natürlichen, wetterbedingten Schwankungen unterliegt, sondern auch von der Höhe über dem Meeresspiegel abhängt. Druckänderungen bewirken Änderungen der Winkelmesswerte des Autokollimators die proportional zum Neigungswinkel des Reflektors sind und die mit dem Abstand zwischen dem Reflektor und dem Objektiv des Autokollimators im Verhältnis zu dessen Brennweite skalieren. Bei Kalibrierungen von Autokollimatoren wird daher in einem Leitfaden [9] empfohlen, den Luftdruck, die Luftfeuchtigkeit und die Temperatur im Kalibrierschein anzugeben und auf den Einfluss des Luftdrucks hinzuweisen. Werden Kalibrierungen verschiedener Laboratorien miteinander verglichen, so müssen die Unterschiede im Luftdruck berücksichtigt werden [10].

Die Abbildung zeigt die Differenzen zwischen den Kalibrierergebnissen der PTB und von VTT MIKES, welche an einem Autokollimator vom Typ Elcomat 3000, Möller-Wedel Optical, bei einem Abstand von 300 mm zwischen Objektiv und Reflektor gewonnen wurden. Die Differenzen wurden in ihre x- und y-Komponenten aufgeteilt und deren Werte wurden farblich dargestellt. Die in den Abbildungen sichtbare Anordnung der Abtastpunkte dient zur besseren Charakterisierung der Messfehler auf kleinen und großen Winkelskalen. Die Winkelmessfehler von Autokollimatoren decken ein breites Spektrum an Winkelskalen ab, die von einigen Bogensekunden (welche der Pixelgröße des CCD-Detektors entspricht) bis hin zu Skalen von Hunderten von Bogensekunden reichen (welche durch optische Aberrationen und Grenzen bei der Ausrichtung der optischen Komponenten des Autokollimators verursacht werden).

Die Differenzen wurden in EN-Werte umgerechnet, welche die Differenzen in Relation zu der erweiterten Messunsicherheit der Differenzen setzen. Letztere ergibt sich aus den evaluierten Messunsicherheiten der beiden Kalibrierungen sowie dem Unsicherheitsbeitrag durch die Korrektur der unterschiedlichen Luftdrücke während der Kalibrierungen. Der Einfluss der Korrektur der Winkelorientierungen des Autokollimators zu den beiden Kalibriersystemen war im Vergleich zu den anderen Unsicherheitsbeiträgen vernachlässigbar. Die Analyse der Verteilung der EN-Werte ergab, dass die Differenzen durch ihre assoziierten erweiterten Messunsicherheiten abgedeckt werden. Die Ergebnisse des Vergleichs untermauern daher die Validität der rückführbaren Zweiachsen-Kalibrierungen von Autokollimatoren durch die PTB und VTT MIKES und deren Unsicherheitsbudgets. 
Abbildung: Visuelle Darstellung der Differenzen der Kalibrierungen eines Autokollimators durch die PTB und VTT MIKES. Die Differenzen wurden in ihre x- und y-Komponenten aufgeteilt (linke bzw. rechte Graphik) und farblich dargestellt [11].

Die Differenzen wurden in EN-Werte umgerechnet, welche die Differenzen in Relation zu der erweiterten Messunsicherheit der Differenzen setzen. Letztere ergibt sich aus den evaluierten Messunsicherheiten der beiden Kalibrierungen sowie dem Unsicherheitsbeitrag durch die Korrektur der unterschiedlichen Luftdrücke während der Kalibrierungen. Der Einfluss der Korrektur der Winkelorientierungen des Autokollimators zu den beiden Kalibriersystemen war im Vergleich zu den anderen Unsicherheitsbeiträgen vernachlässigbar. Die Analyse der Verteilung der EN-Werte ergab, dass die Differenzen durch ihre assoziierten erweiterten Messunsicherheiten abgedeckt werden. Die Ergebnisse des Vergleichs untermauern daher die Validität der rückführbaren Zweiachsen-Kalibrierungen von Autokollimatoren durch die PTB und VTT MIKES und deren Unsicherheitsbudgets.

 

Referenzen

[1] Schumann M, et al. 2019 Metrologia 56 (1) 015011 1-14
[2] Schumann M. 2019 Dissertation (Technische Universität Carolo-Wilhelmina, Braunschweig) ISBN 978-3-95606-480-7
[3] Kranz O, et al. 2015 Adv. Opt. Technol. 4 (5-6) 397-411
[4] Geckeler R D, et al. 2012 Adv. Opt. Technol. 1 (6) 427-439
[5] Heikkinen V, et al. 2017 Metrologia 54 (3) 253-261
[6] Heikkinen V, et al. 2019 Proc. SPIE 11109 1110903 1-10
[7] Geckeler R D, et al. 2019 Rev. Sci. Instrum. 90 021705 1-15
[8] Geckeler R D, et al. 2018 Meas. Sci. Technol. 29 075002 1-9
[9] Yandayan T, et al. 2017 EURAMET Calibration Guide No. 22 www.euramet.org
[10] Geckeler R D, et al. 2018 Metrologia 55 4001 1-57
[11] Geckeler R D, et al. 2021 Metrologia, submitted

 

 

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