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Fertigungskette von Si-Kugeln und interferometrische Bestimmung des Kugelvolumens

Charakterisierung und Inbetriebnahme des Komparators für Länge und Durchmesser (KOLD)

20.12.2018

Da die weltweite Produktion auf dem Austauschbau basiert, ist es im Rahmen der Qualitätssicherung notwendig, dass Bauteile mit hinreichender Genauigkeit gemessen werden können. Die Grundlage der Formmessung sind u.a. Koordinaten- und Formmessgeräte. Um diese Messgeräte zu kalibrieren, bedarf es Prüfkörper (Normale) wie zum Beispiel Endmaßbrücken, Zylinder, Ringe und Kugeln. Mit dem neuen Komparator für Länge und Durchmesser (KOLD) sollen diese Normale zukünftig mit Messunsicherheiten im Bereich von 10 – 50 nm je nach gemessenem Prüfmerkmal (Durchmesser, Geradheit, Rundheit, Parallelität) kalibriert werden.

Der neue Komparator für Länge und Durchmesser (KOLD) hat als Grundlage das Konzept eines doppelten Abbe-Komparators, welches schon am Komparator für Maß und Form (KOMF) der PTB [1] umgesetzt wurde. Der KOLD-Prototyp wurde in enger Kooperation mit der Fa. Mahr GmbH realisiert und ist in Abb. 1 dargestellt. Er wiegt etwa 2,5 t und ist 2,27 m hoch und 2,88 m lang. Die Basis bilden zwei sich gegenüberliegende Formmessgeräte mit einem gemeinsamen Drehtisch, welcher eine Kipp- und Zentriereinheit besitzt. Die Rotationsachse des Tisches dient als Ursprung des gemeinsamen Koordinatensystems. Alle Motoren für die Bewegung der Achsen sind möglichst weit außerhalb des Messvolumens positioniert, um den Wärmeeintrag gering zu halten.
  

Abb.1: Foto des KOLD, ein doppelter Pseudo-Abbe Komparator für die Messung von Länge und Durchmesser [2]

Die beiden Tastsysteme an den Türmen links und rechts sind unabhängig voneinander in x-y-z Richtung zu bewegen. Da aus konstruktiven Gründen keine interferometrische Messung in direkter Abbe-Anordnung möglich ist, wurde eine Pseudo-Abbe Anordnung angestrebt. Hierzu wurden 4 Doppelinterferometer der Fa. SIOS integriert, dessen Strahlen symmetrisch zu einer virtuellen Achse in Messrichtung angeordnet sind. Diese Interferometer stützen sich auf einen teilweise verspiegelten Zerodur-Rahmen als metrologische Basis ab. Die Spiegelflächen auf den Zerodur-Türmen wurden mit einer Ebenheit von λ/20 durch die Fa. Berliner Glas hergestellt. Die Türme selbst sind an den Grundkörper angesprengt, so dass nur die Drehung des Grundkörpers zur Justage aller Spiegel bzgl. der 8 Laserstrahlen eingesetzt werden kann. Durch die zur vertikalen Achse geneigten Taster kann im Vergleich zum Vorgänger-System Komparator für Maß und Form (KOMF), bei dem die Taster parallel zueinander stehen, nun auch der Innendurchmesser mit geringer Messunsicherheit bestimmt werden, da man die Tastkugeln hintereinander bewegen kann. Man hat jedoch durch die Neigung der Taster bei der Messung von Ringen eine Limitierung beim Eintauchen, da es hier zu einer Schaftantastung kommen kann. Dies hängt jedoch vom Ringdurchmesser ab und korreliert mit der Höhe der Antastung. Im Messvolumen können Durchmesser bis 100 mm gemessen werden. In Abb. 2 ist das Messvolumen mit den Kernkomponenten dargestellt.
  

Abb. 2: Darstellung der metrologischen Basiskomponenten von KOLD

Da die Interferometer sich mit dem Tastsystem bewegen, spielt die Topografie der Spiegel eine entscheidende Rolle. Zur Korrektur der Länge bezüglich der Topografie wird eine Tabelle genutzt, welche das Höhenprofil der Spiegel beinhaltet, so dass man anhand der y-z Position den x-Wert korrigieren kann. Auf dem Spiegel sind zudem Markierungen aufgebracht um die Position auf dem Spiegel anfänglich vor einer Messung zu bestimmen.

In Abbildung 3 ist exemplarisch die Messung an einem sphärischen Normal dargestellt. Das Tastsystem und die Interferometer werden dabei über dem Messobjekt positioniert. Die Tastkugeln berühren sich hierbei auf dem höchsten Punkt, welcher als Referenz dient. Anschließend werden die Interferometerwerte auf Null gesetzt. Die Tastkugeln werden danach auf die Messposition am Objekt bewegt, so dass das Durchmessermaß mit Hilfe der Interferometer und der Tastersignale bestimmt werden kann. Durch die symmetrische Anordnung der Interferometer ist es möglich, Führungsfehler der x-Achse zu korrigieren.


Abb.3: Anfahren der Referenzposition mit den Tastkugeln über dem Messobjekt (links); Anfahren des Messobjektes zur Durchmessermessung (rechts)

 Da Kolben-Zylinder-Paarungen für die Anwendung als Drucknormale dimensionell präzise zu kalibrieren sind , ist auch hier eine Verbesserung zu erwarten, zumal diese Prüflinge bzgl. Maß und Form in einer Aufspannung gemessen werden können. Das Gerät befindet sich zurzeit in der Erprobung, um die Fehlereinflüsse zu charakterisieren bzw. zu minimieren. In Abb. 4 ist eine Messung an einer Endmaßbrücke mittels KOLD zu sehen. Hier kann man sehr gut erkennen, wie die Tastsysteme zueinander geneigt sind. Bei einer Endmaßbrücke sind somit Innen- und Außendurchmesser zu bestimmen. Zukünftig soll der KOLD als nationales Normal der PTB zum Einsatz kommen.
  

Abb. 4: Messung an einer Endmaßbrücke [2]. Der KOLD soll zukünftig zur dimensionellen Kalibrierung und Rückführung von Endmaßbrücken, Kugeln, Zylindern und Ringen im Bereich der Koordinatenmesstechnik eingesetzt werden.

Literatur:

[1] Michael Neugebauer. Entwicklung eines neuartigen Interferenzkomparators für zylindrische und kubische Maßverkörperungen. Doktorarbeit, Rheinisch-Westfälisch Technische Hochschule Aachen, 2001

[2] Bildmaterial vom Komparator für Länge und Durchmesser, Physikalisch-Technische Bundesanstalt Braunschweig, Lizenz: CC-BY-ND 4.0, 2018-10-17,

https://doi.org/10.7795/910.20181017 

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