Logo der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt
Fertigungskette von Si-Kugeln und interferometrische Bestimmung des Kugelvolumens

Kalibrierung von Autokollimatoren bei räumlichen Winkeln und in variablen Abständen

01.12.2015

Eines der derzeit anspruchsvollsten Anwendungsgebiete für Autokollimatoren ist die Deflektometrie, eine Methode die u.a. zur Messung des Oberflächenprofils der Optiken von Synchrotronen und Freie-Elektronen-Lasern eingesetzt wrid. Hierbei wird der Autokollimatorstrahl mittels einer 90°-Umlenkoptik über die zu untersuchende Oberfläche geführt. Über die Integration der Reflexionswinkel des Strahls lässt sich anschließend das Profil der Oberfläche rekonstruieren [1]. Der reflektierte Autokollimatorstrahl kann dabei simultan in beiden Messachsen des Autokollimators ausgelenkt werden, während sich der Abstand zum Spiegel durch das Verfahren der Umlenkoptik verändert.

Kalibrierungen von Autokollimatoren wurden an der PTB bisher mit dem nationalen Normal für den ebenen Winkel, dem Winkelmesstisch 220 (WMT 220), durchgeführt [2]. Durch die eine Drehachse des WMT 220 und die Messplattengröße sind die Kalibriermöglichkeiten auf ebene Winkel und einen Abstandsbereich zwischen Spiegel und Autokollimator von 250 mm bis 550 mm begrenzt [3]. Um die Kalibriermöglichkeiten für Autokollimatoren hinsichtlich ihres Anwendungsprofils speziell in der Deflektometrie zu erweitern, wurde ein neuartiges Kalibriersystem aufgebaut: der „Spatial Angle Autocollimator Calibrator“ (SAAC) [4]. Er ermöglicht es, Autokollimatoren bei räumlichen Winkeln von bis zu 2500×2500 arcsec² und in einem Abstandsbereich von 300 mm bis 1800 mm zu kalibrieren.

Der SAAC basiert auf einer kartesischen Anordnung von drei Autokollimatoren, die auf einen Reflektorwürfel gerichtet sind. Zwei Autokollimatoren dienen als Referenzmesssysteme, der dritte Autokollimator ist der Kalibriergegenstand. Der letztgenannte befindet sich auf einem Linearschlitten, mit dem der Abstand zum Würfel variiert werden kann. Der Würfel wird mit Hilfe eines Zweiachsen-Kippsystems um zwei zueinander senkrechte Achsen verkippt. Der zu kalibrierende Autokollimator registriert dabei beide Verkippungen. Durch die kartesische Anordnung messen die Referenzautokollimatoren hingegen nur jeweils eine der beiden Verkippungen als nahezu ebene Winkelauslenkungen. Sie können daher auf dem WMT 220 kalibriert werden, womit die Rückführung der Messung räumlicher Winkel auf das nationale Normal WMT 220 gewährleistet ist.

Da die relative Justierung der SAAC-Komponenten einen direkten Einfluss auf die Messwerte der Autokollimatoren hat, muss sie in der Auswertung berücksichtigt werden. Dazu fließen die von den Autokollimatoren während der Kalibrierung gemessenen Würfelwinkel in ein mathematisches Modell für den SAAC ein, mit dem die exakten Justageparameter ermittelt werden. Mit diesen Parametern und den Messwerten der Referenzautokollimatoren werden dann die Sollmesswerte des zu kalibrierenden Autokollimators berechnet und die Abweichungen zu den tatsächlich gemessenen bestimmt. In Abbildung 1 ist das Ergebnis einer Autokollimatorkalibrierung mit 37×37 Messpositionen in einem Messbereich von 360×360 arcsec² dargestellt, die in der Erprobungsphase des SAAC durchgeführt wurde.

Durch den SAAC wurde die Möglichkeit geschaffen, Abstandseffekte von Autokollimatoren zu charakterisieren und sie in räumlichen Winkeln kalibrieren zu können. Sowohl Hersteller, die ihre Geräte verbessern möchten, als auch Anwender, die die Autokollimatoren abseits von ebenen Winkeln und festen Abständen nutzen, profitieren gleichermaßen von der neuen Kalibriereinrichtung.

(a)    (b)
Abb. 1: Ergebnis einer Autokollimator-Kalibrierung mit räumlichen Winkeln. Der Messbereich betrug 360×360 arcsec² an 37×37 Messpositionen, entsprechend einer Schrittweite von 10 arcsec. (a) zeigt eine Vektordarstellung der Winkelabweichungen des Autokollimators. Die Pfeile geben die Winkelabweichungen mit einem Skalierungsfaktor von 250 an. (b) zeigt eine Falschfarbendarstellung des Betrags der Abweichungen.

[1] F Siewert, J Buchheim, T Zeschke, M Störmer, G Falkenberg and R Sankari (2014). On the characterization of ultra-precise X-ray optical components: advances and challenges in ex situ metrology. J. Synchrotron Rad. 21, 968–975

[2] A Just, M Krause, R Probst, and R Wittekopf (2003). Calibration of high-resolution electronic autocollimators against an angle comparator. Metrologia 40, 1–7

[3] R D Geckeler and A Just (2008). Distance-dependent influences on angle metrology with autocollimators in deflectometry. Proc. SPIE 7077, 70770B, 1–12

[4] O Kranz, R D Geckeler, A Just, and M Krause (2015). From plane to spatial angles: PTB’s spatial angle autocollimator calibrator. Adv. Opt. Technol., in press

Kontakt

Anschrift

Physikalisch-Technische Bundesanstalt
Bundesallee 100
38116 Braunschweig