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Fertigungskette von Si-Kugeln und interferometrische Bestimmung des Kugelvolumens

Interferometrische Messung der piezoelektrisch induzierten Längenänderung von funktionellen Materialien bei hohen Temperaturen

01.12.2014


Funktionelle Materialien, wie z.B. Piezokeramiken, finden Anwendung in zahlreichen Einsatzgebieten, u.a. Automobilindustrie, Luftfahrttechnik, Messtechnik, Energieerzeugung oder Prozessüberwachung. Zunehmend wird auch der Einsatz bei hohen Temperaturen angestrebt. Im Rahmen des europäischen Projekts Metrology of Electrothermal Coupling (METCO, Opens external link in new windowhttp://projects.npl.co.uk/METCO/index.html) sollen geeignete Materialien und die entsprechende Messinfrastruktur entwickelt werden, um die Kopplung zwischen mechanischen, elektrischen und thermischen Eigenschaften in einem großen Temperaturbereich untersuchen zu können.

An der PTB werden hierzu interferometrische Längenmessungen bei hohen Temperaturen (derzeit bis 200 °C) und angelegten elektrischen Feldern (< 2 kV/mm) durchgeführt. Zu diesem Zweck wurde in Zusammenarbeit mit dem Wissenschaftlichen Gerätebau der PTB eine neue Probenumgebung (siehe Kurzbericht Pilarksi) entwickelt und in das bestehende Ultrapräzisionsinterferometer (UPI) integriert.

Erste Testmessungen haben die Funktionalität der METCO-Probenumgebung für das UPI bestätigt. Hierzu wurde die piezoelektrisch induzierte Längenänderung in einer kommerziell erhältlichen Blei-Zirkonat-Titanat-(PZT-)Keramik bei verschiedenen Temperaturen untersucht. Dabei konnte der piezoelektrische Verzerrungskoeffizient d33 bei Raumtemperatur und bei einer Temperatur von 100 °C gemessen werden, Das Ergebnis bei Raumtemperatur stimmt im Rahmen der Messunsicherheit mit den Herstellerangaben überein. Der bei höherer Temperatur gemessene Wert folgt dem Trend, den man für PZT aufgrund seiner Materialeigenschaften erwarten kann: d33 ist bei höheren Temperaturen deutlich größer als bei Raumtemperatur. Die bisherigen Ergebnisse stimmen mit Messungen überein, die von Kooperationspartnern mit einem kommerziell erhältlichen Interferometer durchgeführt wurden.

Der große Vorteil des UPI liegt aber darin, dass es sich um ein abbildendes System handelt, so dass nicht nur punktweise Längenmessungen möglich sind, sondern eine ortsaufgelöste Längenvariation (Längentopographie) der kompletten Probenoberfläche gemessen werden kann. Dies liefert zusätzliche Informationen, z. B. über Inhomogenitäten oder Randeffekte. Diese Ortsauflösung ist bei Materialherstellern und Kooperationspartnern auf großes Interesse gestoßen. Dies verdeutlicht das Potential von abbildenden Interferenzkomparatoren.

Bild 1: Piezoelektrisch induzierte Längenänderung bei 20 °C (blau gestrichelt) und 100 °C (rot gestrichelt). Der daraus ermittelte piezoelektrische Verzerrungskoeffizient d33 beträgt (265 +/- 37) pm/V bei 20 °C und (407 +/- 20) pm/V bei 100 °C. Zusätzlich gezeigt ist die Höhentopographie der Probe bei 20 °C ohne angelegte Spannung, wobei für die Darstellung die Offsetlänge und eine angepasste Ebene abgezogen wurden.

Nach den erfolgreichen ersten Tests sollen während der restlichen Projektlaufzeit neu entwickelte Hochtemperatur-Piezomaterialien untersucht werden. Diese Keramiken aus der Klasse der Bismuth-Ferrit-Perovskite haben eine Curie-Temperatur im Bereich von 600 °C und können damit bei deutlich höheren Temperaturen eingesetzt werden.

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