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Fertigungskette von Si-Kugeln und interferometrische Bestimmung des Kugelvolumens

Konstruktion und Fertigung eines Magnetisierungs-Messplatzes

01.12.2014


Der im Folgenden vorgestellte und in Kooperation mit der AG Nanomagnetismus der PTB entwickelte Magnetisierungsmessplatz dient zur Charakterisierung und Untersuchung von ferromagnetischen Dünnschichten, Multilagen und Nanostrukturen. Diese magnetischen Dünnschichtsysteme werden in der Magnetfeldsensorik, in der Abschirmung elektromagnetischer Felder und in der Elektronik benötigt.

Zur Beschreibung von Transportphänomenen in ferromagnetischen Materialien muss der Elektronenspin mit berücksichtigt werden. Der Elektronenspin ist an die Magnetisierung im Festkörper gekoppelt, die durch äußere Magnetfelder gezielt manipuliert werden kann. Dadurch ergeben sich eine Reihe neuer Effekte, die vorrangig in der Sensorik und in der Informationstechnologie in Form von spintronischen Bauelementen zur Anwendung kommen. Ein Beispiel solches spinabhängigen Transportphänomens ist der Magnetowiderstandseffekt. Dieser beschreibt die Abhängigkeit des elektrischen Widerstandes von der Ausrichtung der Magnetisierung zur Stromrichtung. Zur Anwendung kommt der Magnetowiderstandseffekt heutzutage in Schreib-/Leseköpfen moderner Festplatten. Vielversprechende Ansätze zeigen sich in der Entwicklung von zukünftigen nichtflüchtigen Arbeitsspeichern, sogenannten MRAMs (Magnetic Random Access Memory). In der Sensorik werden über den Magnetowiderstandseffekt die Stärke und die Richtung äußerer Magnetfelder bestimmt. Magnetoresistive Bauelemente stellen somit eine Alternativen zu den bekannten Hallsonden dar.

Ähnlich der elektrischen Ladung kann auch der Elektronenspin, in Form von Spinwellen, transportiert werden. Die Dispersion der Spinwellen ist durch äußere Magnetfelder gezielt steuerbar. Darüber hinaus erfolgt der Transport ohne elektrische Ladung was den Informationstransport besonders verlustarm (keine ohmschen Verluste) macht. Spintronische Bauelemente bieten somit neue Möglichkeiten und Konzepte in der Informationsverarbeitung. Besonderes Interesse liegt dabei in der Untersuchung des sogenannten Spin-Transfer-Torque (STT). Dieser beschreibt eine effektive Manipulation der Magnetisierung mit Hilfe von spinpolarisierten, elektrischen Strömen ohne äußere Magnetfelder. Im Fokus der Forschung und Entwicklung stehen hier magnetische Nano-Oszillatoren (STT-Oszillatoren) in denen eine direkte Umwandlung von DC- zu AC-Signalen bis in den GHz-Bereich stattfindet. Die umgekehrte Konvertierung wird durch den Spin-Torque-Diode-Effekt beschrieben.

Zur Untersuchung der spinabhängigen Transportphänomene steht eine Reihe von Messmethoden zur Verfügung. Zu nennen wären die Untersuchung der Magnetisierungsdynamik in Zeitbereich und Frequenzbereich mittels FMR (Ferromagnetische Resonanz) oder PIMM (Pulse Inductive Magneto-Metry), statische Magnetotransportmessungen (Widerstandsmessungen) oder Rauschmessungen. Grundlage all dieser Messmethoden ist ein in der Amplitude und Richtung frei variables, externes Magnetfeld.

Dieses Magnetfeld wird durch den im Folgenden beschriebenen Aufbau zur Verfügung gestellt. Das in Feldstärke (0 bis ca. 0,3 T) und Richtung (0 bis 360 °) variable Magnetfeld wird über einen H-förmigen Ringkern mit 6 Spulen erzeugt. Diesem wird eine Probe ausgesetzt, die mittels einer temperierbaren Vakuumaufnahme fixiert wird. Die Spulen aus Kupferlackdraht wurden auf geteilte Reineisenkerne gewickelt und sind in einer Aufnahme horizontal justierbar. Die gesamte Aufnahme wird mittels eines Zahnriemens von einem Schrittmotor angetrieben und ist in 1 °-Schritten um 360 ° drehbar. Die Probe wird senkrecht von oben mittels einer Videokamera beobachtet. Die Kamerahalterung ist in X, Y und Z-Richtung justierbar und kann zur besseren Zugänglichkeit der Probe nach oben verschwenkt werden.

Zur Kontaktierung der Probe an beliebigen Stellen sind 4 Prüfspitzen radial angeordnet, welche in 3 linearen Achsen justierbar sind (auf den Bildern 2 und 3 ist jeweils nur eine Justierung zu sehen). Um magnetische Streufelder zu verhindern, wurde im Umkreis von ca. 500 mm um die Probenaufnahme auf ferromagnetische Materialien verzichtet, was bei der spielfreien Lagerung der Spulenaufnahme ein Aluminium/Keramik-Sonderlager und einen Zahnriemen mit Kevlar- anstatt Stahlzugsträngen erforderlich machte.


Bild 1: Darstellung ohne Abdeckung (CAD-Modell)


Bild 2: Foto des Magnetisierungsmessplatzes im komplettierten Zustand mit Kamerahalterung (oben)



Bild 3: Vakuum-Probenaufnahme (mittig, vergoldet), X/Y/Z-Manipulator zur Probenkontaktierung (rechts)

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