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Fertigungskette von Si-Kugeln und interferometrische Bestimmung des Kugelvolumens

Mehrwellenlängeninterferometrie mit einer relativ einfachen optischen Quelle

01.12.2014


Kombiniert man die Phaseninformation von interferentiellen Messungen verschiedener Wellenlängen für dieselbe Distanz, so ist es möglich, die absolute Länge über die optische Wellenlänge, die „natürliche“ Skala der Interferometrie, hinaus eindeutig zu bestimmen. Durch eine geeignete Kombination verschiedener Wellenlängen kann eine Messung mit Eindeutigkeiten in der Größenordnung von Zentimetern oder Metern absolut realisiert werden, so dass auf mechanische Führungen des Reflektors verzichtet werden kann. Diese „Mehrwellenlängeninterferomerie“ würde deutlich verbesserte Genauigkeiten in der Positionierung in der Fertigungsmesstechnik erlauben. Einem breiteren Einsatz dieses Messprinzips stehen zurzeit im Wesentlichen zwei technologische Herausforderungen im Weg: Zum Einen ist es sehr aufwendig, mehrere Laser verschiedener Wellenlängen stabilisiert zu betreiben. Zum Anderen erfordern die verschiedenen Signale eine aufwendige (optische und/oder elektronische) Trennung und Verarbeitung.

In einer chinesisch-deutschen Kollaboration ist es an der PTB gelungen, ein Messverfahren zu entwickeln, welches auf optischen Frequenzkämmen basiert und praxistaugliche Antworten auf diese Herausforderungen liefert [1]. In Bild 1(a) ist der optische Aufbau zusammengefasst. Als Quelle dient ein einziger Diodenlaser mit geringer Linienbreite, aus dem mit Hilfe von elektro-optischer Modulation zwei kohärente Frequenzkämme mit unterschiedlichen Repetitionsraten fSr und fLr generiert werden. Dafür wird der primäre Laserstrahl auf zwei optische Zweige aufgeteilt, um die Frequenzen fSo und fLo verschoben, und dann jeweils durch einen optischen Resonator mit abgestimmten elektro-optischen Modulator geführt. In diesen „Kammgeneratoren“ werden auf die Trägersignale optische Seitenbänder mit leicht unterschiedlichem Frequenzabständen aufmoduliert (vgl. z.B. [2]) und so zwei zueinander kohärente optische Kämme unterschiedlicher Repetitionsrate generiert. Werden diese beiden optischen Kämme auf einem Detektor zur Interferenz gebracht, so erzeugen die korrespondierenden Kammlinien i jeweils ein Schwebungssignal, dessen Frequenz fi vom Abstand der Kammlinie von der Trägerfrequenz abhängt. Im Detektorsignal entsteht somit ein elektronischer Frequenzkamm (kleines Diagramm in Bild 1(b)) mit Modenabstand fr = fSr - fLr. Die Phase jeder elektronischen Mode i wird durch den Weglängenunterschied, der Messlänge lMess, zwischen den beiden korrespondieren Strahlen der Ordnung i bestimmt. Durch geeignete Wahl des Unterschieds der Modulationsfrequenzen kann so die Phaseninformation eines 300 GHz breiten optischen Kamms in ein elektronisches Signal mit 125 kHz Breite abgebildet werden. Daher wird zur Detektion aller Messsignale nur ein optischer Empfänger benötigt. Zudem kann wegen der geringen Bandbreite des Messsignals die Phasenauswertung mit Hilfe einer Standard Analog-Digital-Wandlerkarte und eines digitalen Lock-In Verfahrens mit relativ geringem Aufwand durchgeführt werden.

In einem Demonstrationsexperiment wurden bis zu 19 optische Kammlinien detektiert, und davon die zentralen 15 zur Phasenauswertung herangezogen [1]. Bild 1(b) verdeutlicht die günstigen Eigenschaften dieses Systems. Für eine Messdistanz über 10 m wurden die Phasenwerte für alle 15 Kammmoden parallel mit einem Empfänger detektiert. Aus den optischen Phasen der jeweiligen Kammlinien wurden dann paarweise sogenannte „synthetische Wellenlängen“ gebildet und die daraus abgeleitete Messlänge lMess mit einer mit klassischer zählender Interferometrie ermittelten Referenzlänge lRef verglichen. Wird diese Distanz aus direkt benachbarten Kammlinien gewonnen (entspricht einer Ordnung m = 1 in Bild 1(b)), so kann man eine relativ große Streuung der Messwerte von bis zu 500 µm beobachten. Für zunehmende Ordnung m, also der Kombination von Phaseninformationen von weiter entfernten Moden, nimmt die Unsicherheit stark ab. Ein ähnlicher Effekt kann auch erreicht werden, indem die Längeninformationen aller „synthetischer Wellenlängen“ gleicher Ordnung m gemittelt werden.

Durch eine solche Kombination der Einzelinformationen aller 15 Kammmoden konnte für einen Messbereich bis zu 10 m eine Unsicherheit besser als U(k = 2= 15 µm bei einem Eindeutigkeitsbereich von ca. 1,6 cm erreicht werden. Das realisierte System demonstriert damit deutlich die Leistungsfähigkeit dieses relativ kompakten Verfahrens. Mit einer größeren Bandbreite der generierten optischen Kämme lässt sich die Unsicherheit in Zukunft noch weiter verkleinern.

Das Projekt wurde in Teilen durch den Chinese Scholarship Council (CSC, 2011612132), dem PTB-Gastwissenschaftlerprogramm sowie durch das Forschungsprojekt „Surveying“ (JRP SIB60) des European Metrology Research Programme (EMRP) gefördert. Dieses wird von den im Rahmen von EURAMET am EMRP teilnehmenden Ländern und der Europäischen Union gemeinschaftlich finanziert.

[1] R. Yang, F. Pollinger, K. Meiners-Hagen, J. Tan, H. Bosse, Opt. Lett. 39, 5834 (2014)

[2] M. Kourogi, K. Nakagawa, M. Ohtsu, IEEE J. Quantum Electron. 29, 2693 (1993)


Bild 1:
(a) Skizze des Messprinzips. Auf ein Diodenlaser Trägersignal mit wohldefinierter Wellenlänge werden elektro-optisch zwei Frequenzkämme mit unterschiedlichem Modenabstand von ca. 9.2 GHz aufmoduliert. Das Schwebungssignal der beiden Kämme trägt die interferometrischen Phaseninformationen. (AOM: akusto-optischer Modulator, EOM: elektro-optische Modulator)

(b)
Auswertung der Phasenformation der einzelnen Kammmoden. Die Unsicherheit ist bei der Kombination der Phaseninformation benachbarter Kammmoden am größten. Die Mittelung der einzelnen Längenergebnisse führt zu einer deutlichen Verbesserung der Unsicherheit. Im kleinen Diagramm ist das elektronische Spektrum des Schwebungssignals dargestellt.

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