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Fertigungskette von Si-Kugeln und interferometrische Bestimmung des Kugelvolumens

Bestimmung von Mikro-Radien durch Profilmessungen

17.08.2015

In der hochpräzisen Fertigung werden heutzutage unterschiedliche Werkzeuge eingesetzt, deren Schneidkanten kritisch für die Herstellung von Bauteilen sind. Neben den dafür verwendeten Materialien ist die Geometrie der Schneidkanten ein wichtiges Qualitätskriterium. Zur Kontrolle und Optimierung der Bearbeitungsprozesse ist es notwendig, diese genau zu messen.

Mit einem in der PTB entwickelten topographischen Tastschnittgerät (HRTS) [1] wurden Profil-messungen an einem Radiennormal durchgeführt. Das Normal besteht aus fünf dachkantförmigen Strukturen mit einem Öffnungswinkel von 90° deren Spitzen jeweils Nennradien von 1, 3, 5,10 und 20 µm aufweisen sollen.

Abb. 1 Topographische HRTS-Messung der Radienstruktur mit 10 µm Nennradius

Für die Bestimmung der Radien wurden die Profile mit Hilfe eines krümmungsbasierten Verfahrens in ihre unterschiedlichen geometrischen Elemente zerlegt. Für die Radienbestimmung wird die Sehne des betrachteten Segmentes anhand der Nennwerte (Radius und Öffnungswinkel) berechnet und anschließend eine krümmungsbasierte Analyse durchgeführt. Zur Unterdrückung hochfrequenter Profilanteile wird ein Splinefilter nach DIN EN ISO 16610-22 durch die Profildaten gelegt, dessen Grenzwellenlänge dem 0,4-fachen des jeweiligen nominellen Radius entspricht. Die Krümmungsdaten der Splinekurve liefern einen mittleren Krümmungswert und dazu eine Standardabweichung. Der mittlere Radius wird dann aus dem Kehrwert des mittleren Krümmungswertes berechnet. Das Verfahren erlaubt zudem eine genaue Lokalisierung und Beurteilung von Formabweichungen innerhalb der untersuchten Sehnenlänge.

Parallel dazu wurde jeweils eine mittlere Kreiskurve durch die Profildaten des Kreissegmentes berechnet und die daraus folgenden mittleren Radien mit den Ergebnissen aus dem krümmungsbasierten Verfahren verglichen. Aufgrund der größeren Standardabweichung der mit Hilfe der Krümmungsanalyse bestimmten Radien ist auch deren Unsicherheit größer als die Unsicherheit der Radien aus dem Kreisfit. Die absolute Unsicherheit des Gerätes für Radienmessungen liegt bei 0,12 µm. Diese setzt sich zusammen aus der Standardabweichung des gemittelten Radius, der Unsicherheit der Koordinaten des Messgerätes und der Unsicherheit in der Bestimmung des Radius der benutzten Tastspitze. Wesentlicher Unsicherheitsbeitrag ist die Unsicherheit des Radius der verwendeten Tastspitze des HRTS (U = 0,1 µm).

Abb. 2 Spline-Fit (oben) mit Darstellung der auszuwertenden Sehnenlänge a und Krümmung der Spline-Kurve (unten) für die 20 µm-Radienstruktur

Der HRTS steht nun nicht nur für Radienmessungen an Radiennormalen, sondern auch für Formmessungen an Tastspitzen und Indentern sowie Mikroschneidkanten zur Verfügung.

[1] P. Thomsen-Schmidt, „Characterization of a traceable profiler instrument for areal roughness measurement“, Meas. Sci. Technol., Bd. 22, Nr. 9, S. 094019, Sep. 2011.

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