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Rückführbare Messungen von Referenznanopartikeln für die medizinische Diagnostik

06.02.2017

In der medizinischen Diagnostik könnten zukünftig sub-Mikrometer große Mikrovesikel eine wichtige Rolle spielen. Diese Mikrovesikel werden von Zellen in Körperflüssigkeiten wie z.B. Blut abgegeben und unterscheiden sich je nach Krankheit in ihrer Größe, Gestalt und Anzahl. Die Detektion und Analyse dieser Vesikel ist jedoch aufgrund ihrer geringen Größe schwierig und stellt daher an die genutzten Messsysteme hohe Anforderungen. Tatsächlich sind die Ergebnisse zwischen verschiedenen Messmethoden und klinischen Laboratorien oft nicht kompatibel, was unter anderem an einer fehlenden Rückführung der Messsysteme an das internationale Einheitensystem (SI) liegt. Im Rahmen eines europäischen Forschungsprojekts [1] sind daher von vier europäischen Metrologieinstituten in Zusammenarbeit mit Biologen und Biomedizinern synthetische Referenznanopartikel untersucht und entwickelt worden, mit denen klinische Laboratorien ihre Geräte prüfen und validieren können. Details dazu sind in einer Publikation dokumentiert [2].


Zwei häufig in klinischen Laboratorien genutzten Messmethoden wurden untersucht: Das auf Lichtstreuung beruhende Verfahren der Particle-Tracking Analysis (PTA) sowie das auf Änderungen des elektrischen Widerstands basierende Resistive Pulse Sensing - Verfahren (RPS) [3]. Die europäischen Metrologieinstitute setzten bekannte Methoden wie Elektronenmikroskopie (TSEM),  Rasterkraftmikroskopie (AFM) und Röntgenkleinwinkelstreuung (SAXS) ein. Die PTB beteiligte sich an den Untersuchungen mit dem TSEM-Verfahren [4] und dem an der Synchrotronstrahlungsquelle BESSY II verfügbaren SAXS-Verfahren [5].

Die Referenzpartikel mussten bestimmte Anforderungen erfüllen: Ähnliche Größe wie die Mikrovesikel, Brechzahl möglichst ähnlich wie bei den Mikrovesikeln (wichtig für die optischen Messverfahren), monomodale Größenverteilung (bessere Bestimmung möglicher Messabweichungen), möglichst kugelförmig (nur eine Messgröße, den Partikeldurchmesser), hohe Reinheit und Qualität (geringe Messstörungen), gute Verfügbarkeit und zeitliche Stabilität. Die Wahl fiel letztlich auf bestimmte Partikel aus Silica und Polystyrol mit Durchmessern zwischen 50 nm und 250 nm. Neben monomodalen Partikeln wurden  auch Mischungen aus zwei verschiedenen Partikelgrößen hergestellt, um größenabhängige Messeffekte zu untersuchen.

Die Untersuchungen zeigten eine sehr gute Übereinstimmung der Messergebnisse zwischen den Metrologieinstituten. Nur bei sehr kleinen Partikeln (50 nm) gab es geringe Abweichungen.  Bei den bimodalen Partikelproben stimmten die Größenmessungen der Metrologieinstitute für die jeweilige Einzelpopulation ebenfalls gut überein, es zeigten sich jedoch zum Teil größenabhängige Präparationseffekte, was insbesondere bei breiten Partikelgrößenverteilungen zu signifikanten Messabweichungen führen kann. Die in der klinischen Praxis genutzten Messsysteme werden typischerweise mit Polystyrolpartikeln nach Herstellervorgaben kalibriert, allerdings gibt es dafür keine Messunsicherheitsangaben. Der Vergleich der Messergebnisse mit den entsprechenden Messergebnissen der metrologischen Staatsinstitute zeigte bei monomodalen Polystyrolpartikeln eine recht gute Übereinstimmung mit Ablagen im Bereich von unter einem bis ca. sechs Prozent. Bei den größeren Silica-Partikeln ergaben sich jedoch deutlich größere Abweichungen von bis zu 15 %, was bereits als nicht akzeptabel für die klinische Anwendung eingeschätzt wird. Bei den kleinen Silica-Partikeln (50 nm) lagen die Messwerte sogar um bis zu 96% über den Vergleichszahlen der metrologischen Staatsinstitute. Die zeitliche Stabilität der Referenzpartikel war gut: In einem Zeitraum von 18 Monaten konnte keine signifikante Änderung der Partikelgröße festgestellt werden.

Das an diesem Projekt beteiligte Schweizer Metrologieinstitut METAS bietet klinischen Labors die Zertifizierung von Referenzpartikeln an, um Größenmessungen ihrer  Geräte, d.h. PTA, RPS und auch Flow Cytometry (FCM) zu validieren [6].

(E. Buhr, FB 4.2, Opens window for sending emailegbert.buhr(at)ptb.de, M. Krumrey, FB 7.1,Opens window for sending email michael.krumrey(at)ptb.de)


Literatur:

[1]    EMRP project “Metrological characterisation of micro-vesicles from body fluids as non-invasive diagnostic biomarkers” (METVES), jointly funded by the EMRP participating countries within Euramet and the European Union,   Opens external link in new windowhttp://www.metves.eu/
[2]    A. Nicolet et al, Inter-laboratory comparison on the size and stability of monodisperse and bimodal synthetic reference particles for standardization of extracellular vesicle measurements, Meas. Sci. Technol. 27, 035701 (2016)
[3]    E. van der Pol et al, Particle size distribution of exosomes and microvesicles determined by transmission electron microscopy, flow cytometry, nanoparticle tracking analysis, and resistive pulse sensing, J Thromb Haemost 12, 1182–92 (2014)
[4]    T. Klein, E. Buhr, K.-P. Johnsen, C.G. Frase, Traceable measurement of nanoparticle size using a SEM in transmission mode (TSEM), Meas. Sci. Technol. 22, 094002 (2011)
[5]    M. Krumrey, G. Gleber, F. Scholze, J. Wernecke, Synchrotron radiation-based x-ray reflection and scattering techniques for dimensional nanometrology, Meas. Sci. Technol. 22, 094032 (2011)
[6]    A. Nicolet, Mesures traçables de nanoparticules à disposition des laboratoires médicaux, METinfo 23, 8-12 (2016)Opens external link in new window http://www.metas.ch/metas/de/home/dok/publikationen/publikationen-metinfo.html