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Entwicklung neuer Justierverfahren für die hochgenaue Topographie-Messung von Synchrotronspiegeln

01.11.2010

Synchrotron-Spiegel für Synchrotrons der sogenannten dritten Generation müssen höchste Anforderungen an die Oberflächenform erfüllen. Zur Messung der Formtreue im sub-Nanometerbereich werden deflektometrische Verfahren eingesetzt. Die dabei erreichbaren Unsicherheiten hängen wesentlich von der Justage der einzelnen Komponenten wie z. B. Autokollimator, Pentaprisma oder Bewegungseinheiten zueinander ab. Justierverfahren zur genauen Ausrichtung des kollimierten Lichtstrahls zum Pentaprisma wurden bereits vor einigen Jahren in der Arbeitsgruppe entwickelt [1]. Bei einem neuen kompakten deflektometrischen Sensorkopf, der zukünftig zur Messung an vertikal stehenden Prüflingen eingesetzt wird, mussten die bestehenden Justierstrategien weiterentwickelt werden. Aus virtuellen Experimenten an ähnlichen Aufbauten [2,3] ist bekannt, dass diese Komponenten im Winkelsekundenbereich zueinander justiert werden müssen, damit für die Topographiemessung Unsicherheiten im Subnanometerbereich möglich sind.
Eine geeignete Justierstrategie wurde in Zusammenarbeit mit dem neuen spanischen Synchrotron „ALBA“ entwickelt, das derzeit in der Nähe von Barcelona aufgebaut wird (siehe www.cells.es).
Abb.1a zeigt das deflektometrische Messsystem zur Topographiebestimmung von vertikal stehenden Proben, das dieses Jahr in der PTB installiert wurde. Der Sensorkopf (Abb. 1b) besteht aus einem Autokollimator, Umlenkspiegeln, einem Pentaprisma, der Scanachse („Shearingachse“) und einer motorisierten 3-Achs-Kippeinheit.

       

Abb. 1. (a) Deflektometrisches Messsystem für vertikal stehende Prüflinge, (b) Sensorkopf im Detail

Die Justierung der einzelnen Komponenten zueinander läuft in drei Schritten ab: Zuerst werden Autokollimatorstrahl und Shearingachse zueinander parallel ausgerichtet, anschließend wird das Pentaprisma in allen drei Winkelrichtungen zum Strahl justiert und schließlich wird der Prüfling justiert.

Die Parallelausrichtung von Autokollimatorstrahl und Shearingachse (hier mit einem Verfahrweg von 130 mm) wird erreicht, indem man eine auf die Shearingachse montierte Kamera verfährt. Die Kamera erfasst dabei den Autokollimatorstrahl (LED-Beleuchtung zweier zueinander senkrechter Rechteckspalte), der je nach verwendeter Blende ein anderes Profil zeigt. Wandert nun der Mittelpunkt (Schwerpunkt des Profils) beim Verfahren der Scanachse, so ist der Autokollimatorstrahl noch nicht parallel zur Verfahrachse. Die Genauigkeit der Schwerpunktsbestimmung hängt sehr stark vom Profil des Autokollimatorstrahls ab.

Es ist gelungen, durch eine differentielle Auswertung der Kamerabilder mit einem entsprechenden Fitalgorithmus und durch ein iteratives Vorgehen eine Justiergenauigkeit im Bereich von etwa einer Zehntel Winkelsekunde zu erreichen. Durch Verkippung der motorisierten Umlenkspiegel kann erreicht werden, das der Autokollimatorstrahl parallel zur Scanachse läuft. Abb. 2 zeigt die Abweichung des Schwerpunktes des Kamerabildes zwischen Anfangsposition (Shearingachse bei 0 mm) und Endposition (Shearingachse bei 130 mm) für 5 Iterationsschritte. Nach 5 Iterationen erhält man Abweichungen von weniger als 0,03 Pixel in x- und y-Richtung. Dies entspricht einem Winkelfehler für die Paralleljustage von Autokollimator und Shearingachse von etwa 0,13 arcsec.

Abb. 2. (a): Differenz des x-Werts der Schwerpunktes des Kamerabildes zwischen Anfangs- und Endposition des Shearingtische. (b): Differenz des y-Werts des Schwerpunktes des Kamerabildes zwischen Anfangs- und Endposition des Shearingtisches.

Die anschließende Justage des Pentaprismas in allen drei Winkelrichtungen wurde mit den bekannten Verfahren  (Yaw- und Rolltest) aus [1] durchgeführt. Dazu wurde der motorisierte 3-Achs-Kipptisch verwendet. Exemplarisch wurden mit dem justierten Sensorkopf Topographien von unterschiedlichen Spiegel bestimmt. In Abb. 3a ist die deflektometrisch gemessene Topographie eines Spiegels über eine Länge von 130 mm dargestellt. Der Vergleich mit einer interferometrischen Messung mit einem Fizeau-Interferometer (Zygo VeriFire MST) ist in Abb. 3b dargestellt. Die Unterschiede zwischen interferometrischen und deflektometrischen Messung liegen hier im Bereich von +/- 1 nm und somit deutlich innerhalb der Messunsicherheit des Fizeau-Interferometers von 5 nm.

Abb. 3 (a) Gemessener Schnitt eines Prüflings. (b) Vergleich zwischen Deflektometrie und Interferometrie (rechts)

Die entwickelten neuen Justieralgorithmen werden zukünftig in dem neuen deflektometrischen Messsysteme für vertikal stehende Prüflinge eingesetzt. Die Arbeiten wurden in Kooperation mit Mr. Josep Vidal, CELLS - ALBA, Barcelona, Spain, Email: jvidal(at)cells.es durchgeführt.


Literatur:

[1]        R. D. Geckeler: Optimal use of pentaprisms in highly accurate deflectometric scanning, Meas. Sci. Technol. 18, pp.115–125, (2007)

[2]        G. Ehret, M. Schulz, M. Stavridis, C. Elster: A new flatness reference measurement system based on deflectometry and difference deflectometry, Fringe: 6th International Workshop on Advanced Optical Metrology: pp. 318-323, (2009)

[3]        M. Schulz, G. Ehret, M. Stavridis, C. Elster: Concept, design and capability analysis of the new Deflectometric Flatness Reference at PTB, International Workshop on x-ray mirror design, fabrication and metrology, Osaka, Japan, Nucl. Instr. and Methods in Phys. Res. A616, 134-139, (2010)