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Entfernung der Metallkontamination auf Siliziumkugeln

07.10.2010

Auf 1 kg-Siliziumkugeln, die als Dichtenormale oder zur Neubestimmung der Avogadrokonstanten dienen, wurden unerwartete Nickel- und Kupferkontamination mit folgenden Röntgenmethoden festgestellt:

- Röntgenphotoelektronenspektroskopie (XPS) am METAS
- Röntgenfluoreszenz (XRF) der L-Schalen von Ni und Cu in der PTB-Berlin, Arbeitsgruppe 7.11
- Röntgenfluoreszenz (XRF) der K-Schale in der PTB-Braunschweig, Arbeitsgruppe 4.33

Erste Abschätzungen ergaben eine Belegungsdichte von ca. 2,5⋅1015 Atomen/cm2, was einer Kontaminationsmasse von ca. 75 µg oder einer metallischen Schichtdicke von ca. 0,3 nm entspricht. Neben der Verfälschung der Kugelmasse tritt zusätzlich eine Veränderung der optischen Eigenschaften der Kugeloberfläche auf, so dass die Oxidschichtdicke nicht – wie geplant - mit der Röntgenreflektometrie (XRR, PTB-Berlin, 7.11) bestimmt werden kann. Im Detail wurde die Kontamination mit drei elementselektiven röntgenspektroskopischen Methoden untersucht, mit den Zielen, die Kontamination zu quantifizieren, die Ursache zu finden und ein geeignetes Verfahren zur Entfernung zu entwickeln. Dies waren

- XRF zur quantitativen Analyse der Kontaminationsmasse
- XRF an Proben aus dem Polierprozess zur Ursachenfindung
- XPS und NEXAFS zum Verständnis des Bindungszustands der Metallatome.

XPS- und NEXAFS- (Kantennahe Röntgenabsorptions-Feinstrukturspektroskopie) Messungen wurden mit veröffentlichten Spektren ähnlicher Metall-Silizium-Systeme verglichen. Zusammenfassend wurden folgende Ergebnisse erzielt:

- Die Kontaminationsmassen liegen zwischen 70 und 90 µg, uc = 3 µg;
- Abrieb des Polierkörpers bringt Nickel in die Poliersuspension ein;
- Kupfer tritt als Verunreinigung des Polierpechs auf;
- Die dadurch metallhaltige Suspension kann alleine nicht kontaminieren;
- Eine tribochemische Polierreaktion ist zur Kontamination erforderlich;
- Die Metallatome sind in Form von Siliziden (z.B. NiSi) gebunden;

Die Entfernung der Kontamination wurde zuerst durch das Abätzen der Oxidschicht kontaminierter Kugeln mit verdünnter Flußsäure (DHF) versucht. Während die Metalle nur partiell abgelöst wurden, wurde die Oberfläche so rau, dass die XRR-Dickenbestimmung der danach neu gewachsenen Oxidschicht nicht möglich war. Diese Beobachtung ist erklärbar durch die Ätzkraterbildung an inselartigen metallischen Kontaminationen auf Siliziumwafern in DHF [1]. Da das spektroskopisch identifizierte Nickelsilizid ebenfalls hohe Leitfähigkeit besitzt, kann die so gebundene Kontamination auf die gleiche Weise Ätzkrater erzeugen [2]. Da DHF das Siliziumsubstrat nicht direkt und auch Nickelsilizid [3] nicht angreift, wird die Kontamination nur durch lokale Nachoxidation [1] und Unterätzung, die die Oberfläche bis in den µm-Bereich aufraut, entfernt. Das erforderliche Nachpolieren bis zu dieser Tiefe vergrößert aber die Abweichung von einer perfekten Kugelform so sehr, dass die interferometrische Volumenbestimmung nicht mehr möglich ist.

Die einzige für NiSi bekannte Ätzmischung ist die sog. „Freckle etch“, die aus Phosphor-, Salpeter-, Essig- und Tetrafluorborsäure besteht [3]. Die Ätzraten, die in mehrstündigen Ätztests ermittelt wurden, sind 38 nm/min für NiSi und 18 nm/min für Si, so dass eine Ablösung der Kontaminationsschicht bei geringer Schädigung des Siliziumsubstrats möglich ist. Nachdem die Siliziumkugeln aus angereichertem Si-28 für 2 min dieser Freckle-Ätzmischung ausgesetzt waren, konnte mit XRF eine Reduktion der Kontamination um 95% auf ca. 1⋅1013 Atome/cm2 festgestellt werden. Auch hier wurde eine geringe Rauheit bewirkt, die zwar XRR-Untersuchungen unmöglich macht, aber nicht aus tiefen Ätzkratern besteht. Zum Nachpolieren wurde das chemisch-mechanische Waferpolierverfahren mit Syton abgewandelt, indem die Kugeln mit weichen Polierhandschuhen, untergetaucht in einem Sytonbad, manuell 10 min lang abgerieben wurden. Danach war die Kugeloberfläche wieder so gut poliert, dass XRR-Messungen der Oxidschichtdicke möglich sind.


Röntgenfluoreszenzspektren der Dekontamination einer Siliziumkugel mit der Freckle-Ätzmischung

Im Gegensatz zu der erwarteten Radiusreduktion um ca. 40 nm wurde ein mittlerer Abtrag von 136 nm mit der interferometrischen Messung der Kugeltopographie (PTB 5.41) ermittelt, was eine höhere Si-Ätzrate für die ersten Minuten anzeigt. Da trotz dieser unerwartet großen Ätztiefe noch 5% der anfänglichen Kontamination vorhanden sind, ist es wahrscheinlich, dass beim Poliervorgang nicht nur eine oberflächliche Kontamination mit Nickel und Kupfer stattgefunden hat, sondern auch Metallatome durch die hohe Poliertemperatur in die Siliziumkugeln diffundieren konnten.

Zusammenfassend kann die Entfernung der Metallkontamination von den Si-28 Kugeln des Avogadroprojekts als erfolgreich betrachtet werden, weil neben der Reduktion von Nickel und Kupfer um 95% nicht nur die Qualität der Oberfläche wiederhergestellt wurde, sondern auch die Radiusabweichungen von der idealen Kugelform nur um 30 nm zugenommen haben, wie Messungen im PTB-Labor 5.41 gezeigt haben.


Literatur:

[1]      M. Börner, N. Junghans, S. Landau, B.O. Kolbesen, Metal Enhanced Oxidation of Silicon, Solid State Phenomena 65-66, 245 (1999)

[2]      C.Y. Hou, C.C. Lin, Y.C. Sermon Wu, Gettering of Ni from Ni–Metal Induced Lateral Crystallization Polycrystalline Silicon Films,Using a Gettering Substrate, Jap. J. of Appl. Phys. 45, 6803 (2006)

[3]      Ming Qin, M.C. Poon, C.Y. Yue, A study of nickel silicide film as a mechanical material, Sensors and Actuators 87, 90 (2000)