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Neues Verstärkerkonzept für die Langstreckenübertragung von optischen Frequenzen: kohärente Frequenzübertragung über einen 480 km langen Faserlink

03.10.2010

Hochpräzise optische Atomuhren erreichen inzwischen eine relative Unsicherheit von einem Teil in 1017 – was etwa einer Ganggenauigkeit von einer Sekunde auf drei Milliarden Jahre entspricht. Solche Präzisionsinstrumente müssen untereinander verglichen werden. Außerdem erlauben sie prinzipiell eine Vielzahl neuer Experimente, z.B. in der Radioastronomie oder als Test der allgemeinen Relativitätstheorie [1]. Hierfür haben wir in den vergangenen Jahren eine Methode entwickelt, die hochpräzise optische Frequenz per optischer Glasfaser zu einem Nutzer zu bringen. Über Distanzen von 150 bis 200 km gelingt dies bereits ohne Genauigkeitsverlust [2,3]. Bei noch längeren Faserstrecken muss die Abschwächung des Signals in der Glasfaser kompensiert werden. So haben wir auf einer 900 km langen Faserteststrecke -  von der PTB zum Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching - neun Verstärkerstationen eingerichtet, in denen jeweils ein Erbium-dotierter Faserverstärker (EDFA) das Signal um etwa einen Faktor 100 verstärkt und damit 100 km bis zur nächsten Station überbrückt. In einem solchen kaskadierten, nicht-linearen System erhöht sich jedoch die Fehleranfälligkeit und das Signal-Rauschverhältnis ist verschlechtert.

Als grundlegend alternative Methode zu den Erbium-dotierten Faserverstärkern haben wir die Verstärkung durch stimulierte Brillouinstreuung in der verlegten Glasfaser untersucht – sogenannte „Faser-Brillouin-Verstärkung“: dem Signallicht wird Pumplicht mit leicht verschobener Frequenz entgegen geschickt. Entlang der Faser werden dadurch Schallwellen angeregt, an denen das Pumplicht wiederum gestreut wird. Dabei stimulieren die vorhandenen Signalphotonen die Emission weiterer Photonen genau mit der Signalfrequenz: das Signal wird also verstärkt. Dieser Prozeß ist frequenzselektiv, die Verstärkung beträgt bis zu sechs Größenordnungen und zwar bereits für kleinste Signale von wenigen Nanowatt. Statt bisher 100 km Faserstrecke können nun 250 km ohne Unterbrechung durchlaufen werden und für eine 900 km Strecke werden zukünftig nur noch drei Zwischenstationen (statt neun) erforderlich sein. Die Technik wurde in Kooperation mit dem Deutschen Forschungsnetz (DFN) getestet [4]: auf der Strecke zum MPQ Garching wurde eine 480 km Teilstrecke eingerichtet, die mit nur einem Zwischenverstärker, sowie Verstärkern an den Endpunkten ausgestattet war. Mittels eines Spiegels wurde ein Teil des Lichts am Endpunkt zurück reflektiert, um die Faserstrecke ein zweites Mal zu durchlaufen: damit werden Weglängenänderungen der Glasfaser gemessen und korrigiert, so dass die optische Frequenz mit optimaler Genauigkeit an den Endpunkt gelangt [2]. Als Ergebnis konnte die optische Frequenz mit einer Unsicherheit von etwa 2 Teilen in 1018 bei einer Mittelungszeit von wenigen Stunden über die volle Distanz von 480 km übertragen werden [4]. Damit erscheint auch eine Faserverbindung zum französischen Partnerinstitut SYRTE in Paris – etwa 1200 km entfernt – in greifbarer Nähe: sie würde erlauben, die Uhrenensembles an beiden Instituten gemeinsam zu nutzen und weiter zu entwickeln.

                                     

Schema der Faser-Brillouin-Verstärkung (links) und Ergebnis bei der Frequenzübertragung (rechte Graphik). Die roten Quadrate zeigen die erreichte Frequenzinstabilität für eine Strecke des DFN-Fasernetzes mit 480 km Länge, die mit einem Faser-Brillouin-Zwischenverstärker ausgerüstet war. Die theoretisch erreichbare Instabilität skaliert mit der Faserlänge L wie L3/2. Ein Vergleich mit früheren Messungen bestätigt dies experimentell. Damit wird die Vorhersage untermauert, dass die Glasfaser-Verbindung zwischen MPQ Garching und der PTB - bei einer Streckenlänge von 900 km - eine Instabilität von 1 Teil in 1017 in einer Stunde (od. etwa 1 Teil in 1018 an einem halben Tag) erreichen läßt.

Literatur:

[1]      C.W. Chou, D.B. Hume, T. Rosenband and D.J. Wineland, Optical Clocks and Relativity, SCIENCE 329, 1630-1633 (2010)

[2]      G. Grosche, O. Terra, K. Predehl, R. Holzwarth, B. Lipphardt, F. Vogt, U. Sterr, and H. Schnatz, Optical frequency transfer via 146 km fiber link with 10-19 relative accuracy, Optics Letters 34, 2270–2272, (2009)

[3]      A. Pape, O. Terra, J. Friebe, M. Riedmann, T.Wübbena, E.M. Rasel, W. Ertmer, K. Predehl , B. Lipphardt, H. Schnatz, and G. Grosche, Long-distance remote comparison of ultrastable optical frequencies with 10-15 instability in fractions of a second, Optics Express 18, 21477-21483 (2010)

[4]      O. Terra, G. Grosche and H. Schnatz, Brillouin amplification in phase coherent transfer of optical frequencies over 480 km fiber, Optics Express 18, 16102-16111 (2010)